Bewertung
Dashner, James

Die Auserwählten - Im Labyrinth

"'Ich heiße Thomas', dachte er. Das war das Einzige, was er über sich selbst wusste."

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Inhalt

Als Thomas die Augen öffnet, weiß er nichts. Nicht wo er ist, woher er kommt, wer seine Eltern sind, er weiß nicht einmal mehr, wer er selbst ist. Thomas – seinen Namen, das ist alles, was seine Erinnerungen noch hergeben. Thomas sitzt in einer dunklen Metallkiste und weiß nicht wie ihm geschieht, als sich die Türen öffnen und eine Horde Jungs ihn in Empfang nimmt. Er findet sich auf einer Lichtung wieder, auf der eine Gemeinschaft etlicher Jungen lebt, die sich gut organisiert hat. Es gibt Schlachter, Bauern, Sanitäter, einen Koch und es gibt Läufer. Schnell wird klar, was die Aufgabe der Läufer ist. Neben der Lichtung erhebt sich ein riesiges Labyrinth, dessen Tore sich nachts schließen und das in der Dunkelheit unheimliche Geschöpfe beherbergt. Tagsüber erkunden die Läufer das Labyrinth, um einen Ausgang von der Lichtung in ihr früheres Leben zu finden, an das sich jedoch keiner von ihnen erinnern kann. Doch über Nacht verschieben sich die Wände wie von Zauberhand, was die Aufgabe der Läufer nicht leichter macht. Schnell steht für Thomas eines fest – er MUSS einer von ihnen werden.

Kritik

Die Grundprämisse des Buchs ist nicht neu – Jugendliche müssen an einem seltsamen, rätselhaften Ort um ihr Leben kämpfen – hält sich aber an aktuelle Konventionen des Jugendbuchkanons. Die Story an sich ist also vom Grundgedanken her ganz Okay. Einige Schwächen verhindern jedoch ein absolutes Eintauchen in James Dashners Welt.

Es fällt unheimlich schwer, sich mit den Jugendlichen zu identifizieren, sie auseinander zu halten oder besonders lieb zu gewinnen. Die Tatsache, dass die Jungs so gut wie nichts mehr von sich wissen, trägt dazu bei, dass alle Charaktere sehr schwach bleiben und man nie wirklich mit oder um jemandem bangen muss/kann. Die meisten der Figuren sind und bleiben recht oberflächlich und das ist ein großes Manko. Um bei einer Lektüre mizufiebern, muss ich mich den Charakteren verbunden fühlen, sie "kennen lernen", sie lieben oder hassen.

Der Ort, den sich Dashner für seinen Roman erdacht hat, weist interessante Aspekte auf. Schnell lässt sich vermuten, dass er nicht natürlich entstanden ist, sondern von Menschenhand zu einem bestimmten Zweck erschaffen wurde. Diesem Ort wird Logik und somit Leben eingehaucht. Die Jungen haben es geschafft, Plantagen anzulegen und Tiere zu züchten, um sich zu ernähren. Es gibt eine – wie man später erfahren soll – künstliche Sonne, regulierte Wetterverhältnisse, ein organisiertes Gesellschaftssystem und einen festen Tagesablauf. Der Ort ist so beschrieben, dass man sich durchaus ein Bild davon machen kann, wie es dort aussieht. Was jedoch an einigen Stellen fehlt, sind Alltäglichkeiten. Dashner beschreibt häufig, wie die Jungen essen und schlafen, von einem Bad ist jedoch nur ein einziges Mal die Rede. Zwar ist klar, woher die Jugendlichen ihr Essen haben (sie bauen es selbst an und zudem erhalten sie regelmäßige Lieferungen durch einen Aufzug), doch es gibt keine Wasserquelle. Es ist zwar ständig die Rede davon, dass sie Wasser auffüllen, doch ist dem Leser gar nicht klar, wo. Solche kleinen aber doch entscheidenden Mängel tragen dazu bei, dass die Fiktion Lücken bekomm,t und das ist Gift für den Lesespaß.

Selbst der Held, Thomas, wächst einem nicht so richtig ans Herz. All seine Ziele und Handlungen machen in seinem Kopf scheinbar Sinn. Einen Grund dafür kennt er jedoch nie. Er verhält sich nach einem Muster, das nicht er und auch sonst niemand begründen kann. Natürlich entspringt das der Amnesie der Kinder, doch dann scheint Gedächtnisverlust eben keine besonders glückliche Grundlage für Charakterentwicklungen zu sein. Es nervt einfach, wenn es ständig heißt: "Ich muss Läufer werden. Ich wusste nicht warum. Aber ich wollte es wie nichts anderes." AHA.

Eine nächste Logiklücke ergibt sich für mich im Gesamtkonzept. All die Jungen auf der Lichtung sind klug. Sie wurden, wie sich herausstellt, für ein Experiment benutzt. Jedoch wird immer wieder deutlich, dass sie so klug irgendwie doch nicht sind, denn eine herausragende Idee hat, außer der Held Thomas, eigentlich nie jemand. Zudem werden die Jugendlichen von sogenannten Griewern bedroht. Das sind elektronische Monster mit giftigen Stacheln, die eine Verwandlung bewirken. Diese kann nur durch Griewerserum aufgehalten werden, was dafür sorgt, dass Erinnerungsfetzen zurückkommen. Nun lässt sich Thomas stechen und das Serum verabreichen, um sich an Dinge zu erinnern. Doch wenn das Serum diese Wirkung hat, warum muss er sich dann vorher stechen lassen? Hätte er nicht einfach so das Serum nehmen und abwarten können, was passiert, um so unnötige Schmerzen zu vermeiden? Scheinbar nicht, denn er ist ja der Held der Geschichte und Helden müssen sich opfern. Sinn hat es für mich aber nicht gemacht, erst recht nicht, wenn er doch so intelligent ist.

Es werden auch recht viele Klischees bedient. Eines davon darf natürlich nicht fehlen: als letzte Person wird zum allerersten Mal ein Mädchen auf die Lichtung geschickt. Mit ihr ist Thomas auf seltsame Art verbunden. Er braucht sie und sie ihn, warum das so ist, weiß aber natürlich niemand. Sie können sogar telepathisch miteinander reden. So gibt es eine Liebesgeschichte, die irgendwie keine ist.

Auch die Vorhersehbarkeit ist eine Schwäche des Buches. Alles, was eine Bedeutung hat oder eine haben wird, wird so oft erwähnt, dass jedem Leser klar ist, welche Aspekte zur Lösung des Rätsels beitragen. Zu guter Letzt wird einem in wenigen Kapiteln die Lösung um die Ohren gehauen und mit großen Schritten geht es dem zweiten Teil entgegen.

Fazit

Die Buchidee ist recht spannend und trägt Potential in sich. Dieses wird aber an vielen Stellen nicht wirklich genutzt. "Die Auserwählten - Im Labyrinth" ist der solide Auftakt einer Buchreihe, die durchaus noch mehr kann, als sie bisher gezeigt hat.

Zur Rezension von "Die Auserwählten - Kill Order"

Zur Rezension von Band 2 "Die Auserwählten 2 – In der Brandwüste"

Zur Rezension von Band 3 "Die Auserwählten 3 - In der Todeszone"

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Janina Funk - myFanbase
02.11.2012

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