Bewertung
Joss Stone

Mind, Body & Soul

Was kann man über Joss Stone sagen, was der tägliche MTViva-Seher nicht ohnehin schon weiß? Nichts. Die junge, blonde Britin wird zur Zeit gehyped wie einstens die Strokes oder letztes Jahr Franz Ferdinand, ihr Cover-Album „The Soul Sessions“ hat sich ordentlich verkauft. Nun schickt sie mit „Mind, Body & Souls“ ihre erste eigene Platte – teilweise auch mit eigenen Texten – nach, um musikalisch unterstützt von zahlreichen Größen des Soul/R&B den Erfolg der 1. Veröffentlichung vielleicht sogar noch übertrumpfen. Operation gelungen?

"Mind, Body & Soul" startet mit "Right To Be Wrong", das, wenn man den Verantwortlichen Glauben schenkt, live eingespielt wurde. Joss kräftige, rauchige Stimme wird getragen von einem wunderbar lockeren Beat und schmeichelnden Keys und im Chorus unterstützt von einem R&B-typischen schwarzen Chor. Um es vorweg zu nehmen: Nr. 1 ist gleich eines der absoluten Highlights der ganzen Platte.

In Nr. 2, "Jet Lag", spricht Joss so manchem Verliebten aus der Seele. Sie singt vom Jet Lag, obwohl sie nie geflogen ist, vom Kater, obwohl sie nie einen Tropfen Alkohol angerührt hat – "This must be love" … Ach, wie wahr. Schöner Song, aber nicht revolutionär.

Mit "You Had Me" kommt der erste absolute Tanz-Track des Albums daher. Die Beziehung ist schiefgelaufen, Joss Liebhaber hat etwas zuviel gekokst und das Geld für Nachschub gern aus ihrer Geldbörse genommen. Macht man nicht und deshalb wird der Mann auch vor die Tür gesetzt. Geil. Highlight Nr. 2!

Ob in "Spoiled" die ganze Geschichte bereut wird oder ob hier keine Verbindung besteht, weiß wohl nur der Schreiber der Lyrics. Jedenfalls wird balladesk betont, dass selbst 1 Jahr nicht geholfen hat, die ganzen alten Gefühle auszulöschen. Und ich weiß nicht, wann ich zum letzten Mal eine Textpassage gesehen hab, die annähernd so genial war wie diese hier: "I've never seen the word love so personified as I do with you". Vielleicht bei "Absolution" von Muse … ;)

"Don’t Cha Wanna Ride" beschreibt den hoffnungslosen Versuch, sich einem Egomanen in irgendeiner Weise zu nähern. Nett – und wohl nach "You Had Me" der zweite Song, der in allen Discos, wo R&B gespielt wird, präsent sein wird.

Langsam bekomme ich das Gefühl, die Platte wurde nach dem "Plus-Minus-Prinzip" zusammengewürfelt. Auf die Abfuhr in "You Had Me" folgt Jammerei in "Spoiled", dass man die große Liebe doch nicht vor die Tür setzen hätte sollen. Und was folgt auf "Don’t Cha Wanna Ride", die Egomanen-Nummer?

Richtig. "Less Is More", "Weniger ist Mehr" – ein Sprichwort, das allen bekannt ist. Joss fühlt sich von ihrem Kerl bedrängt, der sie mehr als nur gut beschenkt, mindestens 3 Mal am Tag anruft und eben ein typisches Klammeräffchen ist. Den Frauen kann man’s einfach nicht recht machen …

"Security" ist eine wunderschöne Ballade mit genialem Text, die wirklich berührt. Großartig!

In "Young At Heart" nähern wir uns dem Thema Liebe mal von einer anderen, allerdings auch gut bekannten Seite: Das Mädchen verehrt seinen Boyfriend, das Umfeld jedoch hält nicht viel von ihm … Eltern, Geschwister, Freunde sehen die beiden nur äußerst ungern zusammen. Warum, das wird im Song nicht wirklich klar, aber das Mädchen hält zu ihm, solange bis er ihr Herz bricht, das Mädchen sagt "Hätte ich doch nur auf euch gehört" und die anderen sagen "Ja, siehst du, wir hatten Recht" … Typisch Frau.

"Snakes And Ladders" sollte nach "Less Is More" in der Tracklist stehen. Warum? Joss beschwert sich, dass ihr Lover nicht 100% Einsatz in die Beziehung steckt. "99 ½ it just won’t do" … Ja, wie jetzt, Klammeräffchen oder Ignorant? Beides geht nun mal nicht!

Auf einem Album mit Songs über Liebe darf natürlich der Liebe größter Feind, die Eifersucht, nicht fehlen … Und dieses Thema wird in "Understand" schließlich aufgegriffen. Vorwiegend von einer Akustik-Gitarre getragen, bittet Joss um Verständnis, dass sie nicht immer auf Abruf bereitstehen kann und manchmal auch mit anderen Leuten unterwegs ist. Sie liebt ihn doch und nur ihn! Nebenbei kann der aufmerksame Zuhörer noch eine kleine Schleichwerbung für Apple raushören …

Hoffnungslos verliebt ist die schüchterne Joss in "Don’t Know How", zerrissen und genervt in "Torn & Tattered", sprachlos und unfähig ihre Gefühle in Worte zu fassen im starken "Killing Time".

"Sleep Like A Child" ist wohl der langsamste und eindringlichste Song des ganzen Albums und der Text ist äußerst schwer zu interpretieren. Macht euch am besten selbst ein Bild davon.

Also … Erwartungen erfüllt? Voll und ganz! Joss Stone und das Team hinter ihr haben es geschafft, den Vorschuss-Lorbeeren nach dem bereits sehr guten Cover-Album gerecht zu werden. Das junge Mädchen legt eine Platte mit 14 Songs (60 Minuten) über Mann/Frau-Beziehungen mit guten Lyrics vor, die alle Facetten der Liebe abdecken ohne dabei jemals allzu kitschig rüber zu kommen. So sollte guter R&B sein! Ihre Stimme ist – vor allem in Anbetracht ihres Alters – gigantisch, einmalig und wunderbar rauchig – teilweise einfach richtiggehend "schwarz".

Mit Songs wie z.B. "Understand" oder "Right To Be Wrong" ist Musik für Kuschelabende entstanden, Nummern wie "You Had Me" und "Don’t Cha Wanna Ride" werden wir wohl auf so manchem R&B-Dancefloor wieder finden. Und da diese Platte keinen einzigen Ausfall hat, sondern durchwegs auf hohem Niveau bleibt, gebe ich Fräulein Stone die verdienten 5 Punkte und hoffe, dass sie auch in den kommenden Jahren weiter so großartige Musik produziert!

Anspieltipps: Right To Be Wrong, You Had Me, Security, Understand

Tracks

CD 11.Right To Be Wrong
2.Jet Lag
3.You Had Me
4.Spoiled
5.Don’t Cha Wanna Ride
6.Less Is More
7.Security
8.Young At Heart
9.Snakes & Ladders
10.Understand
11.Don’t Know How
12.Torn & Tattered
13.Killing Time
14.Sleeping Like A Child

Clemens - myFanbase
11.10.2004

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