Bewertung

Review: #1.09 Seuchenalarm

Die Seuche, die in Defiance grassiert, wird auch als Irathische Grippe bezeichnet. Sobald man diese Titulierung hört, ahnt man den sozialen Sprengstoff. Die Irathier werden als Sündenböcke ausgemacht und unter unwürdigen Bedingungen eingesperrt, da sie die Grippe zwar übertragen können, im Gegensatz zu den Menschen aber nicht daran erkranken. Die Ordnung bricht mehr und mehr zusammen, Nutznießer suchen berechnend ihren Vorteil, es kommt zum Aufstand.

Am Ende fordert das Drama mehrere Leben, auch das von Connor Lang. Man muss sich nicht sonderlich für Geschichte interessieren, um in dieser Handlung viele Parallelen zu besonders düsteren Kapiteln der Menschheitsgeschichte zu erkennen. Ein paar Schönheitsfehler, zu denen ich später noch komme, verhindern allerdings, dass diese Episode erstklassig ausfällt.

Die Castithaner und die anderen Votan-Rassen sind komplett gegen die Grippe immun. Sie können weder daran erkranken noch sie übertragen. Das bietet Stahma und Datak erneut die Gelegenheit, sich Vorteile zu verschaffen, was sie diesmal auf besonders schockierende und brutale Weise tun. Die Rollenverteilung ist dabei wie gewohnt: Stahma zieht die Strippen und Datak erledigt die mörderische Drecksarbeit. Die beiden Castithaner sind und bleiben zwei Charaktere, deren Streben nach Macht man niemals unterschätzen darf. Durch ihre heimliche, faszinierende Romanze mit Kenya bricht Stahma etwas aus ihrer Ehe aus, aber davon darf man sich nicht zu sehr täuschen lassen: ihre Priorität liegt immer noch darin, Datak an die Spitze der Macht zu bringen.

Diese Episode stellt deutlich heraus, dass nicht nur zwischen den Menschen und den Votans, sondern auch unter den einzelnen Votan-Rassen selbst eine Menge Vorurteile und Konflikte bestehen. Sie haben sich früher ein Sonnensystem geteilt und sind gemeinsam geflohen, als das Sonnensystem zerstört wurde, aber sie sind verschiedene Völker von unterschiedlichen Planeten. Die Castithaner, die viel Wert auf Äußerlichkeiten legen und eine sehr ausgeprägte Badekultur haben, die sogar die Liebe der antiken Römer zu Bädern übertrifft, empfinden die Irathier als schmutzig und primitiv. Dataks ganze Verachtung für die Irathier und sein überkochender Stolz zeigen sich, als er die Irathische Hohepriesterin, die ihn fast in die Knie gezwungen hätte, noch nach ihrem Tod schlägt, beschimpft und bespuckt. Eine eindringliche, schockierende Szene.

Die Irathier, darauf bin ich ja schon in früheren Reviews mehrfach eingegangen, erinnern an die amerikanischen Ureinwohner und deren Schicksal. Man fühlt sich diesmal aber auch sehr an den Holocaust erinnert, vor allem natürlich, als einer der Irathier gegenüber Irisa erwähnt, dass die Irathier in der Vergangenheit von den Castithanern eingesperrt und dann vergast wurden. Solche furchtbaren Absichten hegen die Bewohner von Defiance nicht, als sie die Irathier in Quarantäne stecken, dennoch ist die Art, wie sie die Irathier behandeln, sehr fragwürdig und stark von Vorurteilen und Angst geprägt. Angst ist angesichts einer tödlichen Seuche prinzipiell verständlich, aber ein anderes Volk zu verteufeln und seiner Rechte zu berauben, kann niemals die Lösung sein. Der Weg der Versöhnung, den Defiance eingeschlagen hat, als die irathischen Spirit Riders das Land zurückerhalten haben, dass Irathiern gestohlen wurde, war nur ein kurzer. Viele der Spirit Riders sind nun tot.

Zu den bereits erwähnten Schönheitsfehlern, die dieser Folge zum Nachteil gereichen, gehören die Abwesenheit von Kenya und Tommy. Dass wir Kenya überhaupt nicht sehen, obwohl ihre Schwester schwer erkrankt ist, mutet schon seltsam an. Auch Tommys Abwesenheit passt gar nicht zu seiner bisherigen Rolle in der Serie. Bislang war er immer da, wenn Irisa ihn irgendwie brauchte, und durfte sie schon mehrfach retten. Er hat jede Gelegenheit genutzt, ihr nahe zu kommen. Doch nun, da sie gewaltsam in Quarantäne gesteckt wird, ist er weit und breit nicht zu sehen. Eigenartig.

Zudem stört es mich, dass die anderen Votan-Rassen, die auch immun sind, im Kampf gegen die Seuche gar keine Rolle spielen. Es zieht sich bislang durch die gesamte Staffel, dass nur die Irathier, die Castithaner und die Indogenen thematisiert werden. Die anderen Spezies spielen bislang eine untergeordnete Rolle und tauchen nur als Randfiguren auf. In dieser Folge hätte man das gut ändern können, was leider versäumt wurde.

Schön finde ich hingegen, dass sich Nolan und Irisa wieder näher gekommen sind. Nolan konnte beweisen, dass er, trotz der Fehler, die er gemacht hat, seine Tochter sehr liebt. Die Umarmung der beiden am Ende war sehr süss.

Eine wichtige und überraschende Erkenntnis ist, dass Doc Yewll mit Nicolette in Verbindung steht und von der Existenz des Artefakts, bzw. der Artefakte, denn es ist zum ersten Mal von mehreren dieser mysteriösen Gegenstände die Rede, weiß. Diese Frau Doktor hat wirklich viele Leichen im Keller. Dennoch hilft sie den Bewohnern von Defiance immer wieder. Sicherlich nicht nur, um ihre Spuren zu verwischen. Ihr Gespräch mit Nicolette deutet zumindest darauf hin, dass sie mit deren Vorgehen nicht ganz einverstanden ist und es grundsätzlich bevorzugt, kein Massaker anzurichten. Es wird auch erstmals explizit gesagt, dass Nicolette an Krebs leidet, was sie nicht davon abhält, weiterhin wie ein Schlot zu rauchen. Wem die Kombination aus Zigaretten, Krebs und Aliens irgendwie merkwürdig bekannt vorkommt, der war in der Vergangenheit vermutlich "Akte X"-Zuschauer.

Nicolette offenbart Quentin, dass seine Mutter noch lebt, um im Gegenzug das Artefakt zu erhalten. Ich bin mir allerdings ganz und gar nicht sicher, dass Nicolettes Aussagen über Quentins Mutter der Wahrheit entsprechen. Quentin macht sich nun auf die Suche nach seiner Mum und kann daher praktischerweise niemandem in Defiance von dem Artefakt (und dass Nicolette es jetzt besitzt) erzählen.

Es ist definitiv so, dass sich "Defiance" weiterhin auf einem guten Weg befindet, aber nach den Höhenflügen der letzten Wochen hat diese Episode nicht ganz halten können, was sie versprach.

Maret Hosemann - myFanbase

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