Bewertung
Dietrich Brüggemann

3 Zimmer/Küche/Bad

"Wir müssen nichts so machen wie wir's kennen, nur weil wir's kennen, wie wir's kennen."

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Inhalt

Eine Freundesgruppe von acht Personen zieht munter durch die deutsche Hauptstadt Berlin. Es ist ein stetiger Wandel von Aus- und Einziehen und dem Suchen nach dem geeigneten, perfekten Lebensweg sowie der ebenso schwierigen und immer wieder mit Rückschlägen begleiteten Suche nach dem Partner fürs Leben. Im Kern geht es neben all diesen Umzügen und dem Bewältigen von lebenspraktischen Aufgaben um das Finden eines Sinns, um die Bedeutung von Freundschaften und den Stellenwert der Familie.

Kritik

Einen Film zu drehen, der sich im Kern mit Umzügen beschäftigt, klingt zunächst nicht sonderlich spannend, sind Umzüge doch schon im realen Leben eine mehr anstrengende als unterhaltsame Angelegenheit. Dietrich Brüggemanns nunmehr dritter Langfilm ist glücklicherweise aber alles andere als anstrengend, sondern vielmehr eine herrlich kurzweilige Mischung aus tragischen und komischen Momenten, welcher die schwierige Zeit zwischen spätjugendlicher und erwachsener Phase thematisiert und mit seinen angesprochenen lebensweltlichen Problemen wohl einer ganzen Generation von Mitte/Ende-Zwanzigjährigen aus dem Herzen spricht. Dass das Spiel des ganzen Ensembles dann noch so unverkrampft authentisch daherkommt, verstärkt nur den Eindruck eines richtig sympathischen und warmherzigen deutschen Films, der es doch tatsächlich schafft, oftmals wirklich witzig zu sein.

Ein Umzug geht doch immer mit einschneidenden lebenspraktischen Veränderungen einher: Man wechselt den Wohnort und beginnt eine neue Phase seines Lebens oder man wagt den Schritt des Zusammenziehens mit dem Partner, ändert damit seine alltägliche Welt grundlegend und entwickelt sich dann auch als Person weiter. Dietrich Brüggemann, der nicht nur die Regie übernahm, sondern zusammen mit seiner Schwester Anna auch das Drehbuch schrieb, nutzt den Umzug als bildliches Mittel, um ein Generationenportrait des ständigen Wandelns und Veränderns zu zeichnen. Beziehungen entstehen und brechen auseinander, Jobchancen kommen auf und vergehen wieder, Träume werden erfüllt oder zerstört und Familien brechen plötzlich auseinander.

Brüggemann verpackt in seiner episodenhaft angelegten filmischen Erzählung die Geschichte eines Freundeskreis in viele kleine, mal tragische, mal wunderbar pointiert und humorvoll erzählte Anekdoten, die im Kern von den alltäglichen Problemen des Lebens erzählen. Immer wieder geht es um die Liebe, aber auch um die Bedeutung von Freundschaft, von Familie und dem Traum eines erfüllenden beruflichen Lebens. Dabei schafft Brügemann stets den nicht immer leicht zu meisternden Balanceakt zwischen lockerleichten humorvollen Momenten und der Schilderung ernsthafter existenzieller Problemlagen.

Dass dieses erzählerische Konzept so gut aufgeht, liegt auch an dem erfrischend natürlich und authentisch wirkenden Ensemble, welches aus einer Vielzahl junger deutscher Nachwuchsmimen besteht, bei dem vor allem der schon in Brüggemanns letztem Film "Renn, wenn du kannst" begeisternd aufspielende Robert Gwisdek und die unendlich sympathisch-liebeswerte und stark wirkende Aylin Tezel positiv herausstechen. Aufgrund des schnellen Erzähltempos und des damit zusammenhängenden stetigen Wechsels des Handlungsspielraums erwächst aus dem Film eine ungeheure Energie, bei der man auch mal über nicht ganz so elegant ausgespielte Plotentwicklungen und einige etwas halbgar wirkende komödiantische Elemente leicht hinwegsehen kann.

Fazit

Das deutsche Kino kann tatsächlich witzig sein, ohne dabei zu platt, albern oder trivial zu erscheinen. Dietrich Brüggemann legt mit seinem Generationenportrait "3 Zimmer/Küche/Bad" einen wunderbar heiteren, sympathischen Film vor, der auch nicht davor zurückschreckt, ernstere Themen anzusprechen und damit nur an Substanz gewinnt. Am Ende trifft es der in dem Film mehrmals erwähnte Songtext der Band "Die Sterne", die Lage der heutigen Postadoleszenten, die irgendwo gefangen sind in auslaufender Jugendlichkeit und anfangendem Erwachsenensein, doch am besten und umreißt auch das thematische Zentrum dieser gelungenen Tragikomödie perfekt: "Wir müssen nichts so machen wie wir's kennen, nur weil wir's kennen, wie wir's kennen."

Moritz Stock - myFanbase
03.11.2012

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