Bewertung
Mick Jackson

Du gehst nicht allein

Nature is cruel, but we don't have to be.

Inhalt

Temples Mutter (Julia Ormond) ist schon relativ früh klar, dass die Tochter (Claire Danes) anders ist als andere Kinder. Mit vier Jahren spricht sie noch kein einziges Wort und scheut den Körperkontakt zu ihrer Mutter. Schließlich erhält sie die Diagnose: Autismus. Doch entgegen der Empfehlungen der Schulmedizin in den 50ern will sie ihre Tochter nicht institutionalisieren lassen, sondern kümmert sich stattdessen auf eigene Faust darum, ihr ein weitgehend normales Leben zu ermöglichen. Der Erfolg gibt ihr Recht, denn Temple entwickelt sich zu einer höchst intelligenten jungen Frau, die insbesondere auf Grund ihres Lehrers und Mentors Dr. Carlock (David Strathairn) eine Leidenschaft für die Wissenschaft entwickelt und schließlich auf der Farm ihrer Tante Ann (Catherine O'Hara) auch ihr Interesse an dem Verhalten von Tieren entdeckt.

Temples Autismus führt dazu, dass sie die Welt in Bildern erlebt. Sie hat ein eidetisches Gedächtnis und eine äußerst sensible Wahrnehmung, die es ihr erlaubt, das Erleben von Tieren nachzuvollziehen und zu verstehen. Während ihres Collegeaufenthalts entwickelt sie eine Umarmungsmaschine, die es ihr erlaubt, die beruhigenden Aspekte einer Umarmung zu erfahren, ohne einen anderen Menschen berühren zu müssen. So kann sie die Auswirkungen ihre Panikattacken auf ein Minimum reduzieren und die ständigen Rückschläge und Hänseleien auf Grund ihrer Andersartigkeit besser verarbeiten. Zusätzlich zu ihrem Autismus hat es Temple auch als Frau in den 60ern schwer, sich in der Männerwelt der Landwirtschaft durchzusetzen, doch über die Jahre trägt sie zu einer intensiven Verbesserng der Haltungs- und Schlachtungssituation der Kühe bei, die auch heute noch an vielen Farmen praktiziert wird.

Kritik

Das Phänomen des Autismus hat mich schon jahrelang fasziniert und interessiert, weshalb ich mir diesen Film unbedingt ansehen musste. Dass er auf einer wahren Geschichte basiert, macht es natürlich umso besser. Dazu kommt noch, dass Temple Grandin selbst in weiten Teilen an der Story des Films und auch der künstlerischen Umsetzung mitgewirkt hat. Diese Authentizität bekommt man als Zuschauer an mehreren Stellen deutlich zu spüren. So ist es einfach wahnsinnig interessant, einen kleinen Einblick in Temples Gedankenwelt zu bekommen, indem man versucht, ihre bildliche Wahrnehmung zu rekonstruieren. Sogar die von Temple entwickelten Maschinen im späteren Verlauf des Films wurden ihrer Aussage nach ihren eigenen Zeichnungen identisch nachempfunden.

Die Tatsache, dass man Temples Gefühls- und Gedankenwelt und ihr eigenes Erleben in den Vordergrund stellt, macht es nicht schwer, mit ihr mitzufühlen, auch wenn man so vieles, das sie erlebt, doch nicht wirklich nachvollziehen oder verstehen kann. Dabei liefert Claire Danes einfach einen grandiosen Job ab, soweit ich das beurteilen kann, ohne die tatsächliche Temple einmal erlebt zu haben. Jede Sekunde habe ich ihr diese Rolle abgekauft, jede Geste, jeder Blick, jeder Satz wirkte einfach echt und erweckte diesen Charakter zum Leben.

Es ist wirklich erstaunlich, zu sehen, wie Temple mit menschlichen Emotionen so gar nichts anfangen kann, dann aber doch eine Vorreiterin darin wird, Nutztieren ein angenehmeres Leben und Sterben zu ermöglichen. In Temples eigenen Worten: "Nature is cruel, but we don't have to be." Ein sehr wahrer Satz, auch wenn man bei den Schlüssen, die sie daraus zieht, durchaus geteilter Meinung sein darf. Obwohl der Film einen großen Teil von Temples Leben umfasst, wird er zu keiner Sekunde langweilig, im Gegenteil empfand ich ihn als eher spannend. Denn es gibt viele Rückschläge, die Temple zu meistern hat, doch nichts davon wirft sie wirklich zurück. Stattdessen findet sie kreative Wege, ihre Ideen durchzusetzen.

Obwohl der Film wirklich sehr interessant und auch spannend ist, berührte er mich an vielen Stellen doch auch emotional. Temples Fortschritte sind wirklich wunderbar mitzuerleben und mir kamen mehrfach die Tränen, z. B. als Temple ihrer Mutter überraschend eine kurze Umarmung erlaubt oder gegen Ende, ohne dass ihr das wohl wirklich bewusst ist, ihrer Mutter zeigt, was für einen wunderbaren Job sie in ihrer Erziehung geleistet hat und dass auch sie selbst dies sieht und anerkennt.

Fazit

Der Film ist auf allen Ebenen einfach nur großartig anzusehen und hat mich sogleich dazu verleitet, im Internet bezüglich Temples und ihres Lebens zu recherchieren. Wer sich für interessante Persönlichkeiten interessiert, wird die hier investierte Zeit garantiert nicht bereuen.

Nadine Watz - myFanbase
12.01.2011

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