Berlinale 2013: Tag 9
Der letzte offizielle Wettbewerbstag ist an diesem Freitag bereits gekommen und aus diesem Grund habe ich mir dann heute auch nochmal vier Wettbewerbsfilme angesehen, wobei zwei davon außer Konkurrenz liefen.
Früh am Morgen begann der Tag im Berlinale-Palast mit der koreanischen Tragikomödie "Nobody's Daughter Haewon", welcher die Geschichte der Filmstudentin Haewon erzählt, die sich leicht verloren wirkend durch den Alltag treiben lässt, eine Affäre mit ihrem Professor hat und mit ihrer Mutter noch einen letzten Tag verbringt, bevor diese nach Kanada reist. Der Film wird getragen von einer tiefen Melancholie, von einer sanften Sehnsucht und der Schilderung kleiner Einzelmomente, die sich schließlich aber nicht ganz zu einem homogenen Ganzen zusammenfügen. Ein Film der kleinen alltäglichen Begegnungen, der Suche nach dem Mehr im Leben und der Verlorenheit. Ein verträumter kleiner Film, der sowohl berührende wie auch humorvolle Elemente aufweist, der leicht dahingleitet, ohne einen dabei aber komplett zu fesseln oder zu begeistern.
Ein ganz anders gearteter und im sonst größtenteils so bierernsten Wettbewerb wie ein Fremdkörper wirkender Film ist der Animationsfilm "Die Croods". Hier haben wir es mit dem neuesten Animationsspektakel aus dem Hause Dreamworks zu tun, welches zuletzt mit "Drachenzähmen leicht gemacht" für Furore sorgte. Mit dem im Steinzeitalter angesiedelten Film um eine Familie von Höhlenbewohnern, die sich mit dem Ende der steinzeitlichen Ära auseinandersetzten müssen, ist Dreamworks ein schwungvoller, gewitzter, aber auch oft viel zu überdrehter und schriller Film gelungen, dem die clevere Doppelbödigkeit der Pixar-Produktionen größtenteils abgeht. Der Film ist häufig ganz witzig, hin und wieder auch rührend und verbreitet eine für Kinder ganz nette Moral, haut einen schlussendlich aber auch nicht aus den steinzeitlichen Latschen. Die Stimmen werden übrigens im Original von Hollywoodstars wie Emma Stone, Nicolas Cage und Ryan Reynolds gesprochen. Stone und Cage waren dann auch in Berlin, um den Film zu präsentieren und vor allem Cage wirkte auf der Pressekonferenz leicht angenervt, gleichzeitig aber auch ungemein lässig und abgeklärt. Ein echter Hollywoodstar eben.
Danach ging es zum französischen Wettbewerbsbeitrag "On my Way", eine Art Road-und Selbstfindungstrip mit dem französischen Superstar Catherine Deneuve, welcher größtenteils ohne rechten Schwung vor sich hinplätschert, hin und wieder dann aber ganz gewitzte Momente aufweist und insgesamt schlichtweg ein Starvehikel für Deneuve ist, die den Film durch ihre unvergleichliche Art dann auch im Alleingang trägt und rettet. Der Film leidet insgesamt an seiner kompletten Konfliktarmut. Alle Konflikte und Problemlagen, die aufgeworfen werden, lösen sich stets von selbst auf und so ist der Film eine Ansammlung kleiner Nettigkeiten, die mit einer Laufzeit von fast zwei Stunden aber definitiv zu lang geraten ist. Insgesamt also wieder ein annehmbarer Film, der aber zu keiner Sekunde wirklich zu begeistern weiß.
Im Jahr 1993 starb der Schauspieler River Phoenix zehn Tage vor Abschluss der Dreharbeiten des Filmes "Dark Blood". Nach seinem Tod ging das gedrehte Filmmaterial an eine Versicherung. Der Regisseur des Films, George Sluizer, kämpfte aber um dieses Material und entschloss sich schließlich, das gedrehte Material neu aufzuarbeiten und die nicht gedrehten Szenen einfach während des Films aus dem Drehbuch vorzulesen. Die Berlinale zeigt nun dieses filmische Experiment im Wettbewerb außer Konkurrenz. Der Film, der sich um ein Ehepaar dreht, welches sich in die Wüste begibt, um der eingefahrenen Ehe neuen Schwung zu verleihen und dort auf den verwitweten und leicht wahnwitzigen Boy trifft, lebt von der intensiven schauspielerischen Leistung von River Phoenix und der flirrenden Wüstenatmosphäre. Der Spannungsaufbau und die dramatische Entwicklung der Geschichte können sich aufgrund der fehlenden Szenen leider nicht ganz entfalten, auch wenn man sein Bestes versucht hat, diese durch das Vorlesen aus dem Off zu ersetzen. Im Grunde ist der Film insgesamt auch kein großes Werk der Filmgeschichte, zu überzogen und angestrengt wirkt die eigentliche Rahmenhandlung. Trotzdem ist es schön, mit diesem Film dem außergewöhnlichen Schauspieltalent River Phoenix noch nachträglich ein filmisches Denkmal gesetzt zu haben und dem heutigen Publikum zu zeigen, welch großes Talent damals auf tragische Umstände die Filmlandschaft für immer verlassen hat.
Der neunte und vorletzte Berlinale-Tag war ein abwechslungsreicher, aber mit keinen ganz großen Highlights aufwartender Festivaltag. Am Samstag wird dann im Berlinale-Palast der Goldene Bär verliehen, womit die 63. Berlinale dann auch ihren krönenden Abschluss findet. Morgen melde ich mich dann ein letztes Mal zu Wort, um vom letzten Festivaltag zu berichten.
Moritz Stock - myFanbase
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