Bewertung
Lars Kraume

Kommenden Tage, Die

"Der einzige angeborene Irrtum des Menschens ist der, dass wir glauben, wir leben um glücklich zu sein"

Foto: Copyright: Universal Pictures Germany
© Universal Pictures Germany

Inhalt

Berlin, 2012: Die beiden Schwestern Laura (Bernadette Heerwagen) und Cecilia (Johanna Wokalek) teilen sich eine großzügige Stadtwohnung im Herzen der Hauptstadt, können aber sonst nicht unbedingt viele Gemeinsamkeiten aufweisen. Während Laura fleißig studiert, ihre Zukunft vor sich sieht und in Hans (Daniel Brühl) ihre große Liebe gefunden hat, sucht Cecilia noch ihren Platz im Leben. Sie ist mit Konstantin (August Diehl) zusammen, der sie aber nicht so liebt, wie sie das gerne hätte und sie schließlich in den Terrorismus führt. Aus zwei unterschiedlichen Blickpunkten sehen die beiden Schwestern in eine ungewisse Zukunft, die Europa und die Welt verändern wird.

Kritik

Die kommenden Tage, Monate oder gar Jahre – was hält die Zukunft für uns bereit? Mit einer gewissen Angst schauen wir alle unserer Zukunft entgegen. Sowohl in wirtschaftlicher, als auch in sozialer Hinsicht gibt es viel, das passieren kann und vieles davon gefährdet und bedroht unser derzeitiges Leben. Ein sehr düsteres und grausames Zukunftsszenario zeichnet der Film "Die kommenden Tage", in dem Europa nicht mehr das Europa von heute ist. Die Europäische Union ist zusammengebrochen und hat aus Angst vor Einwanderern Grenzen errichtet. Im Jahr 2020 ist nichts mehr von dem Leben übrig geblieben, das wir heute noch führen. Was 2020 die unausweichliche, schreckliche Zukunft darstellt, macht ihren Beginn bereits im Jahr 2012, als ein neuer Golfkrieg auch Deutschland dazu bringt, mitzumischen. Auch um das wichtige Öl nicht zu verlieren. Aus dem Protest der Massen wird schnell Terror. Und genau bei diesen Bildern - Bildern des Terrors und der Gewalt - wird dem Zuschauer auf einmal klar, dass so viel nicht mehr fehlt, um dieses Schreckensszenario Wirklichkeit werden zu lassen.

Der Film beginnt bei einer Grenzmauer im Jahr 2020, als eine junge Mutter, die wir später als Laura kennen lernen, über die Grenze hinweg in die Abgeschiedenheit der Alpen möchte. Denn in dieser Zukunft hat sich Europa zurückgezogen. Anhand von Laura begeben wir uns auf eine Zeitreise zurück ins Jahr 2012, als die politische Situation zwar angespannt, aber keinesfalls eskaliert ist. Laura ist mit ihrer ruhigen, gutmütigen Art genau die Protagonistin, die ein solcher Film braucht. Sie ist einfühlsam, sie spricht ruhig und erklärt aus dem Off die Situationen. Mit ihr und ihrer Familie erleben wir, was zu diesem Ausgang führte und vor allem, was ihre Familie damit zu tun hat. Neben den beiden Schwestern ist es dann vor allem auch der Vater der Familie (Ernst Stötzner), der als juristischer Großbolzen daherkommt und wohl am meisten unter dem Verhalten seiner Tochter zu leiden hat. Die Familie, die Reichtum und Ehre gewohnt ist, muss nun damit umgehen, dass ihre Tochter Cecilia zu einer Terroristin geworden ist.

Obwohl es sich durchaus anbieten würde, will der Film nicht unbedingt belehren, er nimmt keine politische Richtung ein – er will bloß eine bedrohliche, unheimliche Geschichte erzählen. Und zumindest das gelingt ihm. Wenn man einmal bedenkt, dass Lars Kraume das Drehbuch zu "Die kommenden Tage" in der Zeit vor der Pleite von Lehman-Brothers und damit vor der Weltwirtschaftskrise schrieb, so ist es bemerkenswert, wie gut er die öffentliche Stimmung einfängt und damit ein unheimliches, doch durchaus realistisches Szenario der Jahre 2012 bis 2020 verfasst. So sehen wir einige Bilder, die er voraussah, schon heute in den Nachrichten, andere wiederrum sind eher Wunschdenken, aber durchaus interessante Ansichten. "Die kommenden Tage" ist so als ein recht realistisch anmutendes, dennoch fiktives Zukunftsszenario zu sehen, das aber gerade wegen seiner Brisanz noch einmal mehr den Zuschauer zu fesseln weiß.

Als einer der teuersten Filme der deutschen Kinogeschichte zeigt uns "Die kommenden Tage" dann auch noch die passenden, brisanten Bilder. Der großartigen Inszenierungen geben sich auch die Darsteller hin, die allesamt brillant sind. Vor allem aber August Diehl zeigt einmal mehr, dass er nicht umsonst zu den Großen der deutschen Schauspielszene gehört. Auch Daniel Brühl zeigt sein Können, obwohl man ihn schon besser gesehen hat. Perfekt zum Film passen sich dann auch der Score und der Soundtrack an, der mit "Bring mich nach Hause" von Wir sind Helden auch einen passenden Titelsong zum Film abliefert.

Fazit

Definitiv kein Gute-Laune-Kino, aber langhaltige und großartig gemachte Kinounterhaltung, die ein doch sehr düsteres Bild einer ungewissen Zukunft liefert.

Technische Details

FSK: ab 12 Jahren
Ton: Deutsch (Dolby Digital 5.1)
Bild: 2,35:1 (anamorph / 16:9)
Untertitel: Deutsch
Bonusmaterial: Alternativer Anfang, Alternatives Ende, MakingOf, Hinter den Kulissen, Interviews mit Cast & Crew, Making-Of Special (90 Min.): "Die vergangenen Tage", Dokumentation: "Die perfekte Droge"

Eva Klose - myFanbase
29.05.2011

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