Berlinale 2014: Tag 3 und 4

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In den letzten Tagen hätte man die Berliner Filmfestspiele auch leicht in die George-Clooney-Festspiele umbenennen können, dominierte der charismatische Hollywood-Megastar im Grunde doch alles. Nirgendwo konnte man am Potsdamer Platz umherschlendern, ohne seinen Namen irgendwo zu hören. Die Autogrammjäger standen bereit, die Aufregung war groß. Warum Clooney eigentlich genau Berlin bereiste, wurde zur Nebensache, um seinen vorgestellten Film "The Monuments Men" ging es kaum, vielmehr um das Phänomen Clooney und seine reine Anwesenheit in der deutschen Hauptstadt.

Foto: George Clooney, The Monuments Men - Copyright: 2013 Twentieth Century Fox
George Clooney, The Monuments Men
© 2013 Twentieth Century Fox

Und irgendwie ist es nach Sichtung von Clooneys starbesetztem und größtenteils in Deutschland gedrehtem Zweiter-Weltkriegs-Kunstdiebstahl-Film auch nicht schade drum, dass der Film in den Hintergrund gedrängt wurde, ist er schlussendlich doch auch nicht der Rede wert. "The Monuments Men" ist ein uninspiriert erzählter, pathetischer, groß aufgeblasener Langweiler ohne große Spannungsmomente oder Tempo. Dass ein Film mit großen Stars, wie Bill Murray, Cate Blanchett und Matt Damon fast vollständig ohne denkwürdige oder in irgendeiner Form errinerungswürdige Momente auskommt, ist schon bemerkenswert. Selten wurde darstellerisches Potenzial so gnadenlos verschenkt wie hier. Insgesamt dann tatsächlich der bisher schwächste Film des ganzen Festivals. Man kann nur hoffen, dass Clooney es beim nächsten Mal wieder besser macht. Trotzdem war es schön, dass der ehemalige "Emergency Room"-Star da war, hat er viele Menschen doch ungemein glücklich gemacht.

Wesentlich besser als das missglückte Clooney-Werk war der Film "Snowpiercer" des südkoreanischen Regisseur Bong Joon Ho, welcher im Vorfeld schon kräftig gefeiert wurde und welcher dann den hohen Erwartungen auch vollständig gerecht wurde. Ein beinharter, dystopischer Zukunftsthriller, welcher einen gnadenlos in den Sitz drückt und kaum mehr Zeit zum Atmen lässt. Solch intelligente, clever inszeniere, mit viel Mut umgesetzte Genrefilme sieht man leider viel zu selten. Zum Inhalt sei nur kurz zu sagen, dass der Film ein Zukunftsszenario entwirft, in dem die letzten überlebenden Menschen eine Gesellschaft in einem um die Welt rasenden Zug gebildet haben, in der ein klares Klassensystem herrscht, welches brüchig wird, als ein paar Rebellen versuchen, die herrschenden Missstände aufzubrechen und zu zerstören. Rasanter, härter und vielschichtiger kann ein Actionthriller kaum sein. Mein bisheriges Highlight der Berlinale 2014.

Foto: Kreuzweg - Copyright: Dietrich Brüggemann
Kreuzweg
© Dietrich Brüggemann

Sehr gelungen sind in diesem Jahr auch die deutschen Beiträge im Wettbewerb, von denen es sogar insgesamt vier Stück gibt. Drei wurden bisher gezeigt und alle sind auf ihre ganz eigene Weise gelungen. Über "Jack" habe ich in meinem letzten Beitrag schon geschrieben, nun sind auch das Schiller-Liebesdrama "Die geliebten Schwestern" und die Auseinandersetzung mit religiösem Fanatismus, "Kreuzweg" von Dietrich Brüggemann, der zuletzt mit "3 Zimmer/Küche/Bad" einen wunderbaren Film über das Studentenleben drehte und das Zeitgefühl einer gewissen Alterskohorte sehr authentisch abbildete, gezeigt worden. Nun widmet er sich einem gänzlich anderen Thema und inszeniert einen sehr bewegten Film über die Schattenseiten der Religiosität und wie diese ein heranwachsendes Kind seelisch zerstören können. In langen Einstellungen schafft es Brüggemann, den Film nicht zu einer plumpen Kritik an der katholischen Kirche verkommen zulassen, sondern lässt Ambivalenzen zu und schafft dabei einen Film, über den wahrscheinlich noch viel diskutiert und gestritten wird und der einen schlussendlich kaum kalt lassen wird.

Foto: Geliebte Schwestern - Copyright: Senator Film
Geliebte Schwestern
© Senator Film

Ganz anders und nicht ganz so gelungen, aber dennoch sehr sehenswert, ist das Liebesdrama "Die geliebten Schwestern" von Dominik Graf, der in seinem fast dreistündigen Epos ausführlich von der Liebe Schillers zu den Geschwistern Caroline von Beulwitz und Charlotte von Lengefeld erzählt. Der Film beginnt äußerst vielversprechend, verliert dann aber im zweiten Teil etwas an Kraft und erzählerischer Klarheit. Trotzdem absolut sehenswert, auch für Menschen, die sich in der Schule gerne vor den Werken von Friedrich Schiller gedrückt haben.

Foto: Uma Thurman, Nymphomaniac - Copyright: Zentropa
Uma Thurman, Nymphomaniac
© Zentropa

Zuletzt sei noch auf Lars von Triers neuen Skandalfilm "Nymphomanicac – Teil 1" hingewiesen, über den viel geschrieben wurde und der nun in der Langfassung auf der Berlinale präsentiert wurde. Ein Monstrum von einem Film, mit dem von Trier wieder viele Grenzen sprengt. Schlussendlich ist dies ein sehr ungewöhnlicher Film über Sexualität und auch die Liebe, bei der die Sexszenen zwar drastisch, aber wenig schockierend und immer ein homogener Teil der erzählten Geschichte sind und deshalb glücklicherweise nie zum reinen Selbstzweck verkommen. Ein beeindruckender Film, den man aber erstmal sacken lassen muss. Ein abschließendes Urteil kann hier aber sowieso erst nach der Sichtung des zweiten Teils gefällt werden. Die Aufteilung ist deshalb auch sehr schade, gehören beide Teile doch zusammen und sollten möglichst zusammen betrachtet und bewertet werden. Der Auftakt war aber schon ein bemerkenswertes und vor allem intensives Filmerlebnis.

Ein Interview wurde übrigens auch geführt und zwar mit einem bestens aufgelegten Jürgen Vogel, der sich als Trauminterviewpartner herausstellte. Doch dazu folgt noch ein separater Interviewbericht. In den nächsten Tagen herrscht vor allem deshalb Aufregung, da sich "Breaking Bad"-Legende Aaron Paul höchstpersönlich angekündigt hat, um seinen Film "A Long Way Down" vorzustellen. Darüber wird noch zu berichten sein. Bis dahin warten aber noch einige Filme, unter denen sich hoffentlich noch weitere Highlights verbergen.

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