Evolution einer (Anti)-Heldin - Die Entwicklung der Alicia Florrick

"Good Wife" ist einerseits eine Ensemble-Serie und hatte von Beginn an einen recht umfangreichen Cast, der auch über viele Staffeln hinweg sehr stabil geblieben ist. Es gab zwar einige Ergänzungen in der Anfangszeit (Eli Gold tauchte erst im Verlauf von Staffel 1 auf und wurde erst in Staffel 2 eine Hauptfigur, David Lee hingegen war eine Figur, die von Beginn an präsent, aber erst später in den Hauptcast befördert wurde), aber die Abgänge von wichtigen Charakteren begannen erst später im Verlauf.
Über die ganzen Jahre war aber immer die Figur der Alicia Florrick der Dreh- und Angelpunkt des Geschehens. Sie ist die Frau im Titel, und die, um die sich alle Geschichten drehen. Deshalb widmen wir der Entwicklung von Alicia im Rahmen unserer Abschiedskolumne auch einen eigenen Eintrag, in dem zwei Autorinnen der myFanbase-Redaktion noch einmal die außergewöhnliche Evolution unserer Protagonistin reflektieren und auch über ihre eigenen, ganz persönlichen Gefühle zu dieser spannenden Serienfigur schreiben.
Catherines Blick auf Alicia Florrick
Alicia Florrick ist und war für mich eine der stärksten Frauenfiguren in einer amerikanischen TV-Serie der letzten Jahre. Auch wenn ich zwei Anläufe brauchte, um "Good Wife" in mein Herz zu schließen, so war Alicia Florrick doch von Beginn an die Figur, mit der ich am meisten mitfieberte. Ich litt mit ihr unter den Skandalen ihres Ehemanns Peter, drückte ihr die Daumen, dass ihr die Rückkehr in den Beruf als Anwältin gelingen möge, und verstand ihren Zwiespalt gegenüber Jackie und deren Meinung zur Erziehung ihrer Kinder. Deshalb feierte ich sie für jeden Schritt in Richtung Unabhängigkeit, für jedes gewonnene Duell und dafür, dass sie sich immer mehr aus dem Leben als graues Mäuschen an der Seite ihres Ehemanns hinauskämpfte. Alicia war eine Person, der man es gönnte, dass sie Erfolg hatte, denn dafür musste sie viel opfern.
Doch mit dem Erfolg und dem gestiegenen Selbstbewusstsein kamen auch Charakterzüge, die mir an ihr nicht gefallen haben. Alicia begann, im Umfeld von politischen Karrieren und dem dauernden Machtgehabe der männlichen Kollegen, selbst damit, Spielchen zu spielen. Sie verstand es, sich durchzusetzen und die Strippen zu ihren eigenen Gunsten zu ziehen. Dass sie das tat, um sich gegenüber Konkurrenten durchzusetzen, fand ich in Ordnung, aber wie sie dabei auch mit Freunden und engsten Vertrauten umgegangen ist – beispielsweise Will oder Cary – hat mir überhaupt nicht gefallen. Von ihrem Verhalten gegenüber ihrem eigenen Sohn Zach mal ganz abgesehen... Mir fehlte in solchen Momenten bei Alicia manchmal die Weitsicht, oder auch das ein oder andere offene Gespräch. Eigentlich sollte sie doch aus eigener Erfahrung wissen, was Geheimnisse oder fehlendes Mitgefühl für Folgen haben.
Mag ich die Figur der Alicia Florrick deshalb heute weniger? Ich weiß es nicht. Ich identifiziere mich viel weniger mit ihr als noch in den Anfangsstaffeln der Serie. Ich kann verstehen, warum Alicia heute so ist, wie sie ist, und ich hoffe, dass sie so klug ist, aus ihren Fehlern zu lernen. Mir gefällt es außerdem sehr gut, dass sie sich zuletzt nicht mehr zu ernst nahm, sondern das Leben genoss, so wie es kam. Bei all der Unabhängigkeit sollte sie jedoch aufpassen, dass sie nicht zu egoistisch wird. Sie ist ein bisschen zu einem Don Draper, einem Walter White oder einem Gregory House geworden – einer Figur, die einem gefällt, obwohl einem nicht 100% gefällt, was sie tut bzw. wie sie sich verhält. Das kannte ich so bisher noch nicht von einer Frauenrolle. Da "Good Wife" nun zu Ende ist, darf ich mir einfach vorstellen, wie sie ihre letzten Fehltritte wieder gerade biegt und zu der Frau wird, die ich in den ersten Staffeln der Serie gefeiert habe.
Melanies Blick auf Alicia Florrick
Alicia hat in sieben Staffeln von "Good Wife" wahrlich viel erlebt und durchgestanden. War sie in den ersten Jahren der Serie noch eine von ihrem Ehemann abhängige Frau, welche nach vielen Jahren als Hausfrau und Mutter wieder Fuß in ihrem Beruf zu fassen versuchte, so entwickelte sie sich im weiteren Verlauf der Serie zu einer starken, selbstsicheren und unabhängigen Dame, welche während ihrer Weiterentwicklung aber auch einige Wege beschritt und Entscheidungen traf, welche man als Zuschauer nicht immer zu 100 Prozent absegnen konnte.
Alicia stellte für mich oft ein Rätsel dar, da man als Zuschauer nie ganz sicher sein konnte, was sie nun tatsächlich in ihrem Inneren dachte beziehungsweise wie sie in einer Situation reagieren und anschließend handeln würde. Genau dieser Aspekt konnte mich gleich zu Beginn der Serie von Alicias Figur begeistern und im Verlauf der gesamten Serie immer wieder fesseln, zum Nachdenken und Rätseln veranlassen. Warum Alicia nach all den Betrügereien und Untreuen ihres Ehemanns dennoch in der Öffentlichkeit zu ihm stand, war eine der Dinge, welche man vermutlich immer an Alicia bewundern kann. Je mehr Zeit verging, desto mehr mauserte sich Alicia jedoch vom Image der betrogenen, dennoch zu ihrem Mann stehenden Ehefrau zu einer Businessfrau, welche es schließlich verstand, ihre Beziehung zu Peter und der Politik für ihren eigenen Nutzen einzusetzen und so in ihrer Karriere aufzusteigen. Manche würden dies als Egoismus und Skrupellosigkeit bezeichnen (was man Alicia in manch einer Situation sicherlich auch vorwerfen kann), ich persönlich habe Alicias Stärke und Mut zum Handeln jedoch immer an der Figur bewundert. Auch wenn ich den Bruch mit Lockhart & Gardner sehr schade fand und die Vorgehensweise von Alicia und Cary nicht in Ordnung war, konnte ich dennoch nicht anders, als Alicia für ihre Fortschritte zu bewundern und mit ihr zu fiebern, ob sie es denn schaffen würde, ihre eigene Firma aufzubauen. So musste Alicia manchmal auf die harte Tour lernen, sich durchzusetzen und ihren eigenen Weg zu gehen. Das Bewundernswerte an ihr war jedoch immer, dass sie nie aufgab und stets weitermachte, ja sogar von vorne anfing, um schlussendlich mehr zu erreichen. Ob Alicia tatsächlich glücklich war und ist in ihrem Leben, konnte man als Zuschauer oft gar nicht sagen, doch sie schien ungeachtet davon stets Willenskraft und Ambition zu haben, um ihr Leben zu ändern und sich weiterzuentwickeln.
Alicia war beziehungsweise ist für mich eine der Figuren, welche die weibliche Stärke und Macht im TV widerspiegelt. Natürlich macht man sich als Figur durch gewisse Entscheidungen und Handlungsweisen beim Zuschauer nicht immer beliebt, doch für mich schaffte man es immer auf eine Art und Weise das Blatt so zu wenden, dass ich am Ende trotzdem Mitgefühl für Alicia empfinden konnte und weiterhin mit dieser Figur mitfiebern durfte. Nach sieben Jahren schaffte man es schlussendlich mit dem Anfang und dem Ende der Serie den Kreis rund um Alicias Werdegang zu schließen: Während Alicias in der ersten Staffel noch an Peters Seite verharrt und die Ehefrau spielt, ist sie am Ende der siebten Staffel eine eigenständige Person, welche es geschafft hat, sich von Peter zu lösen und nun in eine konfuse, ungewisse, manchmal skrupellose Welt blickt, wobei ihr scheinbar alle Türen offen stehen.
Catherine Bühnsack & Melanie E. - myFanbase
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