Interview mit Numan Acar
30. Januar 2015 | Der türkischstämmige und in Deutschland lebende Numan Acar ist einer der neuen Darsteller in der vierten Staffel von "Homeland". Er spielt die zentrale und faszinierende Figur des Haissam Haqqani, ein fiktiver Taliban-Führer in Pakistan und Afghanistan. In unserem exklusiven Interview erzählt er von seiner Kindheit in Deutschland, seinem bisherigen Werdegang als Schauspieler und natürlich seiner Zeit am Set von "Homeland".
Achtung Spoiler! Das Interview enthält Informationen zur vierten Staffel von "Homeland", die in Deutschland noch nicht ausgestrahlt wurde.
© Numan Acar
1. Mit acht Jahren sind Sie von der Türkei nach Deutschland gekommen. Sie haben gesagt, dass es für Sie anfangs nicht leicht war, sich im neuen Umfeld und der fremden Kultur einzufinden, wie haben Sie sich dann schließlich doch in Wiesbaden eingelebt?
Mein Vater hat sich sehr effektiv, gut und klug für uns eingesetzt! Meine Geschwister und ich haben sehr früh einen privaten Deutschlehrer bekommen. Dann sind wir in die Schule gekommen, damals gab es noch die T-Klassen (in dem 30 türkischstämmige Kinder unterschiedlichen Alters zusammen auf Deutsch-Türkisch unterrichtet worden sind). Der Anfang war sehr schwer. Die Sprache war in erster Linie der Wegbereiter, sich gut einzufinden und auszudrücken.
2. Wie kam es, dass Sie Ihr Berufsleben als ausgebildeter Maurer und studierter Bauingenieur hinter sich gelassen haben, um sich voll auf die Schauspielerei zu konzentrieren?
Ich habe für den Fußballertraum gelebt und wollte unbedingt Fußballer werden, als ich die Chance hatte, merkte ich das mir die ganz große Leidenschaft fehlt, alles für diesen Traum zu geben. Also habe ich ein neues Hobby gesucht und bin recht früh in der Schauspielerei gelandet. Fußballspielen und Schauspielen ist sehr nah. Da ist der einzelne Akteur mit seinen Fähigkeiten und denen der Kollegen und wenn alles zusammen klasse harmoniert, dann macht man ein tolles Spiel und gewinnt! So habe ich in der Kreisliga des Schauspiels angefangen und habe mich hochgekämpft.
3. Mit Ihrer Rolle des Haissam Haqqani in Staffel 4 von "Homeland" sind Sie nun auch abseits von Deutschland und der Türkei sehr bekannt. Hat sich Ihr Leben dadurch sehr verändert?
Es hat den Blick auf Numan Acar den Schauspieler verändert. Er ist nun durch die Serie sehr bekannt geworden. Dadurch werden natürlich andere Filmemacher auf einen aufmerksam, was ich sehr genieße und was sehr schön ist. Es hat mich darin bestätigt, dass ich mit meinem Gefühl richtig lag, an einer internationalen Karriere zu arbeiten. In meinem Leben hat sich noch nichts verändert. Ich wohne in der gleichen Wohnung und mache das Gleiche mit den selben Freunden.
4. Haqqani wird sehr menschlich dargestellt, indem man ihn als fürsorglichen Familienvater zeigt. Hilft eine solche Vermenschlichung eines Terroristen dabei, mehr in einen Charakter hineinzufinden?
Über den Begriff des Terroristen zu reden, würde den Rahmen hier sprengen. Ich erinnere mich, dass Nelson Mandela sehr lange als Terrorist bezeichnet wurde. Die Figuren bei James Bond werden nie als Terrorist bezeichnet, sondern als Bond-Bösewicht. Obwohl sie immer und ausnahmslos die Weltherrschaft an sich reißen wollen. Also erstmal hängt es von der Perspektive ab. Ich habe die Figur nicht als einen Terroristen gesehen, sondern als einen Menschen. Dass so viele Facetten von Haissam Haqqani so in der Serie gezeigt werden, ist natürlich ein Geschenk der Autoren und Produzenten, was natürlich die Figur umso interessanter gemacht hat. Ich habe viel recherchiert und sehr viele Dokus gesehen, um der Figur gerecht zu werden. Habe viele Fotos analysiert. Ich kenne nun alle "Bösewichte" des Westen und des Orients.
5. Es gab ein sehr intensives Gespräch zwischen Saul und Haqqani über verschiedene Aspekte des Terrorismus. Bieten solche Szenen Anlass dazu sich auch hinter der Kamera mit Kollegen differenziert mit dem Thema auseinander zu setzen?
Natürlich haben wir auch sehr viel über Politik gesprochen. Ein großes Thema war mit Mandy [Patinkin] der Syrienkrieg, dann die Kurden, die Türken, die Aleviten, die Sunniten, die großen Religionen. Mandy und ich haben eine weitere Gemeinsamkeit außer dem Wandern entdeckt, die Politik. Doch letztendlich sind wir Schauspieler und keine Politiker. Wenn die Kamera eingeschaltet wird, sind wir Haqqani und Saul.
6. Als Haqqani Saul gefangen nahm, wurde dieser u.a. genötigt, Haqqani und seiner Frau beim Sex zuzusehen. Diente dies als Ausdruck der Macht über Saul?
Haqqani ist eine Figur, die unter ständiger Beobachtung lebt, der sich jahrelang versteckt hat, immer im Untergrund war. Er reiste nur nachts. Darum ist Saul auch immer unmittelbar in seiner Nähe, als schein Schutzschild. Natürlich ist es auch eine Art Folter durch Sex. Ich bin froh, dass sie nicht zusammen auf die Toiletten gehen mussten.
7. Bei einer Serie wie "Homeland", die sehr auf Spannungselemente und Cliffhanger setzt, ist die Geheimhaltung am Set wahrscheinlich essentiell. Über wieviel Handlungsverlauf wussten Sie vorab Bescheid und wieviel wussten Sie über die parallelen Handlungsstränge anderer Charaktere?
Wegen der Geheimhaltung haben wir die Drehbücher relativ kurz vor jeder Episode bekommen. Doch wenn wir die Bücher einmal hatten, haben wir Schauspieler uns natürlich auch über Szenen und Handlungen unterhalten. Das war genau so spannend für uns, wie für den Zuschauer, der auf die neue Episode wartet.
8. Staffel 4 wurde in Kapstadt und Umland gedreht. Hatten Sie Zeit, neben der Arbeit auch ein bisschen mehr von Südafrika anzusehen?
Südafrika ist ein tolles Land mit tollen warmherzigen Menschen. Wenn es einen Ort derzeit gibt, in das ich ausreisen würde, dann ist es Kapstadt in Südafrika. Ich habe viel gelernt dort und bin viel gereist. Es war eine sehr schöne Zeit. Ich kann nur jedem empfehlen, dieses Land zu besuchen.
9. Sie haben Halloween 2014 mit Ihren "Homeland“-Kollegen gefeiert. Haben Sie nun nach den Dreharbeiten auch noch guten Kontakt zu Claire Danes, Mandy Patinkin und Co.?
Ich habe mit vielen Kollegen noch sehr guten Kontakt und freue mich sehr, sie bald in Los Angeles zu sehen.
@lilarobins @MaurySterling @mokeefeman ready for pre @SAGAwards Party! Miss you @NazaninBoniadi Team @SHO_Homeland pic.twitter.com/8vPZliPfHH
— Numan Acar (@NumanAcar_) 25. Januar 2015
10. Wenn Sie auf Ihre bisherige Karriere zurückblicken, welches Projekt lag Ihnen besonders am Herzen oder hat am meisten Spaß gemacht?
Ich bin sehr froh, das ich in dem neuen Fatih-Akin-Film dabei sein durfte, "The Cut", ist für mich ein toller Film. Auf "Homeland" bin ich sehr stolz, weil ich schon vorher ein großer Fan dieser Serie war. "Waiting for Heaven" von dem türkischen Regisseur Dervis Zaim ist ein toller Film. Ich habe eigentlich auf vielen Sets sehr viel Spaß. Ich hatte immer das Glück mit sehr interessanten Menschen zu arbeiten. Mit vielen habe ich noch sehr engen Kontakt.
11. Sie arbeiten auch als Produzent und haben vor einigen Jahren Ihre eigene Produktionsfirma Acar Entertainment gegründet. Was hat Sie daran gereizt, auch hinter den Kulissen tätig zu werden?
Ich habe bemerkt das ich gerne eigene Geschichten auf die Leinwand bringen möchte. Ich denke erst in Bildern. Also fing ich an, ein Drehbuch zu schreiben, und dachte, ich muss es erst mir beweisen, dass ich es kann bevor ich andere darin involviere. Also habe ich meinen Debütfilm "Vergrabene Stimmen" geschrieben und produziert, der im März 2014 in die Kinos gekommen ist. Nun bin ich dabei die zweite Geschichte zu verfilmen, die wir Ende dieses Jahres drehen werden. Ich habe die Rechte von "Der kleine Muck" von Wolfgang Staudte erworben. Film ist eine universelle Sprache. Ich liebe es, wenn Bilder sprechen, denn es ist eine Sprache die jeder verstehen kann. In der Sprache des Filmes interpretiere ich die Bilder der Kulturen, in denen ich mich bewege.
12. Da myFanbase ein Onlinemagazin ist, dass sich mit amerikanischen Fernsehserien beschäftigt, würden wir gerne wissen, welche Ihre Lieblingsserien sind?
Absolut "Homeland", bin ein Fan von "True Detective", "Damages", "The Wire", "Die Sopranos", "Game of Thrones", die Liste ist endlos...
Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben!
Danke Ihnen...
Catherine Bühnsack - myFanbase
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