Ich. Bin. So. Glücklich.
Inhalt
Die scharfzüngige Ani FaNelli (Mila Kunis) scheint alles zu haben: sie hat eine begehrenswerte Position bei einem beliebten Magazin, sie kleidet sich immer exquisit und mit ihrem Verlobten Luke (Finn Wittrock) wird bald den Mann vom Markt nehmen, den jede Frau gerne hätte. Als sie aber von einem Filmregisseur (Dalmar Abuzeid) angesprochen wird, der eine Dokumentation über ein tragisches Ereignis an der angesehenen Brentley School drehen will, werden alte Wunden aufgerissen. Ani ist eine der wenigen, die damals überlebt haben, aber dass sie sich bislang nie geäußert hat, hat einen Grund. Sie muss sich aber der Wahrheit stellen, denn die Fassade ihres vermeintlich perfekten Lebens bröckelt schon zu sehr.
Kritik
Der neue Netflix-Film "Ich. Bin. So. Glücklich." ist eine Adaption des gleichnamigen Romans von Jessica Knoll (deutsche Ausgabe bestellen). Ich selbst habe das Buch nicht gelesen, auch wenn mir das düstere Cover mit der schwarzen Rose damals definitiv ins Auge gestochen ist. Die ersten Buchrezensionen hatten mich aber nicht überzeugt, weswegen ich mich gegen die Lektüre entschieden habe. Dennoch hat mich die Netflix-Adaption sofort gereizt und das liegt sicherlich vor allem an der Besetzung von Mila Kunis. Auch wenn sie beispielsweise in "Black Swan" schon eine düstere Rolle gespielt hat, so habe ich sie dennoch vor allem aus dem Comedygenre vor Augen. Speziell Beispiele wie "Ted" und die beiden "Bad Moms"-Filmen unterstreichen das für mich. Auch wenn ich "Ich. Bin. So. Glücklich." (Original: "Luckiest Girl Alive") nicht gelesen habe, so hatte eben schon das Cover angedeutet, dass es keine Comedyhandlung gibt, weswegen ich fasziniert war angesichts der Aussicht, Kunis mal wieder einer düsteren Rolle zu erleben. Gleich die ersten Szenen haben auch gezeigt, dass sie wirklich ideal besetzt ist. Denn der Einstieg ist sehr sarkastisch und Kunis gibt ihrer Ani genau den richtigen Biss mit. Der Eindruck bestätigt sich auch den ganzen Film über, selbst wenn andere Seiten noch gezeigt werden. Zwar hat mir ein wenig der Breaking Point von Ani gefehlt, aber andererseits hat es auch inhaltlich gepasst, dass für eine Figur, die so viel erlebt hat, es kein Ich mehr ohne mindestens eine entscheidende Schutzbarriere geben kann. Kunis hat es dabei definitiv geschafft, Ani selbst an ihrem zerbrechlichsten Punkt noch als kühl und unnahbar einzufangen.
Der Film beginnt in einer eigentlich widersprüchlichen Atmosphäre. Das ganze Setting, die Attitüde, die Art von Ani, wie sie alles oberflächlich kommentiert, das hat mich zunächst an Formate wie "Der Teufel trägt Prada", "Sex and the City" oder in einem neueren Beispiel, "Emily in Paris", erinnert. Doch der Unterton passt dazu nicht im Geringsten. Das ist in der anfänglichen Montage immer in so kleineren Szenen zu erkennen, wo sich zeigt, dass Ani das Bild, was sie mühsam nach außen aufgerichtet hat, kaum selbst ertragen kann. Wenn sie beispielsweise in Gedanken Luke gerne aufschlitzen würde, als sie mehrere Messer zur Auswahl in die Hand gedrückt bekommt, oder wenn sie sich heimlich in Sekundenbruchteilen ein Pizzastück in den Mund drückt, um dann anschließend sich zu beschweren, dass sie von ihrem kalorienarmen Salat so satt sei, da passt es endgültig nicht mehr zusammen. Hier kommt eben auch das angesprochene komödiantische Talent von Kunis zur Geltung, denn diese Widersprüche sind irgendwie schon lustig zum Ansehen. Es ist zwar recht hektisch zu Beginn und es ist manchmal gar nicht so einfach, alles gedanklich zu sortieren, aber dennoch entsteht der Effekt, dass man ständig zumindest schmunzeln muss, weil es stellenweise eben so absurd ist. Da habe ich schon kurz gezweifelt, was "Ich. Bin. So. Glücklich." denn nun für ein Genre ist und ob die schwarze Rose wohl fehlgeleitet war, dass es zumindest eine Tragikkomödie ist?
Mit dem ersten Auftreten des Regisseurs Aaron steigen die Fragezeichen zunächst noch mehr an. Denn damit wird eine Vergangenheit angesprochen, der wir völlig unwissend gegenüber stehen. Luke scheint zwar Bescheid zu wissen, aber in welchem Umfang genau, ist mir bis zum Schluss ein Rätsel gewesen. Zunächst hat es überhaupt nicht zu Anis künstlicher Außendarstellung gepasst, dass ihr Verlobter überhaupt etwas passt, aber es ist augenscheinlich, dass er zumindest irgendeine Art von Wahrheit kennen muss. Wir als Zuschauer*innen kommen so nach und nach dahinter und das wird durch urplötzlich einsetzende Rückblenden eingeleitet. Zunächst hatte ich den Eindruck, dass wir nur Fragmente bekommen, aber es gab doch einige sehr lange Passagen in der Vergangenheit. Hierfür wurde Chiara Aurelia für die junge Ani (oder TifAni wie sie dort noch hieß) besetzt. Diese kenne ich bereits aus "Cruel Summer", was auf Prime Video zu streamen ist. Schon dort hat sie mich sehr beeindruckt und auch für diese konkrete Rolle ist sie toll besetzt, wenn ich auch bis auf die brünette Haarfarbe nicht viele Gemeinsamkeiten gesehen habe, aber egal, denn letztlich kommt es auch mehr auf das Schauspielerische an. Aurelia hat definitiv eine Art, mit nur ganz wenig Mimik im Gesicht schon so viel zu erzählen und das ist für so eine Rolle natürlich ein Geschenk. Denn spätestens in der Vergangenheit wird schnell ersichtlich, dass es doch definitiv ein sehr düsterer Inhalt ist, der für "Ich. Bin. So. Glücklich." verarbeitet wurde. Die Szenen sind wirklich stellenweise sehr heftig und schonungslos, von daher definitiv Triggerwarnung, denn neben dem Thema Vergewaltigung haben wir auch noch Amoklauf als Ergänzung. Das so zusammengesetzt ist harter Tobak und es wird augenscheinlich, dass das wirklich eine schwere Bürde für so einen jungen Menschen wie Ani ist. Aurelia hat hier das Leid gut eingefangen bekommen.
In der Gegenwart ist die Erzählung weiterhin nicht so hart, dafür geht aber nach und nach der humorvoll erscheinende Ton weg. Einzig Anis Mutter Dina, die hier von Connie Britton (überraschend oberflächlich für sie, aber dennoch gut gespielt) dargestellt wird, reizt mit ihrer Art die Mundwinkel, wenn sie in einem viel zu engen Kleid an den Beinen und auf viel zu hohen Stöckelschuhen besorgt hinter ihrer Tochter 'hereilt'. Aber die Ereignisse aus der Vergangenheit sowie der Umgang damals und heute lässt schließlich alles an Humor versiegen, denn wie soll man wirklich über Dina lachen, wo sie doch ihr schwer traumatisiertes Kind einfach im Stich gelassen hat und mehr darum besorgt war, dass ihr Ruf ramponiert ist, weil der damalige Dean (Carson MacCormac) die Lüge verbreitet hat, Ani sei an dem Amoklauf selbst beteiligt gewesen. Statt also der sichtbar mitgenommenen Tochter zu glauben, hat sie der starken, mitleiderregenden (weil fortan gelähmt) Stimme eines jungen Mannes geglaubt, der (Überraschung!) der Vergewaltiger ist und nur Anis Glaubwürdigkeit den Bach runterschicken will. Aber nicht alle haben auch Dean geglaubt, viele wussten genau was vorgefallen ist, haben aber bewusst geschwiegen, denn an der elitären Schule, die Ani nur wegen eines Stipendiums besuchen konnte, sind sonst nur einflussreiche Eltern im Hintergrund, wer will sich schon mit denen anlegen?
Auch wenn ich es gut finde, wie schonungslos hier an einigen Stellen mit dem Thema Vergewaltigung umgegangen wird, so ist es insgesamt doch ein zweischneidiges Schwert und ich bin auch unsicher, ob der Amoklauf on top wirklich noch gebraucht wurde. Andererseits ist damit natürlich auch das Thema Rache verbunden, ein weiteres sensibles Thema. Die Ansichten von Arthur (Thomas Barbusca) waren hierzu schon sehr extrem. Er, der in der Schule Teil der Außenseiterclique ist und erst mitbekommt, wie sein Freund Ben (David Webster) missbraucht wird und dann eben Dani mit gleich dreifacher Vergewaltigung. Das ist natürlich als empathischer Freund nicht leicht zu ertragen, aber es wird schnell deutlich, dass er Ben schließlich regelrecht zu dem Amoklauf anstachelt. Es ist erschreckend und macht betroffen, aber bleibt eben auch etwas oberflächlich, denn da der Film sich vor allem mit Ani beschäftigt, fehlt hier die letzte Ebene, um auch bei den beiden richtig einzutauchen. Auch Ani ist von Rache angetrieben, aber von einer anderen Art von Rache. Sie wird Arthur und Ben nicht verurteilt haben, aber sie hat ihre eigenen Wege gesucht, wenn sich dabei aber auch ganz schön viel vorgemacht. Denn ohne Therapie und nur mit einer scheinbar schönen Fassade wird man nicht glücklich. Zudem hat sie eine ständig unterdrückte Wut, die sich eben in diesen Gewaltfantasien manifestiert. Deswegen war es am Ende gut, dass Ani an dem Punkt angekommen ist, ihre eigene Geschichte erzählen zu können. Ihre Rache ist am Ende ihr Talent zu schreiben und der Gesellschaft damit eine Wahrheit aufzudrücken, die sie nicht hören will. Sie gibt ihr altes Leben auf und ganz vielleicht wird sie damit sogar auf eine echte Art und Weise glücklich.
Fazit
"Ich. bin. so. glücklich." ist, wenn man sich vorab nur wenig mit dem Inhalt und der Rezeption beschäftigt hat, harter Tobak und deswegen spreche ich mal eine Triggerwarnung aus, dass es zum Thema Vergewaltigung sowie Amoklauf einige explizite Szenen gibt. Auch wenn der Film deswegen definitiv einen Balanceakt wählt, ist er inhaltlich auf jeden Fall wichtig und hat mich mit einigen Intentionen an Promising Young Woman erinnert. Mila Kunis ist sehr gut besetzt worden wie auch Chiara Aurelia für die Vergangenheit, weil sie den schweren Stoff zu tragen haben und die Aufgabe meistern. Vielleicht ist der Erzählton am Anfang etwas irreführend, auch wenn er in den Gesamtkontext durchaus passt, aber es bereitet nicht wirklich auf das vor, was kommt. Man muss sich wirklich darauf einlassen können und wird dann auch mit einer leichteren Note belohnt, die sogar Hoffnung macht.
Lena Donth - myFanbase
11.10.2022
Diskussion zu diesem Film
Weitere Informationen
Originaltitel: Luckiest Girl AliveVeröffentlichungsdatum (USA): 07.10.2022
Veröffentlichungsdatum (DE): 07.10.2022
Länge: 113 Minuten
Regisseur: Mike Barker
Drehbuchautor: Jessica Knoll
Genre: Thriller, Drama
Darsteller/Charaktere
Mila Kunis
als Ani FaNelli
Chiara Aurelia
als junge Ani
Finn Wittrock
als Luke Harrison
Connie Britton
als Dina
Scoot McNairy
als Andrew Larson
Justine Lupe
als Nell Rutherford
Dalmar Abuzeid
als Aaron Wickersham
Alex Barone
als Dean Barton
Jennifer Beals
als Lolo Vincent
Carson MacCormac
als junger Dean
Thomas Barbusca
als Arthur Finnerman
Isaac Kragten
als Liam Ross
Gage Munoe
als Peyton Powell
Alexandra Beaton
als Hilary Hutchinson
Nicole Huff
als Olivia Kaplan
Rebecca Ablack
als Beth Fuller
David Webster
als Ben Hunter
Brigitte Robinson
als Mrs. Harrison
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als Mr. Harrison
Leah Pinsent
als Hallsy Harrison
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