Bücherherbst 2015 - Teil 3

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September: Der Großmeister ist zurück

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Jonathan Franzen, einer der größten Romanciers unserer Zeit, bringt ebenfalls wieder einen Roman auf den Markt. Wie schon bei Harper Lee erscheint "Unschuld" beinahe zeitgleich mit der US- Veröffentlichung am 4. September im Rowohlt Verlag. Zyniker Franzen, der mit "Das Kraus-Projekt" zuletzt eine Essay-Sammlung über den deutschen Satiriker Karl Kraus publizierte, besinnt sich wieder auf seine literarischen Wurzeln und schreibt über sein Lieblingsthema, die westliche Gesellschaft. Anders als in Franzens vorherigen Romanen, die die eiskalte Realität abbildeten, sollen in "Unschuld" allerdings auch mythische Töne mitschwingen. Die junge Purity "Pip" Tyler steht mit 130.000 Dollar in der Kreide, besetzt mit einigen Anarchisten ein Haus und hat ein angespanntes Verhältnis zu ihrer Mutter. Kurzum, es ist Zeit für einen Tapetenwechsel. Pip macht sich auf die Suche nach dem ihr unbekannten Vater und somit ihrer Identität, eine Suche, die sie von Amerika nach Bolivien und in die DDR führen wird.

Während Franzen die Amerikaner und Europäer unter die Lupe nimmt, beschäftigt sich der Kairoer Intellektuelle Alaa al-Aswani im "Der Automobilclub von Kairo", der am 24. September im S. Fischer Verlag erscheinen wird, mit der ägyptischen Gesellschaft und berichtet von der Zerrissenheit seines Heimatlandes. Abd el-Aziz Gaafar, ein einfacher Mann, arbeitet in den 1940er Jahren in einem Automobilclub für Europäer. Das Personal wird wie Sklaven behandelt. Als Ab del-Aziz versucht, für seine Rechte einzustehen, wird zu Tode geprügelt. Doch damit kommt ein Stein ins Rollen, mit dem keiner gerechnet hätte: Ein tiefgehender sozialer Umschwung im Club steht bevor – zeitgleich mit der ägyptischen Revolution von 1952. Der Mikrokosmos Alaa al-Aswanis steht sinnbildlich für ein ganzes Land. Obwohl der Roman siebzig Jahre zuvor spielt, lassen sich unschwer Parallelen zwischen der beschriebenen Zeit und dem arabischen Frühling 2011 ziehen.

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Paolo Giordano, der nur 25jährig mit "Die Einsamkeit der Primzahlen" Italiens meistverkauftes Buch des Jahres 2008 verfasste, meldet sich mit "Schwarz und Silber" zurück, was am 25. September bei Rowohlt erscheint. Auch in seinem neuen Roman geht es um die Einsamkeit, von der er mit gewohnter Intensität berichtet. Ein junges Paar lebt mit dem kleinen Sohn in Turin. Das Herz des Haushalts ist die Angestellte Babette, die die Mutterrolle übernommen hat und sich um alles kümmert. Doch als Babette an Krebs erkrankt, muss sie ihre Arbeit aufgeben. Das hat auch Auswirkungen auf das Ehepaar: Ohne Babette verlieren sie ihren Halt und ziehen sich immer mehr voneinander zurück. Babettes Zustand verschlechtert sich zunehmend, doch vor ihrem Tod möchte sie das Paar nochmal sehen: Sie hat einen ganz bestimmten Auftrag für die beiden.

Über 1000 Seiten stark ist der Roman "Die Stunde zwischen Frau und Gitarre" des Österreichers Clemens J. Setz (erscheint am 7. September im Suhrkamp Verlag), der zwischen Obsession, Liebe und Rache oszilliert. In einem Wohnheim für körperlich behinderte Menschen bekommt der im Rollstuhl sitzende Alexander Dorm, dessen Naturell als "kompliziert" einzustufen ist, regelmäßig Besuch von dem Mann, dessen Frau er einst in den Suizid getrieben haben soll. Einer Pflegerin, die das Verhältnis der beiden aus der Ferne beobachtet, bemerkt die Antipathie, die der Besuchers Dorm gegenüberbringt. Was bezweckt er mit seinen wöchentlichen Besuchen wirklich? Wer ist am Ende Täter und wer das Opfer?

Isabella Caldart - myFanbase

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