Bewertung
Michael Showalter

Als du mich sahst

Foto: Als du mich sahst - Copyright: Amazon MGM Studios
Als du mich sahst
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Inhalt

Die 40-jährige Kunsthändlerin Solène Marchand (Anne Hathaway) beginnt eine unerwartete Beziehung mit dem 24-jährigen Hayes Campbell (Nicholas Galitzine), einem der Mitglieder der angesagten Band August Moon, nachdem sie in seinen Trailer geplatzt ist und sie sofort etwas zwischen sich gespürt haben. Während sie sich spontan auf einen Flirt und mehr einlassen, dauert es aber nicht lange, bis sein Superstar-Status sowie die öffentlichen Meinungen über Solène ihr Glück bedrohen.

Kritik

"The Idea of You" ist im deutschen Buchmarkt bis zu diesem Jahr nicht bekannt gewesen, aber international gab es schon länger einen Hype um das Buch von Robinne Lee. In den letzten Jahren haben einige Geschichten, die sich aus Fan Fictions entwickelt haben, als sehr beliebt erwiesen und wen viele davon betreffen, lässt sich ein Muster erkennen. So gab bereits Anna Todd mit ihrer ebenfalls schon adaptierten "After"-Reihe zu, dass sie bei ihrem Protagonisten den ehemaligen One Directions-Sänger Harry Styles vor Augen hatte. Ähnlich war es auch bei Lee, die aber inzwischen hat verlauten lassen, dass sie es bereut, einmal Styles als Inspiration für Hayes Campbell im Kopf gehabt zu haben. Aber es ist ersichtlich: Diese Geschichten kommen an. Mit dem Casting von Hathaway und Galitzine, der sich immer mehr auf der Überholspur befindet seit "Purple Hearts" und "Mary & George", ist sicherlich noch ein weiterer Schub dazu gekommen, da bekanntlich auch Schauspieler*innen verführen können, sich mal einen Film oder Serie anzuschauen. Mich persönlich hat die Prämisse interessiert, dass eine Liebesgeschichte mit großem Altersunterschied erzählt wird. Es ist doch immer noch eine Art Tabu-Thema, so dass man es fiktiv gar nicht so oft verarbeitet sieht. Dementsprechend habe ich das Buch vorab gelesen und habe durchaus ein Buch mit Schwächen, aber spannenden Prämissen und vielen romantischen Momenten bekommen, weswegen ich sehr begierig war, wie es nun für den Film umgesetzt worden ist.

Zunächst war ich überrascht, wie viele Unterschiede sich zum Buch ergeben haben. Auch wenn es nach den immer zahlreicher werdenden Adaptionen inzwischen schon bekannt ist, dass sich kein Buch eins zu eins auf den Bildschirm übertragen lässt, so war ich hier dennoch überrascht. Denn es waren ganz sicher keine technischen Entscheidungen, sondern bewusste kreative Unterscheidungen. Ein sehr offensichtliches Beispiel ist das angepasste Alter von Hayes von 20 auf 24, aber auch Solènes Tochter Izzy (Ella Rubin) ist mehr am Ende ihrer Pubertät als am Anfang. Auch in der Handlung hat es viele Veränderungen gegeben, wobei das Ende sicherlich die größte und auch mutigste Abwandlung ist. Ich würde auch gar nicht alles verteufeln wollen, weil die für mich interessanten Themen des Buchs erhalten geblieben sind, vielleicht etwas abgewandelt, aber im Kern getroffen. Aber nein, mit so vielen Veränderungen hätte ich wirklich nicht gerechnet. Deswegen kann ich an dieser Stelle auch festhalten, alle die, die das Buch nicht gelesen haben, sind zumindest in dem Vorteil, dass sie die Vergleichsebene nicht betreten und daher den Film ganz anders erleben können. Dennoch gab es auch genug Aspekte, die ich ganz abseits der Buchvorlage bewerten kann.

Ich bin sehr gut in den Film gestartet. Ich war im Vorfeld besonders auf Hathaway als Solène gespannt gewesen. Ihre Karriere ist in den letzten zwei Jahren immer mal wieder intensiver beleuchtet worden. Ich mochte sie als Schauspielerin durch "Plötzlich Prinzessin", "Der Teufel trägt Prada" oder auch "Les Misérables" eigentlich durchweg, weswegen es mich etwas überrascht hat, dass sie einige schwere Jahre in der Branche hatte. Aber sie hat sich auch Zeit für ihre Mutterschaft genommen. Doch jetzt ist wieder voll da und ich fand sie in diesem Film wirklich grandios. Das Casting ist bei ihr auch insofern gelungen, weil sie auf jeden Fall wie eine reife Frau daherkommt, der man die 40 auch gut und gerne abnimmt. Und dennoch hat sie etwas sehr jugendlich-Elanvolles an sich, was Solène den Eindruck gibt, dass ihr Leben vielleicht jetzt erst richtig anfängt. Genau diese Charakterzüge mussten auch durchkommen, um nachvollziehen zu können, warum sie sich auf einen Popstar einlässt, der noch gar nicht lange volljährig ist. Ich fand es aber auch gut rübergebracht, wie sie als Frau mit einer jugendlichen Tochter und hinter den Scherben ihrer Ehe ihr Leben zu meistern hat. Mit Izzy pflegt sie eine sehr liebevolle Beziehung, man könnte sie fast schon als beste Freundinnen bezeichnen, was natürlich Fluch und Segen zugleich sein kann. Aber wir erleben sie auch sehr verletzt durch die Taten ihres Ex Daniel (Reid Scott), nur dass sie das nie wirklich ausgelebt hat, weil sie ihm und der Neue, Eva (Perry Mattfeld), stets überfreundlich begegnet. Dennoch brodelt es in ihr und sie muss sich das Alleinsein manchmal auch regelrecht schmackhaft machen. Dementsprechend fand ich es sehr authentisch dargestellt, wie das Leben einer 40-Jährigen zu diesem Zeitpunkt aussehen kann.

So begeistert ich war, Hathaway in die Rolle von Solène schlüpfen zu sehen, so sicher war ich mir eigentlich, dass Galitzine Hayes schnell wunderbar für sich beanspruchen wird, auch weil ihn durch die Neuinterpretation von "Cinderella" an der Seite von Camila Cabello schon habe singen hören. Er hat aber auch den nötigen Charme und dennoch die jungenhafte Verletzlichkeit sofort mit gebracht. Die erste Szene der beiden im Trailer (die es im Buch so übrigens auch nicht gibt) war echtes Kino. Eine tolle Meet-Cute-Szene, wie man so gerne sagt, denn die Luft flirrte sofort und es war klar, diese beiden werden es gestemmt bekommen, die Liebesgeschichte so zu erzählen, dass sie von Anfang an als echt und unwiderstehlich daherkommt. Dazu hat mich auch sofort begeistert, dass die Musik eine große Rolle spielen darf. Das hat mich beispielsweise auch schon bei "Daisy Jones & The Six" als Adaption zur Serie schwer begeistert und hier reißt es mich auch mit. August Moon sind eine fiktive Band und Lee hat im Buch auch gar nicht erst groß Songtexte oder Ähnliches en masse angeboten, aber um Hayes als Figur zu verstehen und warum um ihn so ein Hype herrscht, war es wichtig, ihn als Bühnenpräsenz zu zeigen. Er und seine Bandkollegen kommen wie eine typische Boyband an. Alle, die schon mal Fan von solchen Gruppen waren oder immer noch sind, die wissen, was dort passiert und ich fand es seht gut rübergebracht. Ganz nebenbei sind auch ein paar nette Ohrwürmer entstanden. Yeah, August Moon!

Dieses ganze erste intensive Kennenlernen ist sehr gut rübergebracht worden. Hathaway hatte in Interviews in den Castingprozess blicken lassen und was dann alle bei Galitzine gespürt haben, das ist auch transportiert worden, weswegen der Film lange von der sehr, sehr guten Chemie lebt, auch wenn natürlich früh auch Störgeräusche da sind, weil Solène beispielsweise mit niemandem über die neue Beziehung redet. Dennoch wirkt es wie eine eigene Welt, die sich die beiden Figuren trotz ständig auflauernder Fans aufbauen und aus der wir auch als Zuschauer*innen nicht raus wollen. Danach hat der Film aber mit der Europatournee für mich einen kleinen Bruch bekommen. In dieser Phase wird viel mit Montagen gearbeitet, um so eine länger vergehende Zeit kompakt abzubilden. Vom Buch her weiß ich aber, welche komplexe Zeit dies war und wie viele Nuancen sich an den Herausforderungen der ungewöhnlichen Beziehung zeigen ließen. Deswegen wirkt dieser Teil in meinen Augen sehr oberflächlich und er bestätigt auch einen wichtigen Eindruck aus dem Buch, wenn es auch ganz unterschiedlich zustande kommt. Für die Vorlage hatte ich Bedauern ausgedrückt, dass wir Hayes' Perspektive nicht bekommen und hatte ein wenig gehofft, dass sich das durch einen Film und wie anders dort erzählt werden kann, auflösen würde. Tatsächlich habe ich ihn als Figur durch das, was ich angeboten bekommen habe, gut verstanden, wenn es aber dennoch eher Solènes Film ist. Aber das aus dem Buch Ausgelassene war im Grunde all das, was wir überhaupt zu Hayes bekommen haben und das nun gar nicht zu bekommen, das hat mich irritiert. Dennoch finde ich auch ohne Buchkenntnisse, dass der Film durch die Montage sehr antreibt und dieses Langsame, Genießerische vom Anfang geht komplett verloren.

Ich habe in der Phase gemerkt, dass ich etwas abgedriftet bin, weil wenn die Magie einer Liebesgeschichte verloren geht, dann ist das schon ein gewaltiger Fauxpas. Zum Glück bekommt das Schlussviertel wieder die Ruhe, die wir vorher hatten. Ich wurde wieder eingefangen, auch weil in diesem Teil die Konflikte noch einmal genau auf den Punkt gebracht werden. Zwar ist beispielsweise die Kinder-Thematik ausgeklammert worden, aber das ist auch nicht das Einzige, was eine Beziehung mit großem Altersunterschied herausfordernd macht, von daher war das völlig okay. Wie ich aber das komplett unterschiedliche Ende bewerten soll? Schwierig. Denn gerade das Ende eines Buchs ist doch oft die Antwort daraus, was der Autor oder die Autorin im Kern sagen wollte. Ich fand das Buchende mutig, zumindest angesichts der Zielgruppe solcher Romane, habe die Wahl aber gut verstanden. Aber ja, vielleicht war die Änderung auch clever, weil mehr Menschen Filme schauen als Bücher zu lesen und so wurde breiter Fanservice geschaffen. Ich mochte den Moment sehr, wirklich, weil da alles Gute an dem Film wunderbar eingefangen wurde, aber gleichzeitig ist doch auch Enttäuschung da.

Fazit

"Als du mich sahst" ist als eher seltener Liebesfilm, der einen größeren Altersunterschied des Paares in den Fokus rückt, gut gelungen, weil es durch Anne Hathaway und Nicholas Galitzine hervorragend gelungen ist, zwei Charaktere zu schaffen, denen man die tiefe Liebe schnell und intensiv abnimmt. Ohne Buchkenntnisse wird man ihn auf jeden Fall sehr genießen können, auch weil der musikalische Fokus schön rübergebracht wurde. Mit Buchkenntnissen ist es aber ein anderes Erlebnis, weil extrem viel von der Vorlage abgeändert wurde und dann auch noch mit einem komplett anderen Ende aufwartet. Letztlich ergeben sich aber im Film durch ganz andere Begebenheiten dennoch ähnliche Schwächen wie im Buch, denn vor allem die Darstellung von Hayes leidet etwas. Insgesamt ist es dennoch ein Film, den ich für Fans des Genres bekräftigend empfehlen würde.

Lena Donth - myFanbase
06.05.2024

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