Blood, Meth and Tears
Die herausragendsten Episoden

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"Breaking Bad" zeigt über fünf Staffeln eine unwahrscheinliche gute, kleinschritte Storyentwicklung und nimmt sich ausgiebig Zeit für die Charakterzeichnung. So haben gut vorbereitete Ereignisse eine phantastische Wirkung und der Spannungsbogen wird perfekt gehalten, besonders durch kleine Ausblicke in die Zukunft, die sich mit der Zeit selbst erklären. "Breaking Bad" ist also ein gelungenes Gesamtwerk und trotzdem nehmen wir zur Zeit der Ausstrahlung jede Woche eine einzelne Episode unter die Lupe und entscheiden jedes Mal aufs Neue, wie gut wir unterhalten wurden. Rückblickend betrachten unsere Redakteure hier noch einmal die Episoden, die für sie am stärksten herausragen.

Melanie Wolff meint:

Foto: Bryan Cranston, Breaking Bad - Copyright: 2013 Sony Pictures Television Inc. All Rights Reserved.
Bryan Cranston, Breaking Bad
© 2013 Sony Pictures Television Inc. All Rights Reserved.

#5.14 Ozymandias

Die vielleicht großartigste Episode liefert uns die letzte Staffel der Dramaserie. Mit Ozmandia ist den Autoren ein grandioser Abschluss der Serie gelungen, auch wenn es im Anschluss an diese noch zweit weitere Episoden gab. Diese wirkten im Angesicht der Brisanz der Ereignisse hier jedoch eher wie ein Epilog zur Saga des Walter White, der auszog um einer der größten Drogenbarone der USA zu werden und am Ende grandios an seinem eigenen Ego scheiterte. Es ist der letzte Nagel im Sarg von Walter, der erkennen muss, dass seine Taten dazu geführt haben, dass ein Familienmitglied am Ende sein Leben verliert. Seine Wut auf sich selbst projiziert er auf Jesse, dessen Todesurteil er damit unterschreibt, dass er ihn an den skrupellosen Jack ausliefert. Nachdem er einen Moment lang unachtsam war, verliert er nicht nur sein Geld, er verliert seine Familie und alles, wofür er bislang gekämpft hat. All das Geld, das er in den vergangenen Monaten angehäuft hat, zählt keinen Pfifferling mehr, denn sein Kartenhaus voller Lügen bricht mit dem Tod von Hank zusammen. Seine Familie, für die er all die Opfer auf sich genommen hat, stellt sich endgültig gegen ihn und als er seine eigene Tochter aus Verzweiflung entführt und dann jedoch erkennen muss, dass er verloren hat, ist ein unglaublich emotionaler und ergreifender Moment. Jede einzelne Szene, von Walts Zusammenbruch über die Auslieferung von Jesse, hin zu der Konfrontation in seiner Familie bis zu dem ehrlichen Telefonanruf mit Skyler, mit dem er sie aus der Schusslinie zu bringen versucht, hat es den Anschein, als sei dieser Mann nun endlich gebrochen worden. Was hat er nun noch, wofür es sich zu leben lohnt? Er hat alles verloren und es gibt keinen Weg zurück. "Ozymandias" bietet ein von allen Agierenden hervorragend umgesetztes Drehbuch, das wie ein würdiges Finale einer großartigen Serie daher kommt, nach dem man sich nun fragt, ob es überhaupt noch ein ansatzweise glückliches Ende für Walter, Jesse, Skyler, Marie und Walter Jr. geben kann.

Foto: Anna Gunn & Bryan Cranston, Breaking Bad - Copyright: 2013 Sony Pictures Television Inc. All Rights Reserved.
Anna Gunn & Bryan Cranston, Breaking Bad
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#4.11 Geheimversteck

Eine der besten Episoden der Serie bietet uns die 11. Episode der vierten Staffel, denn sie markiert das endgültige Ende von Walter White, dem Familienvater und naiven Chemielehrer, der durch die Produktion von Meth an Geld gekommen ist. Doch nicht nur das fulminante Ende der Folge, sondern auch die aufkeimende Verzweiflung von Walter, weil Hank ihm und seinem Geheimnis immer näher kommt und er einfach nicht weiß, wie er damit umgehen soll, ist perfekt in Szene gesetzt. Über der gesamten Episode schlummert ein dunkler Schatten, der sich immer weiter ausbreitet: Jesse erkennt, dass Gus gewillt ist, Walter zu töten, es ist nur eine Frage der Zeit; Hank macht klar, dass er nicht locker lässt, bis er weiß, was es mit Gus auf sich hat; Gus entführt Walter und macht ihm klar, dass wenn er schon ihn nicht töten kann, dann eben seine Familie daran glauben muss. Alles Szenen, in denen klar wird, dass Walter mit dem Rücken zur Wand steht. Er droht all das zu verlieren, was ihm lieb und teuer ist. Und als er dann herausfindet, dass Skyler das ganze Geld, das er als Notgroschen für die Familie angespart hat, ihrer Ex-Affäre Ted Beneke überlassen hat, da folgt eine der großartigsten Szenen der vierten Staffel, wenn nicht sogar der gesamten Serie: Walter liegt im Dreck neben den leeren Beuteln ohne Geld und verfällt von Verzweilfung in hysterisches Gelächter. Rückblickend dürfte dies tatsächlich der Moment sein, in dem Walter White zu Grabe getragen wurde und Heisenberg die Oberhand gewann. Nicht zuletzt wegen dieser Szene eine grandiose Episode.

#3.13 Nägel mit Köpfen

Wahrhaft großes Drama bietet auch das Finale der dritten Staffel. Walters Entschluss, Jesse vor sich selbst zu schützen und die beiden Drogendealer, die für den Tod von Andreas Bruder verantwortlich waren, hinzurichten, führt zu dem Unvermeidlichen. Gus Fring hat nun endgültig einen Grund, Walter loszuwerden, denn er hat sich gegen direkte Anweisungen des Strippenziehers gestellt. Walter weiß das und auch der Zuschauer weiß sofort, dass dies für Walter Konsequenzen haben wird. Ja, Konsequenzen haben muss, wenn Gus sein Gesicht wahren will. Die Spannung die sich daraufhin aufbaut, ist unglaublich eindringlich. Walter beginnt, um seine Leben zu flehen und will mit Mike verhandeln. Fast schon verzweifelt bittet er ihn, ihm noch eine letzte Chance zu geben und ist drauf und dran, Jesse am Ende doch auszuliefern. Bis zur letzten Sekunde wird der Bogen gespannt und entlädt sich dann in einem unerwarteten Telefonanruf, bei dem Walter Jesse eben nicht ans Messer liefert, sondern an ihn appelliert, ihm sein Leben zu retten, so wie er es zuvor bei ihm getan hatte. Dann fällt ein Schuss in der Dunkelheit des Abspanns, der keine Zweifel lässt, dass sich das Leben von Walter und Jesse just in diesem Moment ein für alle Mal verändert hat. Das ist wahrlich großes Fernsehen!

Nicole Oebel meint:

Foto: Aaron Paul, Breaking Bad - Copyright: 2013 Sony Pictures Television Inc. All Rights Reserved.
Aaron Paul, Breaking Bad
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#5.14 Ozymandias

"Deadwood", "Friday Night Lights", "Mad Men", all diese Serien gehören zu den besten, die ich kenne, und dennoch fiele es mir schwer, aus diesen eine einzelne Episode herauszupicken, die ich mit "Ozymandias" vergleichen könnte. Für mich persönlich ist "Ozymandias" die beste Stunde Fernsehen, die ich je gesehen habe. Und auch wenn es sich hierbei nicht um das Finale handelt, so ist es doch die Folge, auf die fünf Jahre lang hingearbeitet wurde. Jeder einzelne Charakter, jede Storyline, alles wurde stringent entwickelt, um "Breaking Bad" auf einen Höhepunkt zu treiben, und dieser war "Ozymandias". Hier erleben wir einen atemberaubenden, herzzerreißenden Moment nach dem anderen und sogar etwas absurder Humor ist dabei. Wir erleben den endgültigen Zusammenbruch des Kartenhauses, zu dem Walter White sein Leben und das seiner Angehörigen gemacht hat. Wir erleben Walter machtlos und hysterisch, wir erleben ihn auf dem Höhepunkt seiner Abscheulichkeit gegenüber Jesse, wir erleben, wie er den Verstand verliert und seine Tochter Holly klaut. Wir erleben schauspielerische Leistungen, die ihresgleichen suchen, und wir erleben ein kleines Wunder in Form des anderthalbjährigen Mädchens, das in dieser Episode als Holly White zu sehen ist und in ihrer Szene mit Bryan Cranston auf herzerweichende Weise anfing, wiederholt nach ihrer Mama zu verlangen. Diese Episode ist ein Meisterwerk, das sich in seiner emotionalen Wucht und dem Entsetzen, dass es beim Zuschauer hinterlässt, problemlos mit der "Red Wedding" messen kann.

#5.16 Felina

Nachdem #5.14 bereits die furiose Klimax des Dramas dargestellt hatte, bildeten die letzten beiden Episoden den Epilog. Es war im Grunde nicht mehr möglich, das bis dahin Erreichte durch ein enttäuschendes Finale zu zerstören, aber dennoch, ein Serienfinale ist eine delikate Angelegenheit und hat die Macht, die Gunst des Zuschauers nochmal entscheidend zu verändern. "Felina" aber hat mich als Zuschauer rundum begeistert und überaus zufrieden zurückgelassen. Walter bastelt noch einmal, und er heckt seinen letzten und besten Plan aus, mit dem er alle überlistet und sein Lebenswerk doch noch beenden kann, und er gesteht Skyler wahr und wahrhaftig, dass er zum Drogenboss geworden ist, weil er das für sein Ego brauchte. Oh, was hat man auf diese Worte gewartet! Aber das Finale wäre nicht perfekt, wenn der wichtigsten Beziehung der Serie kein Respekt gezollt worden wäre, der Beziehung zwischen Walter und Jesse. Jesse, der von seiner Holzschatulle träumt, dem einzig Guten, was er in seinem Leben erschaffen hat. Jesse, der der emotionale Anker in fünf Jahren "Breaking Bad" war. Walter rettet Jesse und dann bekommen beide das wohl jeweils bestmögliche Ende, das man sich in diesem Rahmen wohl hätte wünschen können. Das Serienfinale war eine große Aufräumaktion, bei der man noch einmal richtig Spaß mit der Serie hatte!

#3.10 Die Fliege

Ich hab mich an dieser Stelle für eine Episode entschieden, die weder am besten, noch am spannendsten war und doch für mich zu den herausragendsten gehört. "Die Fliege" ist eine sogenannte Bottle Episode, die sich fast komplett im Superlab abspielt und nur Walter und Jesse zeigt. Ähnliche Voraussetzungen wie bei "4 Tage Auszeit", aber mit einem noch viel skurrileren Ausgangspunkt. Ein sturer Walter White jagt eine Fliege und zwingt Jesse mitzumachen. Man fragt sich ernsthaft, ob Walter mittlerweile soviel Meth gekocht hat, dass ihm dabei das Hirn verbrannt ist. Die Episode scheint Schneckentempo zu haben und mit weniger beeindruckenden Schauspielern und Figuren hätte sie sich gezogen wie Kaugummi. Dadurch aber, dass Jesse auf auflockernde Weise die Fassungslosigkeit in Worte fassen darf, die auch der Zuschauer angesichts von Walters Pedanterie empfindet, kann man sich auf das Geschehen einlassen und wird mit interessanten Momenten entlohnt wie dem, als Jesse die gar nicht mal so abwegige Möglichkeit in Erwägung zieht, ob der Krebs Walters Gehirn angegriffen haben könnte, oder dem, als Walter über seine Unfähigkeit reflektiert, Skyler seine Motivation zum Meth-Kochen zu erklären (man bedenke, wie weniger Worte es letztlich im Finale bedurfte), oder dem, als Walter feststellt, dass der Tag, an dem Jane starb, der war, an dem er sein persönliches Haltbarkeitsdatum eigentlich überschritten hatte. Jesse ist die tiefere Bedeutung zwar nicht bewusst, aber als Walter sagt, dass ihm Janes Tod leid tut, erstarrt man doch als Zuschauer, da Walter in diesem Moment der Erschöpfung tatsächlich sehr aufrichtig klingt. Eine Episode, die nicht besonders actionreich daherkommt, aber definitiv im Gedächtnis bleibt.

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