Annie & Abed - A tale of empathy and (im)maturity
Im Vergleich zu so manch anderer Paarung innerhalb der Spanisch-Lerngruppe hält sich der direkte Kontakt zwischen der strebsamen Annie Edison und dem Popkultur-Junkie Abed Nadir am Anfang ihres Studiums in Greendale eher in Grenzen. Zwar interagieren die beiden im Rahmen der diversen Gemeinschaftsaktivitäten der Truppe laufend miteinander und verstehen sich dabei auch stets recht gut, in Vier-Augen-Situationen trifft man sie jedoch kaum an. Ausschlaggebend dafür ist neben Annies unermüdlichen akademischen Einsatz und Abeds zeitintensiver Filmleidenschaft vor allem die Tatsache, dass letzterer voll und ganz in seiner neu gefundenen Bromance mit Troy Barnes aufgeht. Im Laufe der Zeit entwickelt sich dann aber auch zwischen der Musterstudentin und dem vermeintlichen Sonderling ein immer engeres Verhältnis. Selbst vor dem gelegentlichen Funkenflug ist das anfangs noch distanzierte Zweiergespann nicht gefeit, was insbesondere Annies Welt komplett auf den Kopf zu stellen droht.
"Well, I didn't realize we were really good friends. I figured we were more like Chandler and Phoebe: They never really had stories together."
In Anbetracht ihrer nicht wirklich vorhandenen Vorgeschichte als Freunde staunt Abed nicht schlecht, als Annie ihn einige Wochen nach Studienstart aus heiterem Himmel um einen großen Gefallen bittet. Konkret solle er sich - wie es sich für einen guten Kumpel gehöre - bei einem wissenschaftlichen Versuch für ihren Psychologiekurs bei Professor Duncan als Proband zur Verfügung stellen. Obwohl Abed eigentlich schon anderweitig verplant ist, lässt er sich seiner jungen Mitstudentin zuliebe auf das Experiment ein. Nach der anfänglichen Freude über die Zusage sieht Annie sich aber schon bald mit einer Mischung aus Reue und Wut konfrontiert. Eigenmächtig widerlegt der mit einer schier endlosen Geduld gesegnete Abed nämlich Duncans Theorien, indem er ganze 26 Stunden nach dem ursprünglich festgelegten Versuchsstart immer noch seelenruhig auf erste Anweisungen wartet, während alle anderen Probanden, wie vom Psychologen vorhergesagt, längst einen Nervenzusammenbruch erlitten haben. Verärgert darüber, dass ausgerechnet ihr Kandidat den Professor dermaßen blamiert hat, stellt Annie Abed später zur Rede. Er habe sie als Freundin nicht im Stich lassen wollen und deshalb so lange durchgehalten, rechtfertigt letzterer sein Verhalten und bringt Annie damit zum Nachdenken. Sie erkennt schließlich, welch ein verlässlicher und gutherziger Mensch Abed doch eigentlich ist, entschuldigt sich für ihre Undankbarkeit und weiß die Qualitäten ihres Mitstudenten fortan mehr zu schätzen.
Gelegenheit, sich für besagten Freundschaftsdienst zu revanchieren, bietet sich Annie, als die Lerngruppe zufällig von einer heimlichen Verehrerin Abeds Wind bekommt. Gespannt und voller Tatendrang treibt sie nicht nur die Suche nach der unbekannten Interessentin voran, sondern stellt sich auch bereitwillig für ein Flirt-Trockentraining zur Verfügung, um Abed optimal auf den Erstkontakt mit seiner potentiellen ersten Freundin vorzubereiten. Womit sie allerdings nicht gerechnet hat, ist, dass in Wahrheit gar kein Bedarf an guten Ratschlägen besteht: Ohne Probleme wird Annie von Abed mit einer imposanten Don-Draper-Imitation um den Finger gewickelt, sodass sie für einen Moment sogar vergisst, dass seine Avancen eigentlich für jemand anderen bestimmt sind. Ehe es dann aber zum Kuss zwischen den beiden kommt, unterbricht der Rest der sichtlich beeindruckten Lerngruppe den Flirtversuch. Die ganze Aufregung rund um Abeds Verehrerin erweist sich letztlich zwar als vollkommen unnötig, weil sie auf einem bloßen Missverständnis beruht, doch für Annie zieht sie eine bedeutende Erkenntnis nach sich: Erstmals nimmt sie Abed nicht mehr nur als einen oftmals eigenwilligen und sozial unbeholfenen Kameraden wahr, sondern sieht in ihm auch jemanden, der ihr sehr wohl auch den Kopf zu verdrehen vermag, wenn er es denn darauf anlegt.
"Thanks for sticking up for me back there. This group gets so tangled in each other's feelings, you're kind of a hero for standing outside of it."
Ausschlaggebend für das zunehmend gute Verhältnis zwischen Annie und Abed ist unter anderem die Tatsache, dass sie beide sehr empathisch veranlagt sind, insbesondere im Vergleich zu so egozentrischen Kommilitonen wie Jeff Winger. Das Wohl ihrer Kollegen liegt ihnen sehr am Herzen, auch wenn diese es nicht immer zu schätzen wissen. So stehen sie etwa Jeff im gemeinsamen Töpferkurs bedingungslos bei, als er im erbitterten Konkurrenzkampf mit Strahlemann Rich den Verstand zu verlieren droht, oder brechen seinetwegen in das Büro von Ex-Anwaltskollege Alan ein, um Beweise für dessen hinterlistiges Spiel Jeff gegenüber zu sichern. Doch auch gegenseitig fungieren sie zwischendurch immer wieder als wichtige moralische Stütze, sei es bei Abeds emotionalem Zusammenbruch zu Weihnachten oder bei Annies Totalausraster anlässlich des wiederholten Kugelschreiberverlusts während der Lerntreffen. Selbst vor peinlichen Aktionen schrecken sie nicht zurück, wenn dadurch einem Mitmenschen geholfen werden kann, wie sich etwa bei einer Partie "Dungeons & Dragons" dem suizidgefährdeten Neil zuliebe zeigt: Mit der ebenso detailverliebten wie expliziten Darbietung einer Verführungsszene, die beim Rest der Lerngruppe für reihenweise offene Münder sorgt, verhelfen sie dem übergewichtigen Einzelgänger maßgeblich zum Sieg über den arglistigen Gegenspieler Pierce Hawthorne und somit zu neuem Selbstbewusstsein.
So sehr Annie und Abed einander in puncto Empathie auch ähneln, in Hinblick auf das Thema Reife könnten sie unterschiedlicher kaum sein. Während Vernunftmensch Annie nämlich erstaunlich erwachsen für ihr Alter auftritt, kommt bei dem mit einer blühenden Phantasie gesegneten Abed nicht selten das Kind im Manne zum Vorschein. Dass diese grundlegend verschiedenen Wesenszüge durchaus auch Konfliktpotential bergen, wird im Zuge der großen Paintball-Schlacht am Ende ihres zweiten Studienjahres in Greendale deutlich. Konkret ist es Abeds gut gemeinter Versuch, die angespannte Situation durch eine Nachahmung von "Star Wars"-Charakter Han Solo aufzulockern, die Annie sauer aufstößt. Manchmal schäme sie sich regelrecht für sein infantiles Verhalten, wirft sie ihrem verdutzten Gegenüber eiskalt an den Kopf. Abermals gelingt es Abed jedoch, ihr mit einem überraschenden Konter die Augen zu öffnen: Womöglich sei es genau die vorgeworfene Unreife, die ihr an ihm so imponiert, nicht zuletzt wegen ihrer eigenen Seriosität ("You like me because I'm immature. There's not much immaturity in your life."). Beschämt muss Annie eingestehen, dass hinter diesen Worten tatsächlich etwas Wahres steckt. Und so spielt sie wenig später, von Kontrahenten umzingelt, bei Abeds Scharade mit, indem sie in die Rolle der Prinzessin Leia schlüpft und ihr unabwendbares Ausscheiden mit einem leidenschaftlichen Kuss besiegelt. Wie schon zuvor bei ihrem gemeinsamen "Mad Men"-Moment wirft diese unverhoffte Annäherung Annie kurzfristig völlig aus der Bahn, wohingegen Abed alledem keinerlei tiefere Bedeutung beimisst und sich in gewohnt kumpelhafter Manier in die Sommerferien verabschiedet.
Willi S. - myFanbase
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