Unsere Lieblingsschriftsteller - Teil 2

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Foto: Rainald Goetz, Frankfurter Buchmesse 2012 - Copyright: Isabella Caldart
Rainald Goetz, Frankfurter Buchmesse 2012
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Rainald Goetz

Die Karriere von Rainald Goetz begann vor über 30 Jahren mit einem medialen Coup: Während der Lesung seines Textes "Subito" bei dem renommierten Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt 1983 schnitt sich Goetz, gemäß der Aufforderung in seiner eigenen Geschichte, in die Stirn und las unter strömendem Blute zu Ende. Weder davor noch danach gab es jemals einen vergleichbaren Auftritt – kein Wunder, dass diese Anekdote auch mehrere Jahrzehnte später immer wieder in Artikel über den Popliteraten Einzug findet. Von der skeptischen Jury in Klagenfurt war Marcel Reich-Ranicki übrigens der einzige, der den Wutausbruch Goetz' als authentisch erkannte.

Aber es ist natürlich nicht nur Rainald Goetz' Spiel mit den Medien (immer wieder ein Thema seiner Bücher und Romane), die den Berufs-ADHSler zu einem der wichtigsten deutschsprachigen Literaten unserer Zeit machen. Goetz, promoviert in Altgeschichte und Medizin, zeichnet sich durch eine ganz eigene Sprache voller Rhythmen, Neologismen und Wiederholungen aus, die seinen zumeist im Stream-of-consciousness verfassten, höchst narzisstischen Texte eine besondere Melodik verleihen. Leicht zu lesen ist Goetz nicht, aber die Lektüre lohnt fast immer. Mitunter schlägt er über die Stränge, wie zum Beispiel in seinem Roman "Johann Holtrop" (2012), in dem eine moralisierende Erzählerinstanz auf enervierende Weise die Machenschaften eines korrupten Medienmoguls kommentiert. Davon abgesehen gibt es wenige, die die deutsche Gesellschaft über viele Jahrzehnte hinweg so genau beobachtet und analysiert haben. Rainald Goetz ist ein Exzentriker, der seine Wut gekonnt kanalisiert und, seien wir ehrlich, auch vermarktet. Das bedeutet aber nicht, dass es nicht trotzdem auch Recht behielte.

Roberto Bolaño

Der Schriftsteller Roberto Bolaño hatte ein bewegtes Leben, das sich als perfekter Fundus für seine Romane erwies: Geboren in Chile verbrachte er seine Jugend in Mexiko. Zwanzigjährig kehrte er in das Heimatland zurück, um Salvador Allende zu unterstützen. Nur wenige Tage nach seiner Ankunft in Chile gab es allerdings den Militärputsch infolge dessen Pinochet die Macht ergriff. Auch Bolaño bekam die harte Hand des Diktators zu spüren: Er wurde verhaftet und konnte nur dank der Hilfe eines Freundes fliehen. Nach Francos Tod zog der Romancier im Jahre 1977 nach Katalonien, zuerst nach Barcelona, später Blanes, wo er bis zu seinem eigenen Tode leben sollte. Bolaño starb 2003 an einer Leberzirrhose; auf eine Organspende hatte er vergeblich gewartet.

Trotz eines Achtungserfolgs mit dem Roman "Die wilden Detektive" (1998), wurde der chilenische Autor erst durch seinen posthum herausgegebenen Nachlass bekannt. Dabei sticht besonders der Roman mit dem kryptischen Titel "2666" hervor, der ein Jahr nach seinem Tod veröffentlicht wurde. Der 1100 Seiten umfassende Roman ist in fünf Bücher unterteilt, die miteinander verknüpft sind, zugleich aber auch einzeln gelesen werden können. Bolaño konnte "2666" vor seinem Tod nicht mehr beenden – einige Stellen hätte er bestimmt noch kürzen, andere überarbeiten wollen. Nichtsdestotrotz definiert der Roman den inflationär verwendeten Begriff Meisterwerk neu. Nicht nur die fesselnde Sprache, auch die detailliert, aber nie langwierig beschriebenen Charaktere überzeugen. Besonders aber die Handlungen und Geschichten, die von verrückten und normalen Menschen, von Schriftstellern, Schulmädchen, Journalisten, Wehrmachtssoldaten und Literaturkritikern und vor allem von einer Stadt, der Ciudad Juárez nachempfundenen Santa Teresa in Mexiko, Wurzel alles Bösen, erzählen, machen diesen Roman zu einem Epos. In rund 85 Jahren werden die Feuilletons dieser Welt auf das 21. Jahrhundert zurückblicken und die beste Romane küren: "2666" wird in keiner Liste fehlen.

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F. Scott Fitzgerald
© Archiv Diogenes Verlag

F. Scott Fitzgerald

Die Krux, einen großen amerikanischen Klassiker geschrieben zu haben, liegt darin, dass im Zuge dessen die anderen Werke oft missachtet bleiben. Gerade bei Fitzgerald ist das eine wahre Tragödie. "Der große Gatsby" (1925) ist zwar ein gelungenes Porträt der oberflächlichen amerikanischen Gesellschaft in den Zwischenkriegsjahren, doch erreicht der Roman nicht annähernd die Brillanz der weitaus umfangreicheren und tiefergehenden "Die Schönen und Verdammten" (1922) und "Zärtlich ist die Nacht" (1934). Beide Romane haben die zerstörerische Beziehung von F. Scott und Zelda Fitzgerald zum Kernthema, die der Autor nur wenig verschleiert erzählt. In "The Beautiful and Damned“, verfasst im Alter von nur 25 Jahren, berichtet Fitzgerald von einem unsympathischen jungen Mann, der, nicht willens, selbst zu arbeiten, auf das Geld seines Großvaters angewiesen ist. Er verliebt sich in die schöne Cousine eines Freundes, die ihn in Selbstgier und Narzissmus beinahe übertrumpft. Der Roman begleitet das Ehepaar über Jahre hinweg, berichtet wie nebenbei von der New Yorker High Society, der Weltkriegseuphorie und – typisch Fitzgerald – vom Niedergang aller Träume und Illusionen. Auch "Tender is the Night" schlägt einen düsteren Ton an. Die zu Zeiten der Publikation gemischten Kritiken und schlechten Verkaufszahlen seines letzten zu Lebzeiten veröffentlichen Romans brachen den labilen Schriftsteller endgültig. Erst Jahrzehnte nach seinem Tod wurde der Roman gebührend gewürdigt.

Das Leben von F. Scott und Zelda bot in der Tat Stoff für genügend Geschichten: Das Paar heiratete jung und verstand es dank des frühen Erfolg des Autors, immer im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens zu stehen – nicht selten mit öffentlichen Streits und Skandalen. Das Geld gaben sie in vollen Händen aus, bevorzugt für Alkohol. Zelda, selbst Schriftstellerin, erlitt 1930 den ersten Nervenzusammenbruch und ging von da an in Psychiatrien ein und aus. F. Scotts Gesundheit verschlechterte sich durch seinen jahrzehntelangen, ausschweifenden Alkoholkonsum zusehends. Im Alter von nur 44 Jahren starb er im Dezember 1940 an einem Herzinfarkt. Kaum drei Jahre später folgte ihm Zelda, die bei einem Brand in einer Nervenheilanstalt ums Leben kam. Man hatte sie eingesperrt, da ihre Elektroschocktherapie bevorstand.

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