Bewertung
Paul Feig

The School for Good and Evil

Foto: The School for Good and Evil - Copyright: 2022 Netflix, Inc.
The School for Good and Evil
© 2022 Netflix, Inc.

Inhalt

Sophie (Sophia Anne Caruso) und Agatha (Sofia Wylie) wachsen gemeinsam im Dorf Gavaldon auf und sind als Außenseiterinnen schon in jungen Jahren beste Freundinnen geworden. Während Agatha von allen für eine Hexe gehalten wird, so sehnt sich Sophie nach einem Leben als Prinzessin und sie glaubt, dass sie das für sich erfüllen kann, als sie durch die Bibliothekarin Mrs. Deauville (Patti LuPone) von der School of Good and Evil hört. Die beiden werden tatsächlich von einer unheimlichen Kraft entführt und landen aber doch vermeintlich auf den falschen Seiten. Während Sophie sich bei den 'Bösen' unter der Leitung von Lady Lesso (Charlize Theron) wiederfindet, ist Agatha bei den 'Guten', geleitet von Professor Dovey (Kerry Washington). Obwohl es heißt, dass bislang noch nie ein Fehler gemacht wurde, kann man das Schicksal laut dem Schulleiter (Laurence Fishburne) ändern, doch sie ahnen nicht, dass sie damit einer bösen Macht zuspielen, die im Hintergrund die Fäden zieht.

Kritik

Netflix' "The School for Good and Evil" beruht auf einer gleichnamigen Jugendbuchreihe von Soman Chainani (ersten Band der Reihe bestellen), an deren Cover ich mich optisch sofort wieder erinnern konnte, als ich sie nun wieder vor Augen hatte. Der erste Band erschien 2017 und auch wenn das ganze fünf Jahre her ist, so hatte ich damals alleine wegen der Covergestaltung für mich entschieden, dass ich nicht die angepeilte Zielgruppe bin. Mit der Adaption für den Streamingdienst nun, für die große Namen wie Charlize Theron, Kerry Washington, Laurence Fishburne und Cate Blanchett als Erzählerin gewonnen werden konnte, wurde das Interesse automatisch geweckt, denn es deutet definitiv an, dass hinter der Buchreihe mehr steckt, als ich ihr zugetraut habe. Als ich mich dann auch mehr mit der Thematik auseinandersetze, fand ich es auch sehr interessant, dass sich Autor Chainani in seiner Doktorarbeit mit Frauen als Bösewichte in Märchen auseinandergesetzt hat und daraus schließlich die Idee für seine Jugendbuchreihe entstand. Oft ist das hinter die Kulissen Blicken definitiv der Schlüssel, um sich mehr für Inhalte zu begeistern, denn als Märchenfan, als Fan von Disney, als Fan von Sagengestalten sind mir Chainanis Lieblingswelten sehr vertraut und man merkt der Verfilmung doch deutlich diese Ehrfurcht an und das ist definitiv ein Pluspunkt.

Die Jugendbuchreihe ist mit sechs Bänden angekündigt, Netflix hätte also genug Material, um ein Franchise zu inszenieren und der Auftakt lässt auf jeden Fall erahnen, dass es Potenzial genug gibt. Doch schnell wurde mir auch klar, dass für diese erste Verfilmung vielleicht auch schon zu viel gegeben wurde. Mit stolzen fast zweieinhalb Stunden Laufzeit wird unheimlich viel geboten und in einem immens großen Cast bemerkte ich irgendwann auch eine gewisse Überforderung, alle Figuren noch richtig zuzuordnen. Zwar sind die meisten ganz offensichtlich nur Füllmaterial, denn an ihnen ist das Spannendste eigentlich nur, wer ihre bekannten Vorfahren sind, wie Hort (Earl Cave), der Sohn von Captain Hook oder Gregor (Ally Cubb), der Sohn von Prinz Charming. Dennoch fand ich es vom Grundsatz her spannend die einzelnen Verbindungen zu erkunden, doch gerade in der ersten Szene, wo beide Schulen aufeinandertrafen, hat es die Informationen regelrecht gehagelt. Das ist auch ein Muster, das sich nicht nur bei den Charakteren zeigt, sondern in vielen Bereichen. Auch "Harry Potter" (nicht umsonst als Vergleich hinzugezogen, dazu gleich mehr) ist eine sehr komplexe Welt, aber dort ist man auch mit auf eine Reise genommen worden, um alle mit in Zaubererwelt zu nehmen. Die von Chainani geschaffene Welt, die hier durch Paul Feig auf die große Leinwand gebracht wird, wird ähnlich viele Facetten haben, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass es das Hauptanliegen des Films war, hier ging es mehr um die Action, um Effekte und Inszenierungen. Das ist nicht grundsätzlich verwerflich, wenn aber wirklich ein Franchise angedacht ist, dann wird es eher ungünstig.

"Harry Potter" habe ich angesprochen, denn die optischen und inhaltlichen Parallelen sind nicht zu verhehlen. Als Nicht-Buchkennerin fällt es mir nun nicht einfach abzuschätzen, ob dieser Gedanke sich auch schon in der Vorlage aufdrängt, oder ob es erst durch die Adaption in diesem Ausmaß augenscheinlich wurde. Weiterhin scheint die Umsetzung auch zwischen Hommage und Parodie zu schwanken, aber vielleicht ist es hier auch meine Subjektivität, die mir manchmal den Eindruck von Ironie vermittelt hat, obwohl es vielleicht ganz ernsthaft gemeint war. Insgesamt kann man aber das Spielen mit Klischees und Erwartungshaltungen nicht ignorieren und vielleicht passt die Parodie dann doch wieder. Denn eine Parodie muss schließlich nicht automatisch eine Abwertung sein. Der Eindruck entsteht auch oft über das Optische und hier hat Regie sowie Kostüm groß aufgefahren. Während an der Schule der 'Bösen' jede eingekleidete Figur Halloween alle Ehre macht, scheinen die Mitglieder bei den 'Guten' aus "Bridgerton" entstiegen, denn es knallen die Farben regelrecht und auch sonst kommt die Atmosphäre sehr viktorianisch daher. Das ist ein großer Kontrast zwischen den Häusern, der auch immer wieder durch die Musikwahl aufgebrochen wird. Denn es wirkt alles wie in einem anderen Zeitalter, aber Olivia Rodrigo und Billie Eilish durften dennoch auftreten ("Bridgerton" erwähnte ich schon, oder?). Aber auch bei den Effekten wird es an nichts gespart. Das sieht durchaus in den großen Szenen, wenn viele Figuren aufeinandertreffen, spektakulär aus, unterstreicht aber nur wieder, dass man eigentlich gar nicht richtig versteht, wie die Magie in dieser Welt funktioniert.

Nach dieser bislang doch deutlichen Kritik will ich auf das zentrale Hauptthema des Films kommen, das mir nämlich durchaus gut gefallen hat, wenn auch hier gewisse Aha-Momente nicht neu sind, aber da es eben vorrangig für eine jugendliche Zielgruppe gedacht ist, kann man es nicht oft genug inhaltlich verpacken. Denn im Großen und Ganzen fordert der Film auf, jenseits des Schwarz-Weiß-Denkens sich einzufinden. Das ist schon zu Beginn der Handlung deutlich zu merken. Sophie erträumt sich in eine Prinzessinnenwelt, aber so wie sie ihrer Umwelt gegenüber stellenweise auftritt, vor allem ihrer Stiefmutter Honora (Rachel Bloom) gegenüber (ich musste hier doch sehr an Aschenputtel die ganze Zeit denken), passen die Stereotypen einer Prinzessin überhaupt nicht zu ihr, auch wenn sie vielleicht sehr schönes blondes Haar hat. Agatha wiederum, die schon einen typischen Hexennamen verpasst bekommen hat und von allen verurteilt wird, bei ihr merkt man gleich etwas sehr Menschliches, denn sie war es schließlich auch, die nach dem Tod von Sophies leiblicher Mutter Vanessa (Stephanie Siadatan) den ersten Schritt auf sie zugemacht hat, so dass die Freundschaft zwischen ihnen entstehen konnte. Als die beiden dann später an den Schulen landen, ist auch offensichtlich, dass nur Sophie sich falsch aufgehoben fühlt, während Agatha gleich diejenige ist, die sich keiner Schulform zuordnet und stattdessen einfach nur nach Hause will.

Kein Wunder also, dass Agatha DIE Figur ist, um mit allen Konventionen zu brechen, denn sie durchschaut stets, wie absurd alles ist. Im Grunde zeigt sich auch an der Schule deutlich, dass sich auf beiden Seiten viele furchtbare Menschen tummeln, ob sie nun schwarz oder bunt gekleidet sind, sie verhalten sich aus unterschiedlichen Gründen abscheulich und unmenschlich. Während man das bei den 'Bösen' noch als 'muss so' einordnet, ist das Verständnis von 'gut' bei den 'Guten' dann schnell aufgebraucht. Denn so oberflächlich und arrogant wie die Damen Agatha empfangen, als sie gerade auf dem Gelände abgeworfen wurde, da stellen sich einem schnell die Nackenhaare auf. Auch Tedros (Jamie Flatters), im Übrigen der Sohn von König Artus, und der beliebteste Junge bei den 'Guten', der wie ein wahrer Märchenprinz daherkommen soll, büßt mit seinem Extraauftritt gleich an Sympathien ein, denn warum muss er sich unbedingt von allen abgrenzen? Dass damit beide Schulformen völlig austauschbar sind, wird in einer späteren Szene eindrucksvoll unterstrichen, denn dieses Entlarven von Stereotypen passte hier sehr gut ins Bild. Im Grunde kann man die fehlenden Unterschiede auch bei den beiden Leiterinnen Lesso und Dovey festmachen, denn so wirklich glücklich sind beide nicht in ihrer Aufgabe, doch sie haben gelernt, nach den auferlegten Regeln zu leben. Speziell bei Lesso, die ihrer Liebe für das Dunkle gerne frönen würde, merkt man deutlich, dass es weniger um das 'Böse' an sich geht, sondern vielmehr um das menschliche Grundbedürfnis nach Liebe, nur dass sie sich eben den Falschen ausgeguckt hat. Das Einzige rein 'Böse' an diesem Film ist Rafal, der wunderbar von Kit Young dargestellt wird. Der Schauspieler ist einem breiteren Publikum durch "Shadow & Bones" bekannt geworden und er war dort schon Scene Stealer und kann auch jetzt wieder beweisen, dass er etwas Mysteriöses hat, zu dem man sich immer hingezogen fühlt, weil er einen ungeheuren Charme versprüht. Aber Wirkung hin oder her, Rafal hat Motive, die keinen Funken Positives an sich haben und deswegen verbünden sich am Ende auch alle gegen ihn. Ansonsten kommt eben die Botschaft des Films gut rüber und garniert das mit toller Freundschaftssymbolik sowie ein bisschen Liebe, Versöhnung hier und da.

Fazit

"The School for Good and Evil" bauscht sich zum Start einer offenbar intendierten Filmreihe ganz schön auf, sei es wegen der Laufzeit, aber auch wegen der Effekte, Farben und sonstigen optischen Begebenheiten. Leider kann diese schöne Hülle nicht immer darüber hinwegtäuschen, dass die Welt nur leidlich aufgebaut und erklärt wird, da viel zu früh in die Vollen gegangen wird. Inhaltlich gibt es dennoch schöne Botschaften sowie coole Referenzen auf Sagen und Märchen. Sollte tatsächlich mehr kommen, würde sich diese Filmwelt aber einen Gefallen tun, indem sie mehr am Grundgerüst feilt, denn das wackelt noch zu sehr.

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Lena Donth - myFanbase
25.10.2022

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