Oscarfieber, Teil 4: Bester Film

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"And the Oscar goes to ..." Diesen erlösenden Satz wird man am Abend der 86. Oscarverleihung bereits 23 Mal vernommen haben. Dann ist es endlich soweit: der Gewinner der Königskategorie wird gekrönt. Wie in den beiden Vorjahren hat die Academy neun Filme mit einer Nominierung bedacht und wie gehabt wurden diese überwiegend in den Vereinigten Staaten produziert. Auffällig: Beinahe die Hälfte der aufgestellten Filme wurde von einer wahren Begebenheit inspiriert und lediglich ein Oscaranwärter schaffte den Sprung in die "Big Five" – wurde also zugleich in den fünf wichtigsten Kategorien (Film, Regie, Drehbuch, Hauptdarsteller/in) nominiert. Das ist eine seltene Ehre. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass Regisseur David O. Russell sich diesbezüglich als Wiederholungstäter entpuppt. Schon im letzten Jahr platzierte er sich mit "Silver Linings" als einziger Film in den Big Five, wurde letztlich aber nur mit einer Trophäe (für Jennifer Lawrence als beste Hauptdarstellerin) belohnt. Eine Garantie für den Sieg gibt es also trotzdessen nicht. Zumal die Konkurrenz ebenfalls beste Argumente vorzuweisen hat.

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Wie es bei einem Kampf um Ruhm und Ehre üblich ist, wird im Vorfeld fleißig spekuliert und die Spreu vom Weizen getrennt. Paul Greengrass "Captain Phillips" verliert da leider an Fahrtwind. Dabei enterte der auf wahren Ereignissen beruhende Piraterie-Thriller mittels fieberhafter Spannung und eines begnadeten Casts rasch die Herzen der Kritiker, konnte sich gegen die starke Konkurrenz aber schon bei der Vergabe der Golden Globe Awards im Januar nicht durchsetzen. Im Anschluss gelang Hauptdarsteller Tom Hanks keine Oscarnominierung. Die Chancen als "Bester Film" erscheinen somit eher gering. Nun richtet sich das Augenmerk auf Nebendarsteller Barkhad Abdi, der für seine erste Filmerolle als somalischer Pirat prompt mit einer Nominierung geehrt wurde.

Foto: Copyright: 2014 Warner Bros. Ent. Alle Rechte vorbehalten.
© 2014 Warner Bros. Ent. Alle Rechte vorbehalten.

Ebenfalls als Außenseiter positioniert sich "Philomena" von Stephen Frears. Ein emotionales Drama über Schuld und Vergebung, das bei den Kritikern dennoch mit Herz und Humor punkten konnte und auf der Buchvorlage "The Lost Child of Philomena Lee" von Martin Sixsmith basiert. Neben Komiker Steve Coogan brilliert Judi Dench als in die Jahre gekommene Mutter, die gemeinsam mit einem arbeitslosen Journalisten nach ihrem Sohn sucht und dabei einen Skandal in einem irischen Kloster aufdeckt. Das bot im Vorfeld - angesichts realer Begebenheiten - reichlich Diskussionsstoff. Trotz einiger renommierter Auszeichnungen dürfte die britische Tragikomödie in der Königskategorie das Nachsehen haben. Ein Oscar für die Hauptdarstellerin wäre ebenso eine kleine, aber doch schöne Überraschung. Nicht minder erstaunlich wäre ein Sieg des romantischen Sci-Fi-Dramas "Her", das wie gemacht ist für die heutige "Nie ohne mein iPhone"-Generation. Schließlich verliebt sich Joaquin Phoenix in eine Computerstimme, die im Original von Scarlett Johansson gesprochen wird. Eine Trophäe für Regisseur Spike Jonze, dessen Oscarnominierung für "Being John Malkovich" vierzehn Jahre zurückliegt, könnte durchaus drin sein. Der Golden Globe für das beste Originaldrehbuch ist ihm sicher. Vielleicht klappt's auch noch mit dem Oscar in der gleichen oder in einer der musikalischen Nebenkategorien.

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© Paramount Pictures

Die sechsfach nominierte Tragikomödie "Nebraska" von Alexander Payne wird ebenso wenig als Topfavorit gehandelt. Das muss allerdings nichts heißen. Immerhin kann Payne bereits zwei Oscars - als Drehbuchautor - auf seinem Konto verbuchen. Das könnte sich mit "Nebraska" wiederholen. Vielleicht gesinnt sich sogar eine vergoldete Statue für den Regiestuhl dazu. In einer lebendigen Schwarz-Weiß-Optik gehalten, kommt der eher leise und gleichermaßen teuflisch erzählte Vater-Sohn-Roadtrip gänzlich ohne bekannte Hollywoodgrößen aus und schickt mit Bruce Dern zusätzlich einen robusten Anwärter für den Preis als besten Hauptdarsteller ins Rennen. Ob es für den Film-Oscar reicht? Die Amerikaner scheinen "Nebraska" trotz seiner bitterbösen Anwandlungen zu lieben. Bald wird sich zeigen, ob die Academy das genauso sieht.

Foto: Copyright: 2014 Ascot Elite Filmverleih GmbH
© 2014 Ascot Elite Filmverleih GmbH

Das auf Tatsachen basierende Drama "Dallas Buyers Club" erzählt die Geschichte des an AIDS erkrankten Texaners Ron Woodroof, der in den 1980er Jahren für ihn wichtige Medikamente aus Mexiko in die USA schmuggelte, da diese dort nicht zulässig waren. Der unter der Regie des Kanadiers Jean-Marc Vallée entstandene Film hat seine besten Chancen in den männlichen Schauspielkategorien. Matthew McConaughey, der für die Hauptrolle ganze 23 Kilo abnahm, und Nebendarsteller Jared Leto wurden bereits beide mit dem Golden Globe prämiert und gelten als Top-Favoriten auf den begehrten Goldjungen. Zusätzlich könnte das Skript am Ende zu den Gewinnern der Oscar-Nacht gehören. Auch das dreistündige Börsen-Drama "The Wolf of Wall Street" von Regie-Legende Martin Scorsese, der dieses Jahr seine bereits achte (!) Regie-Nominierung einstreichen konnte, beruht auf Tatsachen. In der Hauptrolle brilliert Leonardo DiCaprio als dekadent lebender Aktienhändler, dessen Gier ihn schließlich dazu verleitet, den Rahmen der Legalität zu verlassen. Der Lohn für den 39-Jährigen: Ein Golden Globe. Für die favorisierten Dern und McCounaughy gilt er als gefährlichster Konkurrent. Dem Film selbst jedoch werden keine realistischen Chancen eingeräumt.

Foto: Copyright: 2012 Warner Bros. Entertainment Inc.
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Einer der großen Kritikerlieblinge ist das Sci-Fi-Meisterstück "Gravity" des Mexikaners Alfonso Cuarón. Tatsächlich führt der umjubelte Film mit 10 Nominierungen die Liste der Anwärter an. Doch trotz der Stimmen, die in "Gravity" schon heute einen Kultfilm und Klassiker von Morgen sehen, wäre ein Sieg in der Film-Kategorie eine Überraschung. Der Grund liegt in der traditionellen Zurückhaltung, ja Skepsis der Academy gegenüber dem Genre. Noch nie hat ein Werk dieses Genres den Hauptpreis abräumt. Besser sieht es in den technischen Kategorien aus. Chancen hat auch Cuarón als bester Regisseur, während die zur besten Hauptdarstellerin vorgeschlagene Sandra Bullock angesichts der favorisierten Konkurrenz (Cate Blanchett! Amy Adams!) wohl leer ausgehen wird.

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Seit seiner Premiere bei dem 38. Toronto International Film Festival galt die gleichnamige Verfilmung des autobiografischen Romans von Solomon Northups "12 Years a Slave" als potenzieller Oscar-Gewinner. Tatsächlich sprechen die neun Nominierungen für sich. Nicht nur wegen seines Sieges bei den Golden Globes gilt das gefeierte Drama, das vor dem Hintergrund eines der dunkelsten Kapitel der US-amerikanischen Geschichte spielt, als ein wirklich großer Favorit. Gewinnt der Film, würde sein Regisseur Steve McQueen Oscar-Geschichte schreiben. Noch nie hat der Film eines afroamerikanischen Filmemachers siegen können. Gute Chancen werden zudem den Nebendarstellern, der kenianisch-amerikanischen Langfilmdebütantin Lupita Nyong'o und dem renommierten Michael Fassbender sowie dem Drehbuch und schließlich auch McQueen selbst eingeräumt.

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Wirklich gefährlich werden kann "12 Years a Slave" nur die Tragikomödie "American Hustle" um Gangster, Täuschungen und zwischenmenschliche Beziehungen. Neben "Gravity" erhielt auch David O. Russells Gaunerstück sagenhafte zehn Nominierungen. Die Kritiker lieben den Film mit all seiner Star-Power, dem späten 70er Jahre-Setting und satirischen Witz. Hinzu kommt ein tolles Marketing, welches an den Mitgliedern der Academy unmöglich spurlos vorbeigehen wird. Neben der Königskategorie wird auf einen Sieg von David O. Russell, Amy Adams, Nebendarstellerin Jennifer Lawrence, dem Drehbuch und dem Kostümdesign spekuliert.

Der Autorentipp

Der Name welchen Films wird am Ende also fallen? In allzu ferner Reichweite erscheint die Trophäe für "Captain Phillips", "Nebraska", "Her", "Philomena", "Dallas Buyers Club" und "The Wolf oft Wall Street". Würde "Gravity" siegen, wäre dies eine kleine Überraschung. Das wahre Kopf-an-Kopf-Rennen findet aber zwischen "12 Years of a Slave" und "American Hustle" statt, weshalb es bis zuletzt spannend bleiben dürfte. Das Filmteam von myFanbase wünscht euch allen viel Spaß beim Ansehen der 86. Verleihung der Academy Awards.

Bester Film: "12 Years a Slave"/"American Hustle"

Doreen B. & Maren Langos - myFanbase

Welcher Film soll den Oscar gewinnen? Stimmt ab!


"American Hustle"
"Captain Phillips"
"Dallas Buyers Club"
"Gravity"
"Her"
"Nebraska"
"Philomena"
"12 Years a Slave"
"The Wolf of Wall Street"

Die bisherigen Ergebnisse:

Weitere Abstimmungen zu den Oscars 2014:


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