Die Leiden des kranken Walter - Review Staffel 1

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Die erste Staffel von "Breaking Bad" widmet sich vor allem zwei Hauptthemen: Walts Umgang mit seiner Krankheit und Walts langsames Abrutschen in die Drogenkriminalität. Dabei geht man im Tempo recht langsam vor, betrachtet teilweise in mehreren Episoden nur einen Tag aus Walts Leben und lässt den Zuschauer dabei hautnah an oftmals schwer zu ertragenden Situationen teilhaben.

Der Lungenkrebs

Foto: Bryan Cranston, Breaking Bad - Copyright: 2008 Sony Pictures Television Inc. All Rights Reserved.
Bryan Cranston, Breaking Bad
© 2008 Sony Pictures Television Inc. All Rights Reserved.

In der ersten Hälfte der Staffel befindet sich Walts Krankheit zwar schon in einem sehr fortgeschrittenen Stadium, sein Krebs hat schon Metastasen bis in die Lymphknoten gestreut, aber Walt erfährt gerade erst von seinem Schicksal. Er braucht einige Zeit, um damit für sich klarzukommen, und verheimlicht die Diagnose vor seiner Familie. In dieser Phase ringt Walt mit sich und seinem bisherigen Leben, mit den verpassten Chancen, und den Ungerechtigkeiten, die ihm bisher widerfahren sind. Aber die Krankheit lässt ihn nicht resignieren, sondern bewirkt in ihm ein Aufbäumen gegen all diese Widrigkeiten. Sein Entschluss zum Drogendealer zu werden ist nur das eine, er begehrt auch in anderen Bereichen auf, kündigt seinen demütigenden Zweitjob und beginnt Selbstbewusstsein zu entwickeln.

Bis zu einem gewissen Zeitpunkt gelingt es Walt, seiner Familie seine Krankheit und seine neue Nebentätigkeit zu verheimlichen, aber sowohl Skyler als auch Walter Jr. nehmen zum einen die Veränderungen in Walts Verhalten deutlich wahr, zum anderen gelingt es Walt nicht mehr, seine ständige Abwesenheit zu erklären. Also gesteht er ihnen dass er Krebs hat. Und danach setzt genau die unvermeidbare Reaktion ein, vor der er sich die ganze Zeit gefürchtet hat. Alle beginnen über seinen Kopf hinweg Entscheidungen für ihn zu treffen, und schlussendlich lässt er sich von Skyler zu einer teuren Behandlung, ohne wirkliche Aussicht auf Erfolg überreden.

Es gelingt der Serie sehr gut, den Zuschauer Walts Gefühlsleben nahe zu bringen, man bedauert diesen Mann und man ist voller diebischer Freude, wenn er endlich gegen sein einengendes Leben aufbegehrt. Und als es zum Konflikt in Walts Familie kommt, weiß man nicht zu wem man halten soll. Denn sowohl Skyler in ihrer bevormundenden Art als auch Walt in seiner Zurückhaltung haben gute, nachvollziehbare Gründe für ihr Verhalten. Es fällt schwer, hier Partei zu ergreifen. Walt verlässt natürlich mit seiner Tätigkeit als Hersteller von Crytal-Meth den Pfad des moralisch Vertretbaren, aber dennoch ist er immer derjenige, mit dem man mehr sympathisiert.

Die Drogenherstellung

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Bryan Cranston, Breaking Bad
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Kurz nachdem Walt die Diagnose von seinem unheilbaren Krebs erhalten hat, beginnt er zusammen mit seinem ehemaligen Schüler Jesse die Herstellung und den Handel mit Crystal Meth aufzuziehen. Aber in der Theorie klingt das alles sehr einfach, während es in der Umsetzung der beiden eine mühevolle und auch leidvolle Angelegenheit wird. So pedantisch Walt als akribischer Beamtentyp alles plant, und in ihrem fahrbaren Drogenlabor sogar die nötigen Sicherheitsvorkehrungen einrichten will, so wird er doch von der Eigendynamik der Ereignisse überrollt. Die ersten drei Episoden der Serie beschäftigen sich fast ausschließlich mit der Ausführung und den Auswirkungen dieses ersten Versuches von Jesse und Walt.

Denn am Ende dieser Ereignisse stehen ein mehr oder weniger zufälliger Unfalltod, in Säure aufgelöste Leichen und ein kaltblütiger Mord. Schon bei diesem ersten Drogengeschäft wird Walts Gewissen und Moral mit so einigem konfrontiert, aber schlussendlich zieht er alles durch. Danach möchte er mit dem Ganzen nichts mehr zu tun haben, aber es kommt natürlich anders. Am Ende der ersten Staffel sind Walt und Jesse fest im örtlichen Drogengeschäft verankert, und der Alltag als Dealer kann beginnen.

"Breaking Bad" ist das Porträt eines Mannes, der die falschen Entscheidungen trifft im Leben. Und wie er mit den Konsequenzen dieser Entscheidungen umzugehen versucht und immer wieder neue falsche Entscheidungen trifft. Man ist weit davon entfernt Walt als Dealer und die Droge allgemein zu glorifizieren, ganz im Gegenteil. Und auch wenn immer klar ist, dass Walt falsch handelt, so kann man ihn doch sehr gut nachvollziehen. Und aus diesem moralischen Zwiespalt, in dem der Protagonist steckt und der sich auf den Zuschauer überträgt, entsteht die eigentümliche Faszination der Serie.

Der Partner

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Bryan Cranston, Breaking Bad
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Die Serie ist in erster Linie eine akribische Charakterstudie von Walter White, der überragend von Bryan Cranston gespielt wird. Die subtile Peformance Cranstons, und die detaillierte Ausarbeitung des Charakters von Autorenseite, ist oftmals so genau gelungen, dass man darüber fast die anderen Zutaten vergessen könnte, die "Breaking Bad" auszeichnen. Auch alle anderen Schauspieler, und hier sei besonders Aaron Paul genannt, spielen ihre Rollen mit einer großen Authentizität. Jesse als Charakter bleibt in den ersten paar Folgen zwar zunächst noch wenig greifbar und manchmal nur das Klischee des jugendlichen Drogendealers, aber als man ihn in seiner Pause vom Geschäft näher beleuchtet, ihn mit seiner Familie und beim Versuch, ein geregeltes Leben zu erlangen sieht, gewinnt sein Charakter deutlich an Profil. Eigentlich sollte Jesse die erste Staffel gar nicht überleben, aber aufgrund der hervorragenden Dynamik, die sich zwischen Cranston und Paul entwickelte, und der daraus resultierenden sehr guten Chemie die sich auf den Zuschauer überträgt, wurde dieser Plan über Bord geworfen. So bildet diese Duo Infernale mittlerweile den Dreh- und Angelpunkt der Serie.

Fazit

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Serie ist ihr tiefschwarzer Humor, der aber auch bitter nötig ist, denn ohne ihn wäre die Serie an manchen Stellen in ihrer direkten Intensität fast nicht zu ertragen. Man erlebt Walts Krebskrankheit in schmerzhafter und unmittelbarer Intensität mit, aber auch die moralischen Entscheidungen, die er in Bezug auf seine Drogendealertätigkeit treffen muss, wären nicht zu ertragen, würden sie nicht immer wieder von den bitterbösen Humormomenten unterbrochen. Die optische Inszenierung sorgt ebenso dafür, dass man als Zuschauer von der bedrückenden Stimmung der Geschichte nicht erschlagen wird. Es werden atemberaubende Bilder und Montagen der Wüste präsentiert. Und die Technik einer Rahmenhandlung geprägt von aussagekräftigen Bildern in den Episoden wird besonders im Piloten auf nahezu perfektem Niveau eingesetzt. So hat man hier ein Gesamtkunstwerk geschaffen, bei dem eine tiefernste, tragische Geschichte so erzählt wird, dass sie teilweise so amüsant ist, dass man sich fast schämt, wie gut sie einen unterhält. Die erste Staffel von "Breaking Bad" ist trotz ihrer Kürze eine der besten Neustarts des Jahres 2008 gewesen, und Bryan Cranston hat mehr als verdient für seine Leistung einen Emmy mit nach Hause nehmen dürfen.


Foto: Copyright: 2008 Sony Pictures Television Inc. All Rights Reserved.
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Technische Details der DVD

Veröffentlichung: 19. März 2009
Laufzeit: ca. 332 Minuten
FSK: ab 16 Jahren
Bildformat: 16:9 Widescreen (1.78:1)
Tonformat: Deutsch (Dolby Digital 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch, Englisch, Hindi, Türkisch

Bonusmaterial: Audiokommentare, Entfallene Szenen, Hinter den Kulissen, Vince Gilligans Fotogalerie, Making of "Breaking Bad", AMC Shootout-Interview mit Vince Gilligan und Bryan Cranston, Probeaufnahmen, Trailer: "Breaking Bad" auf AMC, weitere Trailer

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Cindy Scholz - myFanbase

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