Berlinale 2014: Tag 7 und 8

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Die für mich letzten beiden Berlinale-Tage boten noch einige kleine Highlights und schließlich sogar den wohl besten und am meisten nachhallenden Film des Festivals, welchem sehr gute Chancen auf den Gewinn des goldenen Bären zugesprochen werden können.

Foto: Patricia Arquette, Boyhood - Copyright: Berlinale 2014
Patricia Arquette, Boyhood
© Berlinale 2014

Die Rede dabei ist von Richard Linklaters über 12 Jahre hinweg gedrehtes Monumentalwerk über das Erwachsenwerden mit dem schlichten Titel "Boyhood". 2002 begann Linklater mit den Arbeiten dieses Projekts, welches die Geschichte einer amerikanischen Familie über 12 Jahre verfolgt. Dabei wird der Fokus auf den kleinen Mason gerichtet, welcher während des Films von einem kleinen Jungen zu einem Mann heranreift. Hervorragend gespielt und voll von kleinen berührend-schönen Alltagsmomenten erzählt Linklater mal herrlich witzig, mal stark berührend vom Leben und Aufwachsen und schafft dabei einen Film, in dem sich wohl jeder auf irgendeine Weise selber wiederfinden wird. Dabei wird auf großen Pathos und große Gesten verzichtet und sich vollständig auf die kleinen Momente konzentriert, die das Leben ausmachen. Ein wahnsinnig schöner Film, der auch bei der Pressevorführung und anschließend Pressekonferenz euphorisch gefeiert wurde. Wenn nicht etwas ganz merkwürdiges und überraschendes passieren sollte, dann müsste "Boyhood" den goldenen Bären gewinnen. Einen runderen, beeindruckenderen Film hat es im diesjährigen Wettbewerb sicher nicht gegeben.

Foto: Jennifer Connelly, Aloft - Copyright: José Haro
Jennifer Connelly, Aloft
© José Haro

Ein weiterer sehenswerter Wettbewerbsbeitrag ist auch der Film "Aloft" der peruanischen Regisseurin Claudia Llosa, die bereits im Jahr 2009 den goldenen Bären gewinnen konnte und nun mit einem starbesetzten, spirituell aufgeladenen Drama nach Berlin zurückgekehrt ist. Der Film, welcher sich ganz zentral um den Umgang und die Verarbeitung von lebensgeschichtlichen Traumata, Schuld und Vergebung dreht, ist auf zwei miteinander verwobenen Erzählebenen erzählt und dreht sich um eine Frau, die versuch, ihren sterbenskranken Sohn noch irgendwie zu retten, indem sie ihn zu einem Wunderheiler bringt. Durch eine Verkettung von Zufällen und schicksalhaften Geschehnissen entdeckt sie dabei ihre eigenen heilenden Kräfte. Der Film ist zweifellos stark esoterisch aufgeladen, hat aber trotzdem einen sehr bewegenden Kern, was auch an den überzeugenden Darstellern liegt, unter denen vor allem Jennifer Connelly und Cilian Murphy emotional aufwühlende Leistungen zeigen. Der langsam und symbolträchtig erzählte Film verfügt dazu auch über eine atemberaubende Optik, spielt er doch in den vereisten kanadischen Weiten und sorgt dadurch für einen visuell einnehmenden Überbau.

Foto: Butter on the Latch - Copyright: Berlinale 2014
Butter on the Latch
© Berlinale 2014

Schlussendlich soll hier auch noch auf eine echte Regie-Entdeckung eingegangen werden, die gleich mit zwei Filmen auf der Berlinale vertreten war. Die Rede ist von der amerikanischen Independent-Regisseurin Josephine Decker, welche ihren Debütfilm "Butter on the Latch" und ihr Zweitwerk "Thou Was Mild and Lovely" auf der Berlinale persönlich in der Forums-Sektion präsentierte und dabei einen echt sympathischen und bodenständigen Eindruck machte.

Foto: Thou Was Mild and Lovely - Copyright: Berlinale 2014
Thou Was Mild and Lovely
© Berlinale 2014

Ihre Filme sind dabei aber vielmehr verstörend-schön und erschreckend gleichermaßen und wohl am ehesten als eine Mischung aus Elementen der Filme von Terrence Malick und David Lynch zu beschreiben, die dann aber wiederum was ganz eigenes ergeben, was man in dieser Form noch nicht gesehen hat. Dabei geht es bei ihr auch eher im sekundären Sinne um den eigentlichen Inhalt, sondern vielmehr um die geschaffene Atmosphäre, die Vermischung von Traum- und Realitätswelten und das Erzeugen eines latenten Unwohlseins. Hier wächst wohl gerade ein neuer Stern am Independent-Himmel heran, welche eigenwillige Filmwelten schafft, die in keine Schublade passen und gerade deshalb umso spannender anzusehen sind.

Das war der letzte Überblick über die Highlights der vergangenen beiden Berlinale-Tage. Es wurden insgesamt noch einige Filme mehr gesehen, die teilweise im letzen, zusammenfassenden Abschlussbericht nochmal erwähnt werden, wenn es um die besten und schlechtesten Filme des diesjährigen Berlinale-Festivals geht, welches mit "Boyhood" ein alles überragendes abschließendes Glanzlicht setzen konnte.

Moritz Stock - myFanbase

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