Die Rettung von Wyatt - Review Staffel 6

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Je länger eine Serie läuft, desto kniffliger wird es für die Macher interessantes Storymaterial aufzutreiben, wie es die sechste Runde hier nun beweist. Nach fünf richtig überzeugenden Staffeln von "Charmed - Zauberhafte Hexen", haben wir hiermit zum ersten Mal eine durchwachsenere vor uns. Durchwachsen deswegen, da man ganz vieles erreichen möchte und dabei über das Ziel hinausschießt. So wurde zum Abschluss der fünften Staffel der mysteriöse Chris Perry aus der Zukunft eingebracht. Das beliebte Paar der Serie Piper und Leo wurde getrennt. Der große vielversprechende Storyarc um den mächtigen kleinen Wyatt wird nun ins Zentrum des Geschehens gestellt. Nebenher lässt man Paige auf eine Art Verwirklichungstrip gelangen, um wieder verstärkt mit der realen Welt konfrontiert zu werden. Phoebe dagegen kämpft mit einer neuen magischen Kraft der Empathie, dazu mit der Liebe und der Sehnsucht, dass sich eine neue Vision ihrerseits möglichst schnell verwirklicht.

In der sechsten Staffel der Serie werden somit sehr viele Geschehnisse und neue Entwicklungen eingebracht, sodass sie sehr vollgefrachtet wirkt. Dazu werden die mysteriösen, übermächtig wirkenden magischen Charaktere "Cleaners" und das "Tribunal" erwähnt, was die Serie ziemlich auf den Kopf stellt und stark auffallende Widersprüche erzeugt. Ebenso Chris Perry, der in die Vergangenheit kehrte, um dort die Entwicklungen zu manipulieren. Eine Situation die bislang in der Serie als Verbot galt, da es zuviele andere Menschen mit betreffen würde und außerdem ein Risiko darstellt, dass alles aus dem Konzept geraten könnte. Nun ist es plötzlich gestattet, die Vergangenheit zu verändern oder Mithilfe diverser magischer Gestalten sogar möglich vergangene Geschehnisse komplett auszuradieren. Dies widerspricht sich deutlich zu den früher aufgestellten Gegebenheiten der Serie. Doch welche Stärken hat die Staffel zu bieten, welche interessanten Momente und was an Sehenswertes?

Der Wunsch, wieder mehr den Fuß in die reale Welt zu bekommen

Foto: Rose McGowan & Alyssa Milano, Charmed - Copyright: Paramount Pictures
Rose McGowan & Alyssa Milano, Charmed
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Paige betreffend ist ihr eigentlich ein ganz guter Handlungsbogen zugeordnet worden, der hier jedoch nicht so überzeugend zur Geltung kommt. Im Staffelfinale der fünften Season hat es sich sehr interessant angehört, dass sie neue Wege beschreiten und sich nicht mehr so sehr der Magie ausschließlich widmen will. Wir sehen Paige nun im Versuch, durch die Arbeitswelt dies zu erlangen, doch es klappt nicht. Egal welchen Job sie annimmt, ständig widerfährt ihr ein magischer Fall, den es zu lösen gilt. Was dem Handlungsverlauf hierzu ein Bein stellt ist, dass es des Öfteren zu lächerlich inszeniert wirkt, sodass das Ernstnehmen darunter leidet. Beispielsweise in der Folge #6.02 Im Bann der Walküren (2) als sie einen Fluch bricht und einem Menschen vom Hundeköterdasein erlöst. Oder in #6.04 Die Ohnmacht der Drei bezüglich der Situation mit den herumstreunenden Gremlins in einer Fabrik. Das kommt recht albern inszeniert rüber. Derweil kann ich Paige gut darin verstehen auch mit normalen Leuten zu tun haben zu wollen. Mir scheint allgemein, dass die Halliwells durch ihre magische Situation, recht isoliert zur Außenwelt wirken. Da erstaunt mich das sowieso immer wieder, wenn etliche Freunde der Familie zu einer Feier aufkreuzen. Es wirkt gar nicht so als könnten sie diese ganzen Freundschaften und Kontakte ordentlich pflegen.

Paiges Geschichte hätte man mehr vertiefen und emotionaler rüberbringen sollen. Stellenweise bringt in dieser Staffel Paiges Story gute Momente hervor, wie in #6.07 Seelenqualen, als sie stark emotional motiviert einem Verstorbenen die Seele retten will. Es rettet die genannte Folge vor dem totalen Schiffsbruch, die sonst recht schwach wirkt. Darin wird aber noch ein wichtiger Punkt zu Paige erneut deutlich: Sie mischt sich zu schnell und stur als Einzelkämpferin ein und bedenkt zu wenig den Sinn der "Macht der Drei". Zumeist bleibt ihre Storyline jedoch zu oberflächlich inszeniert. Dazu ist sie auch zu sehr im Hintergrund, sodass dadurch einfach nicht viel Charakterentwicklung rübergebracht wird. Vergeudetes Potential welches durch die Überfrachtung in der Staffel eben zustande kommen kann. Am Ende der Staffel hat man bei Paige auch nicht den Eindruck gewonnen, sie habe ihr Ziel erreicht. Sie ist noch stärker die Oberhexe der drei Halliwells geworden und somit noch mehr vom realen Umfeld abgeschottet. Man wünscht Paige hierzu noch die passende Balance zu finden. Hoffentlich greifen die Autoren das im späteren Verlauf wieder auf, um Paiges Charakter eventuell dadurch weiter ausbauen zu können.

Die zweite größere Storyline bei Paige dreht sich ab Folge #6.05 Tödliche Liebe, um ihren neuen Love Interest Richard. Eine charmante Person, die sympathisch von Darsteller Balthazar Getty gespielt wird. Mit der Paar-Konstellation Paige/Richard passt es recht gut, obwohl mich die Situation, stark an die Phoebe-und-Cole - Story zurück erinnert. Richard mit der dunkleren Seite, dem die Magie zusetzte und wieder gefährlich werden könnte. Paige die Gute, die in Richards Problematik verstrickt ist. Interessant dazu, dass ausgerechnet Phoebe dann den skeptischen Part gegenüber Richard einnimmt. Bei Cole war es ja einst Paige gewesen. So wird Piper zu gerne die neutrale und zurückhaltende Rolle zuteil. Stellenweise kann man mit Paige und Richard schon ein wenig mitfühlen und hoffen, dass sie einen Weg zusammen finden. Schade ist jedoch, dass nach der Beendigung in #6.15 Bezaubernde Phoebe dazu wenig Eindruck zurückbleibt. Ich denke man hat es zu schnell aufgelöst, denn in der Story wäre bestimmt noch mehr möglich gewesen. Schade, dass man für Paige insgesamt in Staffel 6 als eine der Protagonistinnen nicht soviel Platz einräumt.

Die Gefühlsachterbahn

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Alyssa Milano & Brian Krause, Charmed
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Für Phoebe hält diese Staffel eine neue magische Kraft bereit, die wir schonmal in Staffel 3 bei Prue erleben durften, nämlich die Empathie. Storytechnisch bringt man es in mehreren Episoden schön zur Geltung. Ich finde die Gabe durchaus interessant, aber schnell begann mich das Gejammere von Phoebe bezüglich der Wahrnehmung aller Gefühle rundherum, zu nerven. Einfach ist es bestimmt nicht damit fertig zu werden, was Phoebes emotionale Situation verständlich macht. Interessant, dass Phoebes neue Gabe beinahe die ganze Familie in den Wahnsinn treibt. Den Effekt jedoch, damit anderen ihre aus den Gefühlen entsprungenen magischen Kräfte zu reflektieren, empfinde ich als grandiosen Einfall. So wirkt Phoebe nun recht unantastbar und viel mächtiger gegenüber zu früher. Parallel zur Story mit Phoebes neuer Gabe hat man Jason wieder mit eingebracht, was eine Freude ist. Dadurch ergeben sich einige herrlich amüsante Szenarien zwischen den beiden, nämlich all die süßen Momente, die erneut bestätigen, dass die Zwei ein schönes Paar ergeben. Schade ist es hier dann wirklich sehr, dass die Autoren die weiteren Entwicklungen auf das Beziehungsende hinaus führen. Auf welche Weise jedoch gefällt mir nicht so sehr. Jason kommt hinter Phoebes Hexengeheimnis und nach dem kurzen Chaos und der Deutung auf die Trennung scheint es erst als könnte noch eine neue Chance für Phoebe und Jason aufkommen. Als würde Jason nach einer Bedankzeit eventuell doch bei Phoebe bleiben. Doch daraufhin ist er aus der Serie verschwunden. Das hätte man schon eleganter abrunden können. Auch hier bringe ich das Stichwort zur Staffel an: Überfrachtung!

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Nach Jasons Abschied erleben wir eine zwanghafte Phoebe, die nach einer Vision ihrer eigenen Schwangerschaft unbedingt dahinter kommen will wann das sein würde. Eine durchaus bewegende Storyline, da man Verständnis für Phoebe aufbringt. Zumal ihre Gabe der Vision noch einen anderen Aspekt erhält. Es geht nicht mehr nur darum, jemanden zu retten, sondern jetzt sieht Phoebe etwas Schönes von sich selbst in der Zukunft und kann der Versuchung nicht widerstehen, das Herbei zu erzwingen. Ich kann es Phoebe nicht verübeln, neugierig zu werden und dennoch macht sie einen groben Fehler. Sie müsste doch wissen, dass sie nicht die magische Gabe für den "Persönlichen Vorteil" nutzen darf. Die Konsequenz daraus ist in #6.19 Das Tribunal berechtigt, als sie ihr die aktiven magischen Kräfte genommen werden. Ansonsten wäre die "Persönliche Vorteil" - Regelung ziemlich sinnfrei. Hier zeigen die Autoren, dass sie den roten Faden beherrschen können, selbst wenn man die Konsequenzen seltener sieht oder besser gesagt das Bewusstsein der Halliwell zur Regelung des "Persönlichen Vorteils". Denn kurz darauf greift Paige ebenfalls zum Missbrauch der Magie. Ich stelle es mir schon schwierig vor, sich zu beherrschen, wenn man die Möglichkeit dazu hat. Doch noch all den erfahrungsreichen Jahren müssten die Schwestern durchaus reifer im Umgang sein.

Doch nein, sie finden immer wieder einen Anlass, damit ihnen darauf eine Lektion zuteil wird. Betreffend Phoebe muss man ebenfalls wie bei Paige erkennen, dass sie in der dieser Staffel ziemlich an den Rand gedrängt wirkt. Es lässt sich nicht wirklich vieles über sie berichten. Was ihren Job angeht beispielsweise nur, dass ihre Kolumne weiterhin viel Reichweite und Leser zu haben scheint - und uns dadurch wieder ein paar herrlich ausgeflippte Szenen auf Arbeit gezeigt werden.

Zum zweiten Teil der Review zur sechsten Staffel von "Charmed"

Samuel W. - myFanbase

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