Bewertung

Review: #1.22 Erdrutsch

Foto: Ali Larter, Heroes - Copyright: 2010 Universal Pictures
Ali Larter, Heroes
© 2010 Universal Pictures

Spätestens nach dieser Folge ist eines klar: "Heroes" ist nicht für das Nachmittagsprogramm geeignet. Stellt euch vor, eure kleine Schwester zappt in der Werbepause von "Sailor Moon" durch die Kanäle und stößt auf Sylar, der einen hilflosen Ted skalpiert oder D.L., der Lindermans Gehirn zu Brei verarbeitet… das Kind bekäme das Trauma seines Lebens. Hm. Ist euch schon mal aufgefallen, dass diese Show wirklich ein Faible für Gehirne hat? Und dass "Sylar Moon" eigentlich gar nicht schlecht klingt?

#1.22 Erdrutsch ist also die vorletzte Folge der ersten Staffel und ich werde nostalgisch. Doch während ich mir überlege, wie ich ohne "Heroes" auskommen soll, werfen wir doch einen Blick auf diese vorletzte Episode, die eine gelungene Mischung aus Action und Gefühl war, viele Highlights hatte, aber auch einige Schwachpunkte.

"Destiny picked you, Hiro!"

Ähnlich wie #1.21 Der schwierige Teil auch, fungiert #1.22 Erdrutsch als eine Episode, die alles für das große Finale vorbereiten soll. Mittlerweile sind ausnahmslos alle Heroes in New York angekommen und es bleibt nur noch ein Tag Zeit, bis die Metropole in die Luft gehen wird. Und unsere einzige Hoffnung, dies zu verhindern, hat den Mut aufgegeben.

Hiro erlebt in dieser Folge eine große Krise. Nachdem er sich gegen Sylar nicht behaupten konnte und so feststellen musste, dass er New York vor ihm nicht retten kann, ist er kurz davor, alles hinzuschmeißen. Doch zum Glück gibt es ja noch Ando, der endlich in seiner Funktion als bester Freund voll aufgeht. Er ist nicht nur derjenige, der Hiro immer wieder ermutigt, sondern hat auch die zündende Idee, wegen des kaputten Schwertes doch einfach mal bei einer Schmiede anzurufen. Bingo! So macht sich das japanische Gespann auf, um das Schwert reparieren zu lassen und trifft auf Nathan – eine Begegnung, die zu den angesprochenen Highlights der Episode zählt.

Ähnlich wie bei Hiros und Nathans früheren Zusammentreffen muss man einfach augenblicklich schmunzeln, wenn man den Frying Man und den naiven Hiro sieht, für den der starke Nathan eine Art Superheld ist. Umso herzzerreißender ist Hiros Enttäuschung, als er erkannt hat, dass Nathan alles andere als ein Superheld ist, sondern eine Bahd Pahson. So markiert diese Begegnung den endgültigen Wandel Nathans in einen bösen, machthungrigen Politiker, der nach einem langen Gewissenskampf letztlich von seiner bösen Seite übermannt wurde.

Die zwei Japaner erreichen also die Schmiede, wo sie natürlich zunächst mal ein zwei Meter großes S-Zeichen sehen. Und – TADA – Kaito Nakamura! George "Sulu" Takei ist wieder zurück und sein Auftritt ist großartig. Der 70-jährige besitzt eine Aura, die einfach genau zur Rolle des mysteriösen Nakamura passt und daher ist es jedes Mal ein Genuss, ihn zusammen mit Masi Oka zu sehen.

Nakamura ist also einer der Guten, die Linderman und Angela Petrelli jeweils zu denen zählen, die "ihren Weg verloren haben". Was wir natürlich anders sehen, denn Nakamura will die Explosion schließlich stoppen. Hierbei sollte man ein nettes Detail erwähnen, das mit Hiros Namen zu tun hat: Hiro nämlich, so erfuhren wir im zweiten Online Comic, wurde von seinen Eltern nach Hiroshima benannt. Wer gut aufgepasst hat, wird sich daran erinnern können, dass Angela Petrelli in #1.21 gegenüber Nathan Präsident Truman erwähnte, der zwei Atombomben auf Hiroshima warf, um den Zweiten Weltkrieg zu beenden. So ist es klar, dass jemand wie Nakamura eine Explosion von New York nie gutheißen könnte. Und, dass Hiro prädestiniert dafür ist, die Katastrophe - quasi ein zweites Hiroshima - zu stoppen.

Doch trotz all dieser fantastisch eingefädelten Kleinigkeiten und der perfekten Vater-Sohn-Chemie zwischen Oka und Takei hat dieses Treffen zwei Makel: zum einen grenzt es fast schon an Selbstironie, als Papa Nakamura doch tatsächlich sagt, dass das Schwert (für das man ein Viertel der Staffel hernahm, damit Hiro und Ando es finden konnten!) unwichtig sei. Ah! Haben sich die Autoren hier selbst auf den Arm genommen? Es muss so sein. Zum anderen wirkt das Schwerttraining wie eine Notlösung, um Hiro schnell wieder neuen Mut zu geben, damit er Sylar stoppen kann. Ähnlich wie bei Sylar in der letzten Episode, den man zu seiner Mutter schickte, um ihn in die Richtung zu lenken, in der man ihn haben wollte, erscheint mir Hiros Zusammentreffen mit seinem Vater. Hiros Wandlung von einem entmutigten Helden zu einem schwertschwingenden Samurai war zu abrupt, zu schnell, zu unvorbereitet. Mehr Zeit hätte dieser Entwicklung gut getan.

Micah macht das Würstchen

Meine Kollegin Elsa hatte den tollen Einfall, den Werbespruch einer bestimmten Fleischfirma ein bisschen umzuändern und ich liebe Wortspiele ja, deswegen wollte ich diesen Spruch als Überschrift verwenden. Nicht zuletzt, weil er einfach sehr gut passt: denn Micah macht diesmal tatsächlich das Würstchen, er trägt immens zu den Geschehnissen bei. Es ist fantastisch, wie die Autoren vorausgedacht haben und nichts dem Zufall überließen. So haben sie Micah ausgerechnet zu einem Technopathen gemacht, damit er jetzt seine Aufgabe erfüllen und die Wahlen manipulieren kann.

Während Micah Nathan zu einem haushohen Wahlsieg verhilft, sind seine Eltern mit Lichtgeschwindigkeit von Las Vegas nach New York gereist. Sie statten erst Nathan einen Besuch ab und treffen dann auf Bennet und Matt. Fabelhafte Szene: D.L., Jessica, Bennet und Matt stehen schweigend im Aufzug, während die Fahrstuhlmusik im Hintergrund dudelt. Köstlich.

Es kommt schließlich zur finalen Begegnung mit Linderman, die so einige Überraschungen bietet. Ohne viele Worte zu verlieren, konfrontieren Jessica und D.L. den alten Mann und erstmals erscheint Linderman nicht mehr so unverwundbar und überlegen wie sonst immer. Doch Linderman weiß um die Schwächen von Jessica und versucht sie dazu zu bringen, D.L. für einen Haufen Geld zu töten. Das ist großartig. Wieder einmal versteht Linderman es, Leute zu manipulieren und sie so zu seinem Werkzeug zu machen – doch er hat nicht mit Niki gerechnet. Im letzten Moment übernimmt sie wieder die Kontrolle über Jessica und plötzlich geht es Schlag auf Schlag: Linderman greift nach der Waffe, um Niki zu töten, doch trifft D.L., dann zielt er nochmals auf Niki, doch D.L. reißt Linderman das Gehirn raus.

BOAH.

Wie aus Lindermans Augen plötzlich Blut schießt und D.L. letztlich dessen Gehirnmatsch in der Hand hält – das ist auf eine groteske Art cool. Und so gibt Linderman, eine der wichtigsten Personen der Staffel, den Löffel ab. Schade um Malcolm McDowell, der diesen Charakter makellos spielte.

"What am I thinking now, Parkman?" – "Your last thought!"

Während D.L. und Niki Linderman den Garaus machen, kommt es ein paar Stockwerke weiter unten zum Showdown: Bennet und Matt wollen das Walker-System außer Gefecht setzen - dabei rettet Bennet Matt das Leben, indem er Thompson erschießt, bevor dieser Matt erschießt.

War das cool? Oh ja.

Nachdem ihm mit #1.17 eine komplette Episode gewidmet worden war, hatten wir von Hornbrille wenig gesehen. Vor allem hatten wir immer nur den lieben Daddy vor Augen, der Claire-Bear um jeden Preis beschützen will. Nun sehen wir endlich wieder seine skrupellose Seite, die Seite, die Thompson tötet, um seine Familie zu beschützen. Bennet tut alles, um sein normales Leben zurückzuerlangen und geht dabei auch über Leichen – auch über die Leiche eines kleinen Mädchens?

Der Cliffhanger ist gut: Mohinder hält Bennet die Knarre an den Kopf, Bennet hält Molly die Knarre an den Kopf und Molly ist einfach nur ein armes Kind. Doch kann sich hier jemand vorstellen, dass Bennet Molly erschießen würde? Auch wenn Bennet einst deklarierte, dass er "comfortable with morally gray" (#1.17) sei, Bennet bringt keine kleinen Kinder um. Und so hoffe ich, dass die Autoren gemäß Bennets Charakter eine andere Lösung für das Problem finden werden, als Mollys Tod.

"Boom."

Schließlich haben wir noch Onkel Peter, Claire-Bear und Ted, die von Hornbrille den Segen bekommen haben, irgendwohin nach Nebraska zu fahren, um einfach weit weg von New York zu sein. Doch sie haben nicht mit Sylar gerechnet: dieser hat wieder seine alte Genialität zurückerlangt und entfaltet sein volles Potential. So lässt er Peter seine Gedanken lesen, um ihn ein bisschen in Panik zu versetzen, ruft Audrey Hanson an (Clea DuVall is back!) und skalpiert den armen Ted. Sylar in Aktion ist einfach unschlagbar.

So kommen wir also zum Ende dieser Episode, einem fantastischen, wahnsinnig stimmigen und perfekt inszenierten Ende. Perfekt. Und auch wenn #1.22 Erdrutsch insgesamt nicht wirklich eine perfekte Episode war, so war sie doch unglaublich unterhaltsam und brachte Einiges vorwärts. Jetzt ist alles bereit für das Finale. Und ich kann es kaum noch erwarten.

Maria Gruber - myFanbase

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