Bewertung

Veronica Mars

Mit der Kino-Fortsetzung der Kultserie "Veronica Mars" sieben Jahre nach dem Ende im Fernsehen hat die Serie Geschichte geschrieben, denn dieser wurde fast vollständig von den Fans finanziert. Mit einer legendären Kickstarter-Kampagne, in der das ursprüngliche Ziel von 2 Millionen Dollar innerhalb weniger Stunden erreicht war und man am Ende 5,7 Millionen sammelte, hat man dem produzierenden Studio eindrucksvoll bewiesen, wie viele leidenschaftliche "Veronica Mars"-Fans es gibt und dass die durchaus bereit sind, gutes Geld für ihre Leidenschaft zu bezahlen. Genau ein Jahr nach dem Beginn der Kampagne, am 13. März 2014 ist der Film nun sowohl als Download für die Kickstarter-Backer verfügbar, als auch im Kino zu sehen.

Foto: Copyright: 2014 Warner Bros. Ent. Alle Rechte Vorbehalten
© 2014 Warner Bros. Ent. Alle Rechte Vorbehalten

Inhalt

Veronica Mars (Kristen Bell), die in ihrer Jugend als Privatdetektivin alle möglichen Fälle, von kleinen Diebstählen bis hin zu Mord, aufgeklärt hat, führt ein stabiles Leben in New York. Sie hat ihr Studium mit Auszeichnung abgeschlossen und befindet sich gerade auf Jobsuche bei den großen Anwaltskanzleien der Stadt. Privat ist sie mit ihrem College-Freund Piz (Chris Lowell) liiert, der sie liebt und unterstützt. Ihr altes Leben in der kalifornischen Stadt Neptune meldet sich aber mit aller Macht zurück, als sie einen Anruf von ihrem Ex-Freund Logan (Jason Dohring) erhält, der unter Verdacht steht, seine Freundin getötet zu haben. Um Logans Unschuld zu beweisen, kehrt Veronica nach Neptune zurück, wo sie droht in alte Verhaltensmuster zu verfallen. Dazu gehören neben dem Hang, ihre Nase in die Dinge zu stecken, von denen andere meinen sie gingen sie nichts an, auch die Gefühle für ihren Ex Logan. Aber Neptune hat auch seine guten Seiten, wie Veronicas Vater Keith (Enrico Colantoni) und ihre guten Freunde Wallace (Percy Daggs III) und Mac (Tina Majorino).

Kritik (spoilerfrei)

Eine der vielen Fragen rund um den neuen Kinofilm zu "Veronica Mars" ist sicherlich, ob es sich auch für Zuschauer lohnt, die die Serie nicht kennen, sich hineinzutrauen. Schließlich können wir auch in Deutschland in zahlreichen Kinos in den Genuss des Streifens kommen, was aufgrund der doch sehr außergewöhnlichen Entstehungsgeschichte nicht selbstverständlich war. Diese Frage ist sicher erst einmal die, die man zuerst klären muss. Denn ich gehe davon aus, dass die meisten "Veronica Mars"-Fans den Film eh als Pflichtprogramm ansehen und wie man diesen, als eine Art Doppelfolge einzuordnen und bewerten hat, soll dann den zweiten Teil meiner Review ausmachen. Zuvor aber widme ich mich aber eben erst denjenigen, die noch am Überlegen sind, ob sie sich den ganzen Spaß anschauen sollten.

Fragen, die dabei aufkommen, sind sicherlich, ob man als Neuling nicht im Gewirr der Geschichten und Charaktere verloren ist, ob man der Handlung folgen kann, beziehungsweise ob diese sich ohne den großen Zusammenhang überhaupt lohnt und last but not least, warum sollte man sich überhaupt eine TV-Episode im Kinoformat anschauen? Und meine Antwort lautet, dass es sich hier natürlich um eine auf die Leinwand übertragene Fernsehgeschichte handelt. Aber "Veronica Mars" ist eine großartige Vorlage, die alles zu bieten hat, was man auch im Kino zu schätzen weiß. Eine spannende Handlung, die natürlich auch sehr davon lebt, dass die Charaktere ihre Vorgeschichte haben, aber der behandelte Fall kann sehr gut für sich allein stehen, wenn man diese Vorgeschichte nicht kennt. Dazu kommen messerscharfe Dialoge mit Witz und Charme, aber vor allem eine Titelheldin, die das Rampenlicht mehr als verdient hat.

Es ist ein Jammer, dass Kirsten Bell auf der großen Leinwand nie so richtig Fuß fassen konnte, denn in ihrer Paraderolle hier zeigt sie wieder einmal eindrucksvoll, dass sie das Zeug zum Star hat. Es ist aber leider auch heute noch so, dass derartige Rollen für Frauen, die so viel Verantwortung für einen Film, aus dem hoffentlich ein Franchise entstehen kann, allein tragen, wahnsinnig rar gesät sind und schon deshalb sollte man sich diesen Film, der beweist wie einfach dies möglich ist, ansehen. Allen "Veronica Mars"-Neulingen sei ans Herz gelegt, dass man mit dem Film wunderbar in die Welt von Neptune hereinschnuppern kann, am bestem um sich danach die Serie anzusehen. Ich verspreche, es lohnt sich, die erste Staffel ist eine der allerbesten Staffeln aller Serien überhaupt. Ein Vorzeigebeispiel dafür, wie man ein staffelübergreifendes Geheimnis aufbaut, dieses mit kleineren Geschichten verknüpft, die dann am Ende alle zum großen Ganzen gehören. Dazu kommen die genialen, ganz spezifischen Elemente von "Veronica Mars", die auch im Film präsent sind: der spezifische Klassenkonflikt von Neptune, die Herausforderungen an eine junge Frau in unserer Gesellschaft aufzuwachsen (nicht umsonst ist Veronica Mars eine feministische Ikone), die sehr cleveren Einbindungen der Genreelemente des Film Noir in ein völlig artfremdes Setting und natürlich der wunderbare Cast. Ob es nun die Chemie ist, die man zwischen Veronica und ihren alten Freunden, oder zu ihrer großen Versuchung Logan, spürt, dies überträgt sich sowohl in der Serie als auch im Film sofort auf den Zuschauer. Wobei man an dieser Stelle aber immer wieder die großartige Vater-Tochter-Beziehung von Veronica und Keith herausstellen muss, die einfach ihresgleichen sucht. Kurz gesagt, auch für Neulinge ist dies ein sehenswerter Krimifilm, mit spritzigen Dialogen, so viel Action wie das bescheidende Budget des Streifens zuließ, einem durchdachten, wenn auch nicht atemberaubenden Fall und einer großartigen Hauptdarstellerin. Man kommt nicht umhin, sich danach eine Fortsetzung in welcher Form auch immer, zu wünschen. Mein Idealformat wäre wohl an das britische Modell wie bei "Sherlock" angelehnt, drei bis vier Episoden in Spielfilmlänge, egal ob die dann im TV oder per Streaming ausgestrahlt werden. Drücken wir also die Daumen, dass der Erfolg des Films Warner Bros. überzeugen kann, mehr "Veronica Mars" zu produzieren.

Kritik (mit Spoilern)

Wenn man genau hinsieht, bietet der Film den perfekten Übergang in genau diesen nächsten Lebensabschnitt von Veronica Mars. Damit sind wir also nun in dem Teil meiner Review angelangt, der sich ganz konkret mit dem Inhalt des Films auseinandersetzt, wer sich nicht verspoilern will, kommt also bitte dann nach dem Ansehen desselben wieder. Das große Leitthema hier ist die Frage, ob Veronica ihr altes Leben in Neptune, das gegen jede Vernunft dem Adrenalin verfallene Leben der Privatdetektivin, zurücklassen und wirklich Karriere in New York machen kann. Ob ihr die vielen Möglichkeiten, die ihr nach einem guten Studium offen stehen, als angesehene Anwältin mit stabilem Lebensumstand wirklich den Sinn im Leben geben können, den sie sich davon verspricht. Ich denke, ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass am Ende natürlich das herauskommt, was wir alle bereits vorher wussten. Dass Veronica einfach nicht anders kann, dass sie nach Neptune gehört, um wenigstens ein wenig Gerechtigkeit in eine ungerechte Welt zu bringen. Die Metapher dafür, die Veronica in ihrem Voice-Over quer durch den Film anwendet, ist die einer Sucht, und ein wenig erinnert man sich dabei als Zuschauer wohl auch an die Sucht, Veronica Mars weiter in ihrem Element zu sehen.

Der Film rahmt diesen Grundkonflikt nun zudem noch in die große Frage ein, ob Veronica nun eher zum ruhigen und beständigen Piz gehört, oder zum viel aufregenderen Logan. Wobei Logan hier auch nicht mehr der Bad Boy ist, der er mal war. Wie diese Geschichte um die ewige Frage der Piz- oder Logan-Debatte ausgehen mag, war wohl von Anfang an klar. Was mir aber gefällt, ist, dass man Veronica nicht direkt einfach so wieder in Logans Arme zurückschickt, sondern dass man ihre Rückkehr zu ihm eher als Nebenaspekt zur eigentlichen Handlung einbindet. Ich hatte im Vorfeld des Films wirklich Angst, dass der Film eine reinste Wiedergutmachung an die verprellten LoVe-Shipper ist. Ich habe kein Problem damit zu verstehen, warum es Veronica wieder zu Logan zieht, aber ich wollte auf keinen Fall einen Film sehen, der sich nur darauf bezieht. Ich denke, man hat hier einen sehr guten Mittelweg gefunden und das Ende, mit Logans Abreise zur Armee, lässt viel erzählerischen Spielraum offen. Und es zeigt, dass nicht die Frage, welchen Mann Veronica letztendlich wählt, die entscheidende ist, sondern wie sie ihr Leben gestaltet. Dabei ist es schon ein wenig amüsant, Jason Dohring hier im Pendant der Rolle zu sehen, zu der viele weibliche Schauspielerinnen in vielen Hollywood-Streifen sonst verdonnert sind. Er darf hübsch aussehen, ab und an ein wenig Haut zeigen (ganz im Gegensatz zu Kristen Bell, die während der Dreharbeiten schwanger war und wohl auch deshalb eher hochgeschlossen auftritt) und die netten Sprüche klopfen.

Glücklicherweise hat der Film nun neben diesem Konflikt auch zahlreiche gute Dinge für den "Veronica Mars"-Fan, für den Veronicas Liebesleben meist eher zweitrangig war, zu bieten. Da ist zum ersten die Rückkehr in das alte Setting, die Stadt Neptune, die sich in den letzten Jahren noch mehr zu einem Schauplatz für Klassenkämpfe entwickelt hat, auch weil die Führungselite korrupt und inkompetent, repräsentiert durch Sheriff Lambs großen Bruder Dan (Jerry O'Connell), ist. Die Serie hatte schon immer einiges über die Ungerechtigkeiten des Systems, in dem Geld alles ist, zu sagen und die Struktur des Mordfalls und dessen Auflösung trägt gehörig dazu bei. Dabei schafft man es aber wieder, durchaus auch Nuancen und Grautöne hineinzubringen, die besonders im großen Geständnis von Gia (Krysten Ritter) zum Vorschein kommen. Und man profitiert wieder einmal davon, dass Gia mit Krysten Ritter sehr gut besetzt ist und sie so deren Verletzlichkeit wunderbar übermitteln kann.

Eingerahmt ist diese Handlung in zahlreiche Wiedersehen und Momente, die an die guten alten Zeiten erinnern und für meine Begriffe hat man dafür genau den richtigen Ton getroffen. Das Gefühl, ein reines Fan-Geschenk zu erhalten, nimmt nie überhand, wenn dann lediglich in einigen Augenblicken zwischen Logan und Veronica (ich persönlich hätte jetzt nicht unbedingt eine Erinnerung an ihren berühmten "Epic"-Dialog gebraucht, der ist im Gedächtnis eines "Veronica Mars"-Fans eh immer abrufbar). Aber abgesehen davon habe ich die vielen Erinnerungsstücke doch durchaus auch genossen, zusammen mit den zahlreichen Popkulturanspielungen gehören sie doch definitiv zum Flair von "Veronica Mars".

Richtig amüsiert habe ich mich auch über das wunderbare Casting von kleinen Nebenrollen, die für Fernsehfreunde doch einige Überraschungen zu bieten hatte. Die spektakulärsten Gastauftritte waren wohl James Francos selbstironischer Auftritt als er selbst und Kristen Bells Ehemann Dax Shephard als schmieriger Club-Tänzer, aber mich haben auch Eden Sher (bekannt als Sue Heck aus "The Middle") als Francos Assistentin und Martin Starr als schmieriger Killer sehr gefreut.

Fazit

Der heißersehnte Kinofilm hat für jeden Fan viel zu bieten und ich bin mir sicher, dass man auch beim zweiten Anschauen noch zahlreiche Anspielungen und Witze finden kann, zudem kann man dann noch mehr Zeit mit Veronica, Keith, Mac, Wallace und Wevil verbringen, die alle ihren Teil zum Erfolg des Films beitragen. Als Wiederbelebung des Serienuniversums ist "Veronica Mars – Der Film" wirklich gelungen, denn er kann wunderbar unterhalten, bringt einen sofort in die liebgewonnene Welt zurück und macht vor allem Appetit auf mehr. Jetzt heißt es also Daumendrücken, dass uns dieser Wunsch erfüllt wird.

Cindy Scholz - myFanbase
14.03.2014

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