Interview mit Katharina Weiß & Philipp Zumhasch
Mai 2013 | Wenn es darum geht, "35 unter 35" zu wählen, wird es wirklich interessant, nicht diejenigen auszuwählen, die vom Erfolg ihrer Eltern profitieren und daher die Medien dominieren. Und vor allem: Im eigenen Land zu suchen. Also zogen Katharina Weiß und Philipp Zumhasch los, um mit 35 "Legenden von morgen" zu sprechen – nicht nur über ihre ungewöhnlichen Lebenswege, sondern über alles, was so zu Bier und Zigaretten passt: Von Religion bis Sex, von Liebe bis Feminismus. Für Katharina Weiß ist das bereits ihr fünftes Buch im Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag – schon in ihrem Debüt "Generation Geil" hat sie ungewöhnliche Jugendliche gesucht und sie nach ihrer Motivation befragt. Nun geht es hauptsächlich um die Zeit nach dem Abi. Wie soll es weitergehen? Und wie wird man legendär? Daher sprechen die beiden mit Vertretern exotischer Berufe wie Regula Mühlemann, Opern- und Konzertsängerin, oder dem Hip-Hop-Produzent Jakob Krüger. Sie alle haben eins gemeinsam: Ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. Doch was ist mit Katharina und Philipp selbst?
1. Kathi, du hast zuletzt für "100 Dinge, die man tun sollte, bevor man 18 wird" mit deiner engen Freundin Marie Michalke zusammengearbeitet. Wie war es jetzt, sich auf Phil einzulassen?
Katharina: Bei den Interviews zum Buch wurde ganz deutlich, dass wir zwei Gegenpole sind – was aber nicht das Schlechteste ist. Wir putschen uns nicht gegenseitig auf und sind dann beide voll hyper, er hört dann einfach auch mal zu, wenn ich mich in Gespräche verstricke, und zieht daraus gute Schlüsse.
Philipp: Aber eigentlich mache ich immer brav, was sie sagt: "Ja, Kathi, nein, Kathi, gute Idee, Kathi!" (lacht)
2. In welchen Situationen habt ihr die Interviews fürs Buch geführt?
Katharina: Wir wollten die Leute im Nachtleben treffen und mit ihnen philosophieren. So wie es manchmal im echten Leben ist – man geht in eine Bar, trifft Freunde, dann ist da einer, der macht was mit Kunst – und schon ist man im schönsten Gespräch.
3. Die Neugierde, die man für dieses Buchprojekt braucht und um künstlerische Schaffensprozesse zu hinterfragen, haben bestimmt nicht alle.
Philipp: Leider nicht, das stimmt. Karsten Becker, der Ingenieur, den wir interviewt haben, meinte auch, dass die meisten Leute mit ihrem Handy auf der Straße sich nicht fragen, wie so ein Handy funktioniert. Wenn da etwas kaputt geht, können sie nicht benennen, was es ist. Und das ist natürlich schade.
4. Euer zweiter "Howard Wolowitz" Robert Böhme sagte euch im Interview: "Ich möchte die technische Infrastruktur von morgen schaffen." Ist das für euch aus der Medienbranche überhaupt nachvollziehbar?
Philipp: Auf jeden Fall. Das ist wie früher bei den Klassenbesten in der Schule, die total über Physik Bescheid wussten – das ist einfach beeindruckend.
5. Wohingegen auch viele ganz zufrieden damit sind, einen Bürojob zu haben oder am Amt zu arbeiten. Die wollen dann keine Legende werden.
Philipp: Ja, klar. Man überlegt sich ja auch nicht, ob man Legende werden will. Es ist sowieso viel wichtiger, ein guter Mensch zu sein. Ich will keine Legende werden!
Katharina: Das sagt er jetzt so, aber eigentlich will er ins Who is Who ...
Philipp:: Ja, als guter Hausmann vielleicht.
Katharina: Wobei ich einen Bürojob gar nicht verteufeln will! Ich sitze ja auch den ganzen Tag in der Redaktion.
6. Denkt ihr, Schule bzw. die Weiterbildung nach der Schule sind elementar, wenn man es mit seinem Talent zu etwas bringen will? Viele Hollywoodstories beginnen ja eher mit dem Schulabbruch ...
Katharina: Das war uns wirklich sehr wichtig, dass unsere Protagonisten die Schule abgeschlossen hatten und irgendwie einen Plan B haben. Ich meine, mir war es auch unglaublich wichtig, mit der Schule fertig zu werden, um dann endlich nach Berlin zu ziehen. Ich muss sagen, dass Berlin zwar eigentlich nicht das Mekka für Kreativität ist ... aber für mich ist es das! Und es war unglaublich wichtig, auf eigenen Beinen zu stehen. Aber ein Background ist ebenfalls fundamental. Und da muss ich sagen, es ist eindeutig etwas an diesem berühmten Zitat dran - man friert in dem Moment ein, in dem man berühmt wird – und altert dadurch nicht mehr.
7. Viele versuchen ja lieber, über Realityshows ihre 15 Minuten Ruhm zu bekommen. Was unterscheidet Legenden von diesen One-Hit-Wonder?
Katharina: Es gibt eben auch welche, die finden es geil, in der Disko zu sagen: "Ich war bei 'Berlin - Tag & Nacht'!"
Philipp: Viele denken auch, über solche Shows kommt man zu schnellem Ruhm, Sex und Geld. Aber letztlich geht es denen, die wirklich Legendenpotential haben, nicht um Sex und Geld, so schafft man das niemals. Legenden bestehen ja für immer. Und heute kann sich niemand mehr an den Gewinner der letzten "DSDS"-Staffel erinnern.
8. Wiederkehrende Themen in euren Interviews waren Fans und die Yellow Press, aber auch Jurys wie die aus "Deutschland sucht den Superstar", die alle mit ihren Meinungen auf junge Leute im Rampenlicht eindrängen. Wie geht ihr selber mit Feedback um?
Katharina: Die Meinung der Menschen, die Kritiken schreiben, oder uns diese face to face sagen, nehmen wir uns sehr zu Herzen, aber Kommentare aus dem Internet sollte man generell ausklammern. Da steht kein Name dahinter, kein Gesicht, das ist vollkommene Anonymität.
Philipp: Es gibt zu viele Trendkritiker, die kritisieren, was Trend ist. Und viele gucken auf die und nehmen deren Meinung an, nur weil die "cool" sind. Der größte Gruppenzwang des 21. Jahrhunderts ist die Individualität.
9. Im Magazin Rookie wird diesen Monat das Thema "Attention" abgehandelt, dabei geht es um die Legenden alter Tage, von Warhol bis Dylan. Was unterscheidet die Legenden von morgen von den alten Vorbildern?
Katharina: Sie können alle auf das Internet zurückgreifen. Dadurch können sie sich eben besser vernetzen oder positionieren. Früher kam man selten darauf, Künstler zu werden, jetzt hat man einen größeren Einblick in die Möglichkeiten. Heute kann man daher früher anfangen – und wir bilden in unserem Buch ganz klar den Anfang ab.
10. Welche Zitate aus "Legenden von morgen" sind euch nachhaltig im Gedächtnis geblieben?
Philipp: Auf jeden Fall von Elisa Schmidt: "Es ist natürlich klar, dass du dich angreifbar machst, wenn du ein Stück deiner Seele für 99 Cent bei iTunes verkaufst."
11. Das macht ihr ja für 14,95 Euro.
Philipp: Stimmt. Aber jeder veröffentlicht sowieso irgendetwas von sich selbst und sei es für umsonst auf Facebook.
Katharina: Oder noch ein beeindruckender Satz aus unserem Buch: "Kunst rettet mich!"
Philipp: Oh ja!
Katharina: Und auch vieles, was Anouk Jans gesagt hat, zum Beispiel darüber, wie sie auf der Beerdigung ihres Opas lachen musste. Und viele Sätze von Dustin Boris Janko, mit dem habe ich mich auch während des Interviews ordentlich gestritten. Oder auch ein Zitat von Max Prosa, dass Liebe und Kreativität Gottesdienst sind. Ich stehe sowieso total auf diese Vergleiche aus dem Kirchlichen. Wie Mathias Artur Lempart eine Modemesse in einer evangelischen Kirche verlesen hat, das hat mich fasziniert.
12. Wo steht ihr gerade?
Beide: Am Anfang!
Katharina: Ich habe gerade eine Blume von der Sommerwiese meines Lebens gepflückt ...
Philipp: ... um daraus Marmelade zu machen.
Katharina (lacht)
Philipp: ... um sie zu zerpflücken. Ich würde fast sagen, ich bin schon ein Stückchen weiter auf dem Weg. Und auf einem guten Weg.
13. Wenn du den Weg kennst, kannst du dann sagen, wo du dich in fünf Jahren siehst?
Philipp: Nein, wirklich nicht.
Katharina: Ich glaube, jeder, der auf diese Frage antwortet, wird eigentlich lügen. Denn diese Frage klammert oft aus, was mit der Liebe ist. In fünf Jahren würde ich schon gerne mit der Liebe meines Lebens zusammen sein. Am besten ist das ein Rockstar ... (lacht)
Simone Bauer - myFanbase
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