Berlinale 2013: Tag 1

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Trotz regnerischen Wetters und kühler Temperaturen versammelten sich zahlreiche Schaulustige rund um den roten Teppich, um die anreisenden Stars zur Eröffnung der 63. Berlinale ausgiebig zu bejubeln. Manch einer war sogar so begeistert über den Auftakt der Berliner Filmfestspiele und die zahlreichen Stars aus dem Filmbusiness und der Politik, dass das Ausharren am roten Teppich nicht mehr genügte und somit ein Versuch unternommen wurde den roten Teppich zu stürmen. Während die Sicherheitskräfte am roten Teppich also allerhand zu tun hatten, wurde es mir persönlich schnell zu kalt und so bewegte ich mich schnell wieder ins wesentlich wärmere Lichtspielhaus, um dem zu frönen, worum es auf einem Filmfestival eigentlich geht: Dem Schauen von möglichst vielen abwechslungsreichen Filmen.

Davon hatte der Eröffnungstag der Berlinale auch allerhand zu bieten: Los ging es morgens in der Früh mit der Österreichischen Dokumentation "Die 727 Tage ohne Karamo", in der auf eindrucksvolle und filmisch sehr interessante Weise das Thema binationale Partnerschaften anhand zahlreicher Einzelschicksale zum Thema gemacht wurde. Gnadenlose Bürokratische Gesetzestreue trifft hier auf zukunftsfähige Liebe. Ein Film, der einen ein Thema plastisch vor Augen führt, welches im gesellschaftlichen Diskurs vielleicht noch häufiger thematisiert werden müsste und zeigt wie schwer es in unserer heutigen Welt noch sein kann einfach nur mit dem Partner zusammen zu sein, mit dem man zusammen sein möchte.

Nach einem kurzen Abstecher in die Pressekonferenz, in der die Wettbewerbsjury die Bedeutung der Berliner Filmfestspiele und den hohen Frauenanteil in der diesjährigen Jury lobte, ging es zur zweiten Filmvorstellung des Tages, dem Martial-Arts-Epos "The Grandmaster", welches vom Jury-Präsidenten Wong Kar Wai höchstpersönlich inszeniert wurde und welches gleichzeitig auch am Abend die Festspiele offiziell eröffnete. Der Film war aus filmästhetischer Sicht sicherlich ein rauschhafter Bilderreigen voll spektakulärer Kampfszenen. Selten hat man im Kino Wassertropfen majestätischer auf den Boden auftropfen sehen. Aus erzählerischer Sicht war Kar Wais Film aber leider eine Enttäuschung: Zu konfus, zu sprunghaft und ohne klare erzählerische Linie verquickt er die Lebensgeschichte des legendären Kung-Fu-Meisters Ip Man mit zentralen Entwicklungen der jüngeren chinesischen Geschichte. Hat man sich an der Bilderpracht erst mal satt gesehen, bleibt ein Film, dem man irgendwann einfach nicht mehr folgen kann und auch nicht folgen will. Zu oberflächlich und uninteressant bleibt die Figurenzeichnung, zu anstrengend in seiner Umsetzung die eigentliche Geschichte. Freunde des asiatischen Martial-Arts-Kinos werden an diesem, an spektakulären Kampfszenen nicht armen Film sicherlich trotzdem ihre Freude haben.


Wesentlich interessanter war dann das intensive, vor allem auch durch seine Musik berührende kleine, unabhängig produzierte Drama "I Used to Be Darker", in dem eine 19-jährige nordirische Ausreißerin Zuflucht bei ihrer sich gerade in der Trennung befindenden amerikanischen Verwandten sucht und feststellen muss, dass der Begriff Heimat heutzutage immer undefinierbarer wird. Mehr dazu auch in meiner ausführlichen Kritik zum Film.

Abgeschlossen wurde der Tag dann noch mit dem griechischen Drama "The Daughter", in dem ein junges Mädchen den Sohn des Geschäftspartners ihres Vaters kidnappt, um dadurch ihren Vater vor dem finanziellen Ruin zu retten. "The Daughter" lässt einen ein wenig zweigespalten zurück. Die Grundthematik des Films, der die brisante Situation des in der weltweiten Wirtschaftskrise versinkenden Lands Griechenland an einem Einzelschicksal deutlich macht, ist durchaus gelungen. Die Umsetzung dieser Kidnapping-Story fehlt es dann aber schlussendlich an innerer Sprengkraft und einem funktionierenden Spannungsbogen. Nie entwickelt der Film wirklich ein Eigenleben und entfernt sich von seiner thesenhaften Ausgangsidee. Ein theoretisch guter Film, der in der Praxis dann aber mit Ausnahme des intensiven Schlussaktes dann doch eher enttäuscht. Das Fazit des ersten Tages fällt insgesamt also gemischt aus. Die Vorfreude auf den zweiten Tag mindert dies aber gewiss nicht, erwarten einen dort doch Stars wie Joseph Gordon-Levitt, Scarlett Johansson und Matt Damon auf der Leinwand.

Moritz Stock - myFanbase

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