Bewertung
Simon Curtis

Downton Abbey II: Eine neue Ära

Foto: Downton Abbey II: Eine neue Ära - Copyright: Universal Pictures International Germany
Downton Abbey II: Eine neue Ära
© Universal Pictures International Germany

Inhalt

Die Crawleys werden von der Nachricht überrascht, dass Lady Violet (Maggie Smith) in Südfrankreich ein Anwesen geerbt hat, das sie nun als Sicherheit an Sybbie Branson (Fifi Hart) geben möchte, doch es droht ein Erbstreit, weswegen einige der Familie mitsamt Bediensteten nach Südfrankeich reisen, um sich vor Ort alles anzuschauen. Lady Mary (Michelle Dockery) bleibt derweil zurück, denn die Kasse der Familie ist klamm, weswegen die Familie das Gesuch einer Hollywoodproduktion annehmen muss, die Downton Abbey als Filmszenerie nutzen wollen. Während gerade das Personal angesichts dieses glamourösen Besuchs völlig aus dem Häuschen ist, zeigt sich schnell, dass die Dreharbeiten von einigen Herausforderungen begleitet sind.

Kritik

2019 ist mit "Downton Abbey" der erste Film zu der gleichnamigen erfolgreichen "britischen Serie" erschienen, die bis 2015 in sechs Staffeln bei ITV ausgestrahlt wurde. Damals war ein wenig der Eindruck entstanden, dass es eine Art Abschlussfilm sein soll, doch offenbar war der Erfolg doch zu reizvoll, weswegen drei Jahre später (etwas verspätet durch die weltweite Pandemie) nun mit "Downton Abbey II: Eine neue Ära" bereits die zweite Verfilmung in die Kinos gekommen ist. Im Grunde lässt sich schnell ein ähnliches Fazit wie nach dem ersten Film ziehen, denn es ist einfach immer wieder für echte Fans der Serie ein Genuss, wieder in die Welt von "Downton Abbey" einzutauchen, denn mit den wohlbekannten Figuren lassen sich immer wieder ein neuer Lebenshöhepunkt erleben, stetig warten neue Herausforderungen für die Crawleys und ihr Personal und es ist immer wieder wie ein Nachhause kommen in etwas sehr, sehr Vertrautes. Deswegen würde ich mir ehrlicherweise wohl auch zehn weitere Kinofilme ansehen, weil es definitiv nicht selbstverständlich ist, eine so vertraute Welt wie Julian Fellowes zu erschaffen, wo man jederzeit wieder einsteigen kann, ohne viel vergessen zu haben. Dennoch lohnt sich natürlich auch ein detaillierter Blick auf den zweiten Kinofilm, der insgesamt einen etwas schwächeren Eindruck hinterlässt.

"Downton Abbey II: Eine neue Ära" ist grob in zwei große Handlungsstränge eingeteilt, wobei sich natürlich zig weitere Nebenschauplätze finden lassen, die mal stärker, mal weniger mit den Hauptgeschichten verwoben sind. Schon im ersten Film habe ich vielfach die Kritik wahrgenommen, dass es zu viele kleinere Handlungsbögen gab. Das habe ich so selbstverständlich auch wahrgenommen, doch ich fand es überhaupt nicht störend, denn ich wollte nach den vier Jahren Pause nun einmal auch wissen, wie es allen Figuren seitdem ergangen ist. Im zweiten Film ist mir dieser Umstand nun aber auch kritischer aufgefallen, zumal eben auch ein deutliches Ungleichgewicht festzustellen ist, was dann doch etwas schade ist, denn in so einem großen Ensemble, da sollte die Produktion keine Lieblinge durchscheinen lassen. Lady Edith (Laura Carmichael) hatte in der Serie immer schon mit einer Außenseiterrolle innerhalb der Familie zu kämpfen und dennoch hat sie ihren Weg beschritten, weswegen es schade war, dass es über interessante Ansätze diesmal nicht hinausging. Denn Edith will wieder als Journalistin arbeiten und die Reise nach Südfrankreich für einen Artikel nutzen. Man sieht sie zwar auch mit Kamera, aber irgendwann wird die Geschichte auch fallen gelassen und stattdessen ist sie zwar präsent, aber eben nur als Figur, die andere Charaktere in entsprechende Richtungen leitet. Aber auch die jahrelangen Fanlieblinge Anna (Joanne Froggatt) und John Bates (Brendan Coyle) haben keine eigenständige Storyline und bei einer Maud Bagshaw (Imelda Staunton) fragt man sich gar, warum sie überhaupt in dem Film aufgetaucht ist.

Dennoch ist mir natürlich bewusst, dass ein Film bei so einem großen Cast auch einen waghalsigen Akt der Balance darstellt, denn es ist schlichtweg von einer realistischen Perspektive her nicht möglich, dass alle eine gut ausgearbeitete Storyline bekommen. Bei Daisy (Sophie McShera), die geschickt Mrs. Hughes (Phyllis Logan) und Mr. Mason (Paul Copley) miteinander verkuppelt, um ihre junge Ehe mit Andy (Michael Fox) besser genießen zu können, passt alles wunderbar, aber schon die Gesundheitssorgen von Lady Cora (Elizabeth McGovern) sind ungeschickt ausgearbeitet worden, denn als es wirklich brenzlig wird, ist es im Grunde schon wieder vorbei. Die angedeuteten Geschichten passen durchaus alle zu den Figuren, aber ab und zu drängt der wehmütige Gedanke hervor, dass es in der Serienversion definitiv ausführlicher behandelt worden wäre. Zudem ist zu merken, dass die Filmhandlung eben auch daran angepasst werden musste, wer wirklich zur Verfügung stand und so ist Matthew Goode als Henry Talbot, Marys zweiter Ehemann, leider nicht zu sehen. Goode war zum Zeitpunkt der Dreharbeiten am Film bei der Produktion von "The Offer" von Paramount+ eingebunden. Zwar passt es zu seinem Charakter, dass er seiner Leidenschaft für den Motorsport nachgeht, aber dennoch gehört Henry eben zum Cast dazu und deswegen fällt es als bedauerlich ins Auge. Andererseits ist aus Bertie Hexham (Harry Hadden-Paton), Ediths Ehemann, auch nicht viel mehr gemacht worden, aber er war wenigstens dabei.

Kommen wir nun zu den beiden Haupthandlungen, wobei ich die Geschichte rund um die Erbschaft in Südfrankreich deutlich schwächer fand. Nachdem eigentlich schon in der ersten Verfilmung ein Abschied von Maggie Smith als Lady Violet angedeutet wurde, war es schon Ehre genug, dass sie für "Downton Abbey II: Eine neue Ära" noch einmal vor der Kamera gestanden hat und es war auch gut, dass der Film ihre Geschichte so in den Fokus gerückt hat, aber diese Affäre mit dem französischen Marquis sowie die daraus entstandenen Vermutungen, dass Robert (Hugh Bonneville) gar kein geborener Crawley sein könnte, das fand ich etwas an den Haaren herbeigezogen, denn dafür ist das Vermächtnis von "Downton Abbey" einfach zu groß, als dass das wirklich eine realistische Möglichkeit hätte sein können und in dem Sinne war es definitiv kein spannender Handlungsbogen. Für Violet war es aber definitiv ein Eintauchen in die Vergangenheit, ein Erinnern an ein 'hätte' und dann die Gewissheit darüber, dass alles gut so war, wie es gekommen ist. Zudem war es wirklich schön, dass sie das Erbe an Sybbie abgetreten hat, um so auch ihre vom Stand her außen vorgelassene Urenkelin versorgt zu wissen. Aber ohne Frage ist auch Südfrankreich als Setting natürlich ein Gewinn gewesen, denn zum ländlichen England waren das doch kontrastreiche Bilder, die definitiv Fernweh erzeugen konnten. Zudem war es natürlich herrlich mit Mr. Carson (Jim Carter) im warmen Süden, der sich aber partout nicht von englischen Gepflogenheiten abhalten wollte. Auch die Sprüche gegen die Franzosen haben auf humorvolle Art und Weise die typischen Klischees bedient, aber das fiel nicht negativ auf, weil es eigentlich gegen Carson selbst in der Konsequenz ging.

Der Handlungsbogen rund um die Dreharbeiten war definitiv durchdachter und hat viel mehr sinnvolle Möglichkeiten ermöglicht. Ob der Flirt zwischen Mary und Regisseur Jack Barber (Hugh Dancy) unbedingt dazu gehört, sei mal dahingestellt, aber es ist im Verhältnis noch geschickt gelöst worden. Mir hat aber vor allem auch die Metaebene gefallen, weil Highclere Castle, das als Downton Abbey fungiert, ebenfalls für Dreharbeiten genutzt wird, so dass sich eine direkte Verbindung ergeben hat. Aber es war auch spannend, dass der Übergang vom Stummfilm zu heutigen Produktionen, wie wir sie mit viel Text kennen, thematisiert wurde. Mir war auch gar nicht bewusst, dass der Übergang vielfältige Herausforderungen bedeutet hat, denn die Darsteller*innen haben sich mit Gestik und Mimik bewährt, während aber klassisches Textsprechen nicht zu ihrem Repertoire gehörte. Das wurde an Neuzugang Myrna Dalgleish (Laura Haddock) dargestellt, die ein wunderschönes Kameragesicht hat, die aber völlig unbeholfen und nichtssagend wirkt, wenn Text hinzukommt. Aber auch abseits davon waren die Dreharbeiten wirklich eine tolle Idee als Rahmensetting, denn wenn Privat- aufs Berufsleben stößt, gab es einige sehr lustige Szenen, aber auch die Einbindung des Personals als Statisten, das war einfach echt schön und so ein klassischer Handlungsbogen, der hervorragend zum Erbe der Serie passt. Auch dass Joseph Molesley (Kevin Doyle) eine zweite Karriere für sich gefunden hat, war absolut herrlich.

Der Film weist auch einen emotionalen Rahmen auf, den ich als sehr geschickt gewählt empfinde. Es geht los mit einem freudigen Ereignis, denn Tom Branson (Allen Leech) feiert sein privates Glück, indem er endlich Lucy (Tuppence Middleton) heiratet. Das war schon einmal ein guter Auftakt, um alle Figuren in Feierstimmung zusammen zu bringen. Das Ende wiederum ist das genaue Gegenteil und ich will auch eigentlich gar nicht so viel verraten, aber es ist definitiv der emotionale Höhepunkt des Films, der absolut richtig und sinnig gewählt ist und der für Fans eben ein sehr einschneidender Moment ist. Dennoch steckt so viel Hoffnung darin, dass die leichte Abschlussnote sofort wieder gefunden wird und damit wirklich ein zufriedenstellendes Ende entsteht.

Fazit

"Downton Abbey II: Eine neue Ära" ist für Fans definitiv wieder ein riesengroßes Vergnügen, weil man sich von dieser fiktiven Welt einfach nicht trennen möchte, ist sie doch die Flucht aus dem Alltag jederzeit wert. Dennoch ist diesmal augenscheinlicher, dass definitiv nicht allen Figuren gerecht werden kann und dass eben auch wegen der Pandemie ein wenig angepasst werden musste, weswegen das Fehlen von Matthew Goode schmerzhaft ins Auge fällt. Auch die Handlungen sind nicht alle gut ausgearbeitet, aber dennoch ist es ein emotional wieder sehr wertvoller Ausflug aufs englische Land, der immer wieder gespickt ist von kleinen Highlights und das ist gerade für Fans das, was doch letztlich zählt.

Filmrezension: Downton Abbey

Zur Serienkolumne: Downton Abbey

Zum Gewinnspiel

Lena Donth - myFanbase
01.05.2022

Diskussion zu diesem Film