Bewertung
Mamoru Oshii

Ghost in the Shell

Bevor wir uns der Realverfilmung von "Ghost in the Shell" zuwenden, haben wir uns in der "Kazé Anime Night" noch einmal das Original für euch angesehen.

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Inhalt

Im Jahre 2029 hackt sich der "Puppet Master" in die "Shells", die Körper der Menschen. Denn um sich selbst zu verbessern – oder sich zu retten – kann man inzwischen zum Teil oder ganz zum Cyborg werden. Der Bedrohung möchte Major Motoko Kusanagi, selbst ein fast vollständiger Cyborg, die für die Sektion 9 des Innenministeriums arbeitet, entgegenwirken. Als menschlicher Wesenskern ist ihr nur ihr Ghost verblieben – auch, wenn sie selbst manchmal daran zweifelt … Und der Puppet Master ist ebenfalls mehr, als die Sektion 9 vermutet.

Kritik

"Ghost in the Shell" ist nicht ohne Grund nicht nur für viele Animes, sondern auch amerikanische Produktionen zum Vorbild geworden (sei es "Matrix" oder "I, Robot"). Hier bilden Zeichenstil und Effekte, Soundtrack und Stimmung sowie selbstverständlich die Geschichte ein stimmiges Bild, das den Zuschauer so schnell nicht mehr loslässt. 1995 erstmals in den deutschen Kinos, wurde für die DVD 2005 eine neue Übersetzung angefertigt. "Ghost in the Shell" führte ein früheres Werk des Mangaka Masamune Shirow, "Appleseed", thematisch weiter und geht direkt in den Kern der Menschlichkeit.

Doch nicht nur der Sinn des Lebens, sondern ebenso Gender und Staat, mit der Einwanderungspolitik Japans, werden in Frage gestellt. Motoko weiß, was sie will, doch sie hinterfragt, wer sie eigentlich ist. Die Überspezialisierung der Menschen führt zu Fehlern – Mensch-Maschine zu Problematiken, die Motoko in der Zusammenarbeit umgehen möchte, obwohl sie selbst vermutet, alle ihre Erinnerungen seien nicht echt.

In der Filmmusik von Kenji Kawai mischen sich altjapanische Traditionen mit sakralen Chorälen. Die schönsten Einstellungen sind die auf die Großstadt – große Fläche wie Märkte und ein Geflecht an Gassen entführen direkt in diese Welt. Stimmige Lichtverhältnisse treffen auf Details wie graue Wolken am Himmel. Oder Schiffe im verdreckten Wasser. Überhaupt, Wasser ist ein wichtiges Symbol, das sich durch den ganzen Film zieht. Immerhin lautet die Devise: "Jede Information mit der der Mensch in Berührung kommt, ist nur ein Tropfen im Ozean."

Es ist die deutsche Synchronstimme, die Motoko um eine Facette reicher macht: sie wird richtig kokett. In der japanischen Originalfassung macht ihr Charme aber auch ihre unvermittelte Art aus. In den Actionszenen dreht sie dann so richtig auf, dass das Blut spritzt. Dabei taucht auch immer wieder das Motiv von Nacktheit auf. So voyeuristisch, dass man irgendwo gar nicht mehr von Fanservice sprechen kann, also dem bewusst angesetzten "männlichen Blick". Wie bei "Neon Genesis Evangelion" (im selben Jahr erstmals erschienen) und dem Charakter Rei, spürt Vorreiterin Motoko keinerlei Scham, was für eine Art "leeres Gefäß" steht, das ihre Shell nun mal ist. Ein fabelhaftes Illusionsspiel.

Fazit

Mit der "Anime Night" ermöglicht Kazé auch im zweiten Jahr einmal im Monat einer japanischen Geschichte den Auftritt auf der großen Leinwand. Und mit "Ghost in the Shell" präsentiert man einen Klassiker, der noch heute Animes beeinflusst, beispielsweise "Psycho Pass". Dabei ist die Optimierung der Gesellschaft zwar ein inzwischen häufig genutztes Thema, doch sicherlich in Japan noch erstrebenswerter als in unseren Gefilden – wenn auch unser Arbeitsleben sicher immer weniger Mängel erlaubt. Bierernst ist der Anime dennoch nicht – Situationskomik macht ihn aus und ebenfalls die Freundschaft zwischen Motoko und Kollege Batou.

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Simone Bauer - myFanbase
13.06.2017

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