Bewertung
Guillermo del Toro

Shape of Water - Das Flüstern des Wassers

"Unable to perceive the shape of You, I find You all around me. Your presence fills my eyes with Your love, It humbles my heart, For You are everywhere."

Foto: Copyright: 2017 Twentieth Century Fox
© 2017 Twentieth Century Fox

Inhalt

In den USA der 60er Jahre ist die stumme Elisa (Sally Hawkins) gemeinsam mit ihrer Freundin Zelda (Octavia Spencer) Reinigungskraft in einem geheimen Regierungsgebäude. Sie lebt oberhalb eines Kinos und sieht gerne mit ihrem Nachbarn Giles (Richard Jenkins) Fernsehen. Als eines Tages eine geheimnisvolle Kreatur (Doug Jones) von Richard Strickland (Michael Shannon) und dessen Gefolgschaft gefangen genommen wird, im Top-Secret-Regierungsgebäude landet und Elisa diese bei ihrer Arbeit entdeckt, ist sie fasziniert vom ungewöhnlichen Wesen. Auch der Arzt Dr. Hoffstetler (Michael Stuhlbarg) teilt ihre Faszination und möchte das amphibenartige Wesen weiter erforschen. Als Elisa schließlich Gefühle für es entwickelt und Strickland plant, es für Forschungszwecke zu töten, tut sie alles in ihrer Macht, um es zu retten.

Kritik

Stattliche 13 Nominierungen bei den diesjährigen Oscars und hierbei unter anderem der große Favorit auf den Gewinn für den besten Film und die beste Regie: "The Shape of Water" (im Deutschen ohne das "The", dafür aber noch mit dem unnötigen Zusatz "Das Flüstern des Wassers") wird voraussichtlich nicht nur bei der Academy punkten, sondern fand auch Berücksichtigung in zahlreichen Bestenlisten für das vergangene US-Filmjahr 2017. Nach gut zwei Stunden Laufzeit muss man sich aber die Frage stellen: Warum eigentlich? Sieht man davon ab, dass hier die Liebesgeschichte zwischen einer stummen Frau und einem mysteriösen Amphibienwesen thematisiert wird, ist "The Shape of Water" so konventionell und leider damit auch vorhersehbar und flach wie kaum einer der Nominierten.

Der Film nimmt sich gerade zu Beginn massig Zeit, um die Geschichte zu erzählen, und so dauert es recht lang bis der erste richtige Kontakt zwischen Elisa und dem Wesen zustande kommt. Man erfährt in dieser ersten halben bis Dreiviertelstunde zwar einiges über Elisa, unseren Hauptcharakter, aber durch den bewussten Fokus auf die Einsamkeit Elisas und ihr recht monotones Leben, kommen hier bereits erste Abnutzungserscheinungen auf. Als sich Elisa und das Wesen dann schließlich annähern, geht es zwischen den beiden wiederum ungewöhnlich schnell - so schnell, dass eigentlich nie so recht erläutert wird, warum aus Faszination Liebe wird, die sich auch körperlich ausdrückt. Auf der einen Seite erscheinen die zwei Stunden Laufzeit also zu Beginn als zu lang, während man sich gerade in der zweiten Hälfte mehr Zeit gewünscht hätte.

Leider ist es auch so, dass die Geschichte, sieht man von Elisas Gegenstück in dieser Beziehung ab, sehr gewöhnlich ist. Der Plot selbst entwickelt sich im Grunde genau so, wie man es erwartet, da man es in unzähligen fiktiven Werken schon gesehen hat. Der unscheinbare Hauptcharakter, am besten Außenseiter, macht eine fantastische Entdeckung und nähert sich gegen alle Widerstände dieser zusehends an - mal unabhängig davon, ob daraus "nur" eine innige Freundschaft oder eben Liebe wird. Dann vielleicht noch ein wenig Forschungseinrichtung und pseudo-totalitäres Gehabe vom fiesen Antagonisten, der so gar nicht verstehen kann, was das soll und das Glück auseinander bringen möchte. Fertig ist der eher überraschungsarme Film. Sicherlich gibt es vereinzelt Momente, die man in dieser Form vielleicht nicht unbedingt erwartet hätte, aber insgesamt kommt einem das alles schon sehr bekannt vor.

Da hilft auch nicht, dass Sally Hawkins als stumme Elisa eine extrem gute Performance hinlegt. Dadurch, dass sie ihre Stimme nicht nutzen kann, muss sie durch Gestik und Mimik kommunizieren und damit auch so als Hauptdarstellerin überzeugen. Diese Herausforderung meistert Hawkins mühelos und ist so mit Sicherheit eines der Lichtblicke an darstellerischen Leistungen in diesem ohnehin guten Filmjahr. Man fiebert sofort mit ihr als sympathische Außenseiterin mit und wünscht ihr nach dem wenigen Glück, das sie seit ihrer Kindheit hat, dass sie ihren Platz im Leben findet, in dem sie sich wohl fühlt. Ihre bisweilen naive Art, die eine geradezu kindliche Komponente in den Film bringt, bringt ihr automatisch weitere Sympathiepunkte, gerade auch, weil sie es mit einem wahrlich fiesen Gegenspieler zu tun hat.

Da wären wir auch direkt beim nächsten Problem – der Charakterzeichnung. Elisa hat noch am ehesten Profil, aber die anderen Figuren leiden an der märchenhaften Ausrichtung der Geschichte, in der es anscheinend zu stören scheint, dreidimensionale und ambivalente Charaktere zu haben. Auch wenn Michael Shannon ein phänomenaler Schauspieler und als Richard Strickland wirklich furchteinflößend ist, hätte man aus ihm so viel mehr herausholen können, wenn man ihn nur menschlich gemacht hätte. Aber bis auf eine Szene mit der Familie (die gegen Ende aber auch creepy wird) ist er das personifizierte Böse, dem im wahrsten Sinne des Wortes irgendwann auch noch die Körperteile wegfaulen, um seinen fiesen Charakter auch körperlich zu manifestieren. Richard Jenkins als Giles ist der Sidekick, den man irgendwie immer zu brauchen scheint und der noch eine recht unnötige Szene erhält, in der gezeigt wird, dass er homosexuell ist und wie er dafür Ablehnung erfährt, um auch seinen Außenseiterstatus festzulegen und so Sympathien zu schüren. Octavia Spencer als Zelda Fuller ist die freche und mutige Freundin, um Elisas Charakter auszugleichen und Michael Stuhlbarg als Dr. Hoffstettler der unverhoffte Verbündete. Das ist alles bereits zigmal da gewesen und mehr kommt hier leider auch nicht.

Eines muss man "Shape of Water" aber lassen – es sieht phänomenal gut aus. Guillermo del Toro, dem mit "Pans Labyrinth" vor elf Jahren der ganz große Wurf gelang und der mit "Hellboy" oder "Pacific Rim" auch bewiesen hat, dass er ein großes Publikum anziehen und gleichermaßen die Kritiker überzeugen kann, zeigt hier, was er drauf hat. Ein durchgehend einheitliches Farbschema in blau-grün-braun, eine grundlegende Stimmung, der man tatsächlich anmerkt, dass man sich gerade mitten im kalten Krieg zwischen den USA und Russland befindet und sinnvoller Einsatz von CGI machen aus dem Film eine atmosphärische und optische Wucht. Noch dichter wäre die Atmosphäre aber gewesen, wenn sich del Toro hätte entscheiden können - idealistisches Außenseitermärchen oder blutige Brutalität, wie später im Verlauf des Films, die so gar nicht dazu gepasst hat.

Fazit

"Shape of Water" ist eine Mischung aus Romanze und düsterem Märchen, die optisch herausragt und in der Sally Hawkins brilliert. Aufgrund der Vorhersehbarkeit der Handlung, der flachen Charaktere und der fehlenden Balance aus gerade kindlich-naivem Plot und harter Gewalt, ist es aber bei weitem nicht der große Wurf, zu dem es aktuell gemacht wird.

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Andreas K. - myFanbase
26.01.2018

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