Bewertung

Review: #5.02 In Absentia

Foto: Anna Torv, Fringe - Grenzfälle des FBI - Copyright: 2012 Fox Broadcasting Co.; Kharen Hill/FOX
Anna Torv, Fringe - Grenzfälle des FBI
© 2012 Fox Broadcasting Co.; Kharen Hill/FOX

"Fringe" lässt während dieser finalen Staffel bisweilen so einiges auf der Strecke liegen, was in den vergangenen Staffeln noch so essentiell erschien. Und "Fringe" scheint sich auch seiner ursprünglichen Quintessenz nicht mehr ganz treu zu sein, denn nach mysteriösen Vorkommnissen, die sie auf die Spur einer größeren Sache bringen, sucht man vergeblich. Was lässt die fünfte Staffel der Serie bisher eigentlich nicht auf der Strecke? Und wobei bleibt sich die Serie auch im fünften Jahr trotz aller Veränderungen treu? #5.02 In Absentia brachte die Antworten.

"When did I switch to grape?"

Die zweite Folge der finalen Runde führt das Fringe-Team und uns Zuschauer zurück zu einem altbekannten Schauplatz, nämlich in Walters Labor an der Harvard Universität, die mittlerweile von Beobachtern kontrolliert wird, welche dort ihre ganz spezielle Art von Forschung betreiben. Eine gesunde Portion Nostalgie machte sich breit, als Walter und die anderen den Ort betraten, in dem sie in den vier Staffeln zuvor unzählige Fälle aufzuklären versuchten und irgendwie tat es gut, dass sich die Geschehnisse dieser Episode in einer so gewohnten Umgebung abspielten. Daher waren auch die kleinen Anspielungen an ehemals Gewohntes so schön, wie beispielsweise Walters wehmütiger Blick auf seine in Bernstein konservierten Lakritzstangen oder die emotionale Zwickmühle, in der er sich befand, als er seinen heißgeliebten Plattenspieler zerstören musste.

Sinn und Zweck des Ganzen sollte das Auffinden eines Videos sein, auf dem Walter erklärt, welchen Weg er und September gefunden hatten, um die Beobachter zu besiegen. Leider, und natürlich wenig überraschend, präsentierte die Aufzeichnung des Bandes nicht wirklich die komplette Lösung oder gar irgendeinen Ansatz. Denn dafür muss das Fringe-Team nun erst einmal eine Reihe weiterer Kassetten finden, die Walter offenbar verteilt hat, damit die Beobachter den Plan nicht als Ganzes erfahren, sollten sie in Besitz des Videos kommen. Somit steht uns also in den kommenden Folgen eine Schnitzeljagd bevor, was mir momentan nicht unbedingt zusagt. Das Ganze erinnert mich an meine düstere Vergangenheit als Videospielsüchtiger, als ich täglich Stunden damit verbrachte, mit meiner Videospielfigur von Punkt A nach B zu rennen, um gewisse Gegenstände aufzutreiben. Generell fühlte ich mich bereits während dieser Episode stark an ein Videospiel erinnert, da das Team, statt dass es direkt an das Video gelangt, erst mal eine Zwischenmission erfüllen und heimlich in ein feindliches Lager (in diesem Fall die Harvard Universität) eindringen musste, um den Strom zu aktivieren, damit Walter die Kassette aus dem Bernstein befreien kann. Eine waschechte Stealth-Mission also, die viel zu offensichtlich nur dafür da war, um die Episode zu füllen. Ob die künftigen Episoden letztendlich wirklich nur von einem stringenten Ablauf geprägt sein werden und das Fringe-Team von Ort zu Ort hetzen wird, um an die Aufnahmen zu gelangen, wird sich noch zeigen müssen. Und wenn ja, dann verspräche das natürlich durchaus Action und spannende Szenen, aber es würde sicherlich eine innovativere Art geben, die finale Staffel zu gestalten.

"There will be a time for vengance and a time for grieving, but it is not now!"

An der Charakterfront gibt es derweil kaum etwas zu kritisieren, denn auch in dieser Folge sorgten insbesondere die Szenen mit und zwischen Olivia und Tochter Etta für vereinzelte Höhepunkte. Und dabei punktete das Ganze einmal dadurch, dass ein neues Gesicht von Etta zum Vorschein kam und dann dadurch, dass uns Olivia im Gegensatz dazu genau so präsentiert wurde, wie wir sie kennen. Bei Etta rede ich natürlich von ihrem knallharten Vorgehen gegen den Loyalisten Gael, den sie auf durchaus grausame Art folterte, um an benötige Informationen heranzukommen. Zwar ist man sich als Zuschauer bereits seit #4.19 2036 im Klaren darüber, dass Etta kein zartes Pflänzchen ist und durchaus austeilen kann, aber dass sie fast schon davon besessen ist, die Beobachter zu vernichten und daher auch nicht vor sehr fragwürdigen Methoden zurückschreckt, überrascht durchaus. Und natürlich ist Ettas Hass gegenüber der Beobachter begründet, denn man kann erahnen, was sie alles durchmachen musste, nachdem die Beobachter die Macht an sich rissen und sie letztendlich auch ohne ihre Eltern aufwachsen musste. Im Übrigen finde ich es sehr gelungen, wie man mithilfe der Szenen rund um den Loyalisten Gael die momentane Situation, in der sich die Menschheit befindet samt den daraus resultierenden Problemen für die Menschen aufgezeigt hat. Bezüglich Etta bin ich noch gespannt, inwieweit ihr rachsüchtiges Verhalten die gesamte Mission noch gefährden könnte. Denn momentan ist definitiv Geduld gefragt, und die hat Etta ganz offensichtlich nicht.

Derweil gab es da Olivia, die den Methoden ihrer Tochter rein gar nichts abgewinnen konnte und sie sichtlich Mitgefühl mit dem gefangenen und dank Etta irreversibel gealterten Loyalisten Gael hatte. Olivia ist bekanntlich schon immer eine Figur, die unglaublich viel Mitgefühl gegenüber ihren Mitmenschen zeigt und Leid so gut es geht vermeiden möchte. Dass das aktuelle Szenario sie diesbezüglich nicht ändert und wir die alte Olivia vorgesetzt bekommen, ist daher mehr als nur begrüßenswert. Für mich war Olivias Verhalten auch keinesfalls naiv, noch nicht mal, als herauskam, dass Gael sie bezüglich ihres Sohnes wirklich anlog. Stattdessen fühlte sich dieser Twist einfach richtig an, da Olivia somit nicht cleverer dargestellt wurde als ihre Tochter. Generell finde ich die uns dargestellte Mutter/Tochter-Dynamik aufgrund der Tatsache, dass Etta in der beobachterbeherrschten Welt mehr Erfahrung hat als Olivia, Olivia aber wiederum gleichzeitig versucht, ihre vergangenen Erfahrungen mit ihrer Tochter zu teilen und ihre Menschlichkeit zu bewahren, einfach erstklassig. Ich freue mich auf viele, viele weitere Momente mit den beiden, die hoffentlich dann auch wieder einen solch tollen Eindruck hinterlassen, wie in dieser Episode.

"There was something in her eyes ..."

Dass Olivia es wieder einmal geschafft hat, aufgrund ihres Verhalten gleich zwei Menschen, nämlich Etta und Gael, positiv zu beeinflussen, darf natürlich auch nicht unerwähnt bleiben und somit war das Ende dieser Episode wieder einmal eine herzbewegende Angelegenheit. Ich als Freund von fiesen Cliffhangern am Ende einer Episode muss sogar gestehen, dass mich diese emotionalen Schlussmomente, die "Fringe" in dieser Staffel bisher zeigt, tausendmal mehr mitreißen als es jeglicher schockierender finale Paukenschlag könnte. Apropos schockierend: Der "WTF"-Award geht in dieser Folge definitiv an (den Kopf von) Simon Foster, denn dieser Moment kam nicht nur völlig unerwartet, sondern war wirklich ein ganz heftiger Schocker.

Ansonsten fehlen mir momentan sowohl Broyles als auch Nina in dieser Staffel. Normalerweise befand ich die beiden nie als die wichtigsten Charaktere der Serie, doch ist man momentan doch schon recht gespannt, welche Rolle die beiden in der finalen Runde einnehmen werden. Dass die beiden Figuren bisher kein einziges Mal zu sehen waren, ist die eine Sache. Dass sie aber noch nicht einmal erwähnt wurden und im Moment absolut in Vergessenheit geraten zu scheinen, wiederum die andere. Überhaupt scheint sich der in Bernstein eingefroren gewesene Teil des Fringe-Teams nicht sehr für die vergangenen Jahre zu interessieren, denn es wird nicht nur nicht gefragt, wie es Nina und Broyles ergangen ist, sondern auch Ettas Verbleib während der letzten und vor allem während der ersten Jahre, nachdem sich Olivia und Peter konservieren ließen, scheinen kein großes Thema zu sein. Das wirkt momentan schon ein wenig merkwürdig. Hoffen wir also weiterhin auf eine Episode, die im Jahr 2015 spielt und den vielversprechenden Inhalt der Traumsequenzen, die es nun schon in beiden bisherigen Episoden der fünften Staffel gab, fortsetzen.

Fazit

Nach einem sehr wilden Staffelauftakt tritt "Fringe" in der Episode #5.02 In Absentia deutlich auf die Bremse und bereitete eine Handlung vor, die sich wahrscheinlich durch einen Großteil der Staffel ziehen wird und auf den ersten Blick nicht gerade als besonders ideenreich erscheint. Von der etwas schleppend verlaufenden Vorbereitung jener Handlung abgesehen, bot die Folge eine Fülle an wunderbar tiefgehenden Momente und besonders Olivia samt Tochter haben durch ihre Szenen die Folge weit von einem lediglich durchschnittlichem Niveau abgehoben. Daher bin ich also auch mit Episode 2 der finalen Staffel zufrieden, obwohl definitiv Luft nach oben besteht.

Nicht nachvollziehen kann ich momentan die Kritik mancher Zuschauer, dass die fünfte Staffel sehr befremdlich wirke und eigentlich gar nicht mehr das "Fringe" sei, das man die letzten Jahre verfolgte. Inhaltlich mag das irgendwo stimmen, aber trotzdem fühle ich mich stets an das altbekannte "Fringe" erinnert. Denn, um einmal die im ersten Absatz aufgeworfenen Fragen zu beantworten: Was lässt die Serie nicht auf der Strecke? Das Herz. Und woran hält die Serie fest? An der wunderbaren Zeichnung ihrer Charaktere. Und da ich "Fringe" genau deshalb so lieb gewonnen habe, macht J.H. Wyman in meinen Augen bisher alles richtig.

Manuel H. - myFanbase

Die Serie "Fringe - Grenzfälle des FBI" ansehen:


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