Bewertung
Hadi Hajaig

Cleanskin - Bis zum Anschlag

Zwei Männer. Zwei Missionen. Ein Ziel: Töten.

Foto: Copyright: Entertainment One
© Entertainment One

Inhalt

Nach einem Selbstmordattentat in einem Londoner Café wird Ewan (Sean Bean), ein Agent des Secret Service, von der zwiellichtigen Regierungsbeamtin Charlotte McQueen (Charlotte Rampling) darauf angesetzt, den verantwortlichen Hintermann auszuschalten. Welche Mittel Ewan dabei einsetzt, spielt keine Rolle. Ein dramatischer Wettlauf mit der Zeit beginnt, denn der Terrorist Ash (Abhin Galeya) ist ein so genannter "Cleanskin", also ein den Behörden bisher gänzlich Unbekannter, auf dessen radikale Gesinnung keine Hinweise bestehen. Je näher der Agent dem Briten arabischer Herkunft kommt, desto gnadenloser werden die Methoden seiner Jagd. Und die Uhr tickt...

Kritik

Die Gefahr eines islamistisch motivierten Terroranschlags ist in den Medien allgegenwärtig. Sie wird nicht nur in Nachrichtensendungen sowie poltischen Talkrunden ausgiebig diskutiert, sondern dient zudem im Unterhaltungssektor gern als Grundlage für fiktive Szenarien, wie beispielsweise im Spielfilmbereich. Ärgerlicherweise findet man gerade hier oft simplifizierende Geschichten vor, in denen sich ein positiver, meistens weißer Charakter und ein durchweg austauschbarer muslimischer Antagonist gegenüberstehen. "Cleanskin - Bis zum Anschlag" ist zwar ebenfalls keine seriöse Auseinandersetzung mit dem Thema Terrorismus, aber Hadi Hajaigs doppelbödiger, harter Thriller verzichtet auf jede Form der Schwarz-Weiß-Malerei und wählt stattdessen – trotz einer zuweilen reißerischen Erzählweise – einen deutlich realistischeren Ansatz als manch anderer Genrebeitrag. Das Ergebnis ist überdurchschnittlich stark.

Handwerklich ist der Film perfekt inszeniert und gut geschrieben. Packende Actionszenen, schnelle Schnitte und düstere Farben gehen Hand in Hand mit einem Drehbuch, das es versteht, seine Geschichte auf glaubwürdige Art zu konstruieren. Angesicht der Grundidee drängt sich ein Vergleich mit der Erfolgsserie "24 - Twenty Four" förmlich auf. "Cleanskin - Bis zum Anschlag" ist zweifellos genauso spannend, doch viel böser, denn Hajaig geht weiter als es sich die Macher von "24 - Twenty Four]8[/url]" in acht Staffeln wagten. Ewan kennt kein Erbarmen und fragt nicht lange nach, bevor er handelt – was schon mal tödliche Folgen für einen Unschuldigen haben kann. Selbst der folterfreudige [url=Jack Bauer hat da mehr Skrupel bewiesen.

"Cleansin - Bis zum Anschlag" legt eine besondere Gewichtung auf seine zwei Hauptcharaktere und verleiht ihnen Profil. Trotz des Hasses, der Ewan bei der Verrichtung seiner schmutzigen Arbeit antreibt, ist er noch nicht gänzlich abgestumpft. Als er entsetzt begreift, dass ein Mann, den er kurz zuvor auf entsetzlich grausame Weise getötet hat, gar nichts mit der gesuchten Terrorzelle zu tun hatte, ist ihm der Schock anzumerken. Einen Moment lang scheinen ihm sogar Zweifel an der Richtigkeit seines Tuns zu kommen. Gegenüber einem Angehörigen der Armee, welcher beim Attentat seinen Bruder verlor, gibt der Afghanistan-Veteran Ewan gar kurz den väterlichen Freund und der Zuschauer weiß: Der meint das wirklich ernst.

Erstaunlicherweise widmet der Thriller Ash (Abhin Galeya) noch mehr Laufzeit und beschäftigt sich ausgiebig mit dessen Hintergrund. In zwei längeren Rückblenden wird erzählt, wie ein junger, zwischen den Kulturen zerrissener Mann seine eigene Identität suchte und schließlich den Halt, den er so dringend benötigte, ausgerechnet bei einem manipulativen Hassprediger fand. Am Ende ist aus dem sympathischen Jurastudenten mit der einheimischen Freundin ein Besessener geworden. Einer, der bereit ist, selbst zur lebenden Bombe zu werden. Besonders jene Szenen, in denen Ash endgültig die Grenzen überschreitet und vom Mitläufer zum Mittäter wird, gehören zu den intensivsten des Films, denn ab diesem Zeitpunkt ist die erschreckende Wandlung endgültig nicht mehr aufzuhalten. Geschickt zeigt Hajaig auch die Heuchelei der Radikalen auf. Ein eiskalter, extra aus dem Ausland angereister Killer, nennt Ash verächtlichen einen "englischen Mann", da er fein säuberlich mit Messer und Gabel (sowie der linken Hand!) isst. Schnitt. Als nächstes sehen wir den Fremden, wie er angesichts eines "Mr. Bean"-Sketches nicht aufhören kann zu lachen.

Der charismatische Sean Bean liefert eine herausragende schauspielerische Leistung ab und überstrahlt dabei den glaubwürdig agierenden Abhin Galeya. In Nebenrollen überzeugen Charlotte Rampling, Tuppence Middleton als Ashs instabile (Ex-)Freundin Kate sowie Tom Burke als Ewan zur Seite Gestellter.

Fazit

Hart, kompromisslos, abgründig. Der toll gespielte "Cleanskin - Bis zum Anschlag" hebt sich eindeutig aus der Thrillermasse empor. Für Genrefreunde unbedingt empfehlenswert, denn hier stimmen neben Action und Spannungsaufbau auch die Charakterisierungen der beiden Todfeinde. Gut und Böse gibt es in Hajaigs Film ebenso wenig wie eindeutige Gewinner.

Maren Langos - myFanbase
24.10.2012

Diskussion zu diesem Film