Bewertung
Jodie Foster

Biber, Der

"He's here to save Walter's life."

Foto: Copyright: 2011 Concorde Filmverleih GmbH
© 2011 Concorde Filmverleih GmbH

Inhalt

Walter Black (Mel Gibson) ist krank. Er leidet unter schweren Depressionen und wenn er nicht gerade den ganzen Tag verschläft, betäubt er seinen Lebensüberdruss mit Alkohol. Seine Frau Meredith (Jodie Foster) hält die andauernde Selbstzerstörung ihres Mannes nicht länger aus und wirft ihn aus dem gemeinsamen Haus. Walter realisiert nach einer alkoholgedrängten Nacht und einem gescheiterten Selbstmord, dass es so nicht weitergehen kann. Als er auf eine Biberhandpuppe stößt, beschließt er, von nun an nur noch durch diese zu kommunizieren, eine Entscheidung, die sein Leben, das seiner Söhne und auch das seiner Frau grundlegend verändert.

Kritik

Oftmals vergessen Menschen, die eine Leinwand betrachten, dass sie darauf keine Privatpersonen, sondern Schauspieler sehen, deren berufliche Aufgabe es ist, überzeugend eine Figur darzustellen. Vorzugsweise so gut, dass das eigentliche menschliche Individuum hinter der zu darstellenden Rolle verschwindet. Wenn man sich also näher mit dem von Jodie Foster inszenierten Film "Der Biber" beschäftigen will, sollte man sich nicht mit der Privatperson Mel Gibson beschäftigen, sondern den Fokus einzig und allein auf seine darstellerische Leistung richten und diese ist in diesem Film äußerst überzeugend.

Einen Film über das Thema Depression zu drehen, ist nicht leicht, handelt es sich dabei doch um eine komplexe, tief im Inneren des Menschen verankerte Krankheit, die schwer in Filmbildern darzustellen ist. Jodie Foster versuchte auch gar nicht erst, den Fokus des Films allein auf diese Krankheit zu richten, sondern konzentriert sich vielmehr auf die Auswirkungen dieses psychischen Leids auf den sozialen Kreis der Familie. Was eine solche Krankheit mit einer Ehe macht und was für Konsequenzen sie auf die eigenen Kinder hat.

Die zerstörerische Kraft dieser Krankheit wird äußerst bewegend, ehrlich und authentisch herausgearbeitet. Die überforderte Ehefrau, die nicht mehr weiß, wie sie mit der chronischen Traurigkeit ihres Mannes umzugehen hat, der älteste Sohn, der sich abzukapseln versucht und alles dafür tut, nicht so wie sein Vater zu werden und der Kleinste in der Familie, der einfach nur einen Vater braucht, der Zeit mit ihm verbringt und schlicht und einfach für ihn da ist.

Der Film versinkt aber nie völlig in Traurigkeit. Relativ schnell ist Walter auf dem Tiefpunkt angekommen und realisiert, dass es so nicht weitergehen kann. Er findet eine Biberhandpuppe, die von nun an sein Leben lenkt. Was sich auf dem Papier recht merkwürdig anmutet und schnell ins unfreiwillig Komische abdriften könnte, wirkt hier absolut überzeugend, teils wirklich witzig, teils aber auch sehr rührend. Wie Walter sich langsam wieder durch die Hilfe des Bibers resozialisiert, neuen Lebensmut schöpft, seinen jüngsten Sohn wieder für sich begeistern kann und seiner Ehe neuen Schwung verleiht, wird nachvollziehbar, gewitzt und nie rührseelig dargestellt.

Liegen tut das zum großen Teil an der intensiven darstellerischen Leistung Mel Gibsons, der mit der Handpuppe zusammen plötzlich einen völligen Persönlichkeitswandel vollzieht und sogar mit einer komplett verstellten Stimme kommuniziert, sodass immer klar ist, dass die Person Walter völlig hinter der Biberpuppe verschwindet. Er muss nicht mehr der traurige, verstörte Walter sein, sondern kann eine völlig neue Art von Persönlichkeit annehmen, die mutig ist, gewitzt, liebevoll und kreativ, alles, was der depressive Walter nicht mehr länger sein konnte. Gibson schafft es, diesen komplexen Charakter durch sein ruhiges, besonnenes, zurückhaltenes Spiel dem Zuschauer soweit nahe zu bringen, dass man ehrliches Mitleid mit diesem Menschen hat und ihm trotz seines menschlichen Versagens auf vielen Ebenen Heilung und endgültige Erlösung wünscht.

Glücklicherweise erliegt der Film aber nicht dem Fehler, eine solche tiefgreifende Krankheit wie die der Depression zu banalisieren und zu behaupten, dass man einfach nur eine Handpuppe braucht, um sein Leben wieder auf die Reihe zu bekommen. Der Film ist da wesentlich differenzierter, zeigt viele Schwierigkeiten auf, lässt seine Figuren Rückschläge einstecken, bleibt authentisch, realistisch und nimmt seine Figuren und deren Probleme erfreulicherweise äußerst ernst.

Erwähnenswert ist zudem, dass der Film im Grunde zwei parallel nebeneinander herlaufende Geschichten erzählt, die sich aber immer wieder kreuzen. Zum einen geht es um Walter, seine Depression und seinen Kampf zurück ins Leben und zum anderen um seinen Sohn Porter, der um Eigenständigkeit kämpft, ein Leben fernab von seiner dysfunktionalen Familie führen will. Die Abschnitte des Films, die sich um die Figur des Porter drehen, handeln oberflächlich betrachtet von der aufkeimenden Freundschaft zu der dem äußeren Anschein nach perfekten Schulschönheit Norah, die innerlich aber ähnlich zerrissen ist wie Porter. Die Szenen zwischen Norah und Porter, die wunderbar einfühlsam dargestellt werden von den ungemein talentierten Jungschauspielern Jennifer Lawrence und Anton Yelchin, gehören zu den zärtlichsten, berührendsten und schönsten Momenten des Films und bilden mit der Story von Walter ein harmonierendes Ganzes.

Aufgrund der schwer vermittelbaren Geschichte um einen Mann und seine Handpuppe und wahrscheinlich auch aufgrund des schlechten Rufs von Mel Gibson floppte der Film an den Kinokassen. Was wirklich äußerst schade ist, denn Jodie Fosters zweite Regiearbeit ist ein glänzend erzähltes, überzeugend gespieltes Drama über die alltäglichen Kämpfe, denen wir uns jeden Tag aufs neue stellen müssen, über die Tatsache, dass man im Leben für sein Glück kämpfen muss und darüber, dass man auch in den dunkelsten Stunden niemals die Hoffnung aufgeben sollte. Ein trotz der schwierigen Thematik aufbauender und hoffnungsstiftender kleiner Film, dem man gerade wegen seines tollen Hauptdarstellers eine Chance geben sollte.

Fazit

Anspruchsvolles, überzeugendes Drama über die Bedeutung von Familie, Liebe

und das kleine alltägliche Glück, für das es sich zu Leben lohnt.

Moritz Stock - myFanbase
11.06.2011

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