Only By The Night
Kaum ein Album spaltete 2007 so sehr die Gemüter wie das Drittwerk der Kings of Leon. Denn was die einen als beeindruckende Weiterentwicklung ansahen, empfanden andere als herben Verlust, hatten es die Followills auf "Because of the Times" doch tatsächlich gewagt, ihrem unverkennbaren, wenn auch schlichten Southern Rock allen Rotz zu nehmen und in wesentlich komplexere musikalische Gefilde zu tauchen. Auf ihrer neuen Platte "Only By the Night" gehen sie nun sogar noch einen ganzen Schritt weiter. Fragt sich bloß wohin.
Wie bereits der Opener "Knocked Up" vom Vorgängeralbum, pirscht sich auch hier der erste Track "Closer" zunächst ganz unscheinbar und leise ans Trommelfell heran. Mit nahezu unheimlichen Zeilen wie "Stranded in this spooky town, stoplight is swaying and the phone lines are down" und in der Tat leicht gespenstischen Gitarreneffekten sorgt der Song zunehmend für aufgestellte Nackenhärchen und jagt einem kalte, aufregende Schauer über den Rücken.
"Crawl" kriecht sich mit seinen markanten Riffs hingegen zielsicher durch bis ins Groove-Zentrum und überrascht mit ungewohnt kritischen und metapherhaltigen Lyrics, ehe in der aktuellen Single-Auskopplung "Sex on Fire" doch wieder ein wenig die alten Kings durchblitzen. Hier wird nämlich zur Abwechslung mal wieder das Tempo angezogen und durch treibende Gitarren eine wunderbare Mit-yeah-Hymne geschaffen, die sicherlich auch auf dem Debüt der Jungs eine sehr gute Figur gemacht hätte.
Doch der Familien-Clan aus Tennessee scheint sich mittlerweile tatsächlich eher den ruhigeren Tönen verschrieben zu haben. So steht in der waschechten Rock-Ballade "Use Somebody" wieder der Gesang eindeutig im Vordergrund und lässt einen schnell zu der Erkenntnis gelangen, dass wohl kaum jemand so ungeheuer charmant von Brust- zu Kopfstimme zu wechseln vermag wie Caleb Followill. Kaum eine Band lebt aber auch dermaßen von den einmaligen Sangeskünsten ihres Frontmans.
In "Manhattan" glänzt und glitzert statt atemberaubender Skyline vielmehr Jared Followill mit prominenter Bassline, während "Revelry" derart versonnen scheint, dass der Song eigentlich "Reverie" heißen müsste. Die gedankenverlorene Verträumtheit weicht in "Seventeen" sogleich der süßesten Verzweiflung seit es 17-jährige Latinas gibt. Und da ist sie auch wieder, diese unwiderstehliche Kopfstimme, so herrlich hoffnungslos vor sich hin klagend und umrahmt von beinahe interpoleskem Glocken- und Gitarrensound.
Selbst ungeahnten Klavierklängen in "Notion" weiß Caleb Followill die Show zu stehlen, lässt er den Song durch seinen eindrucksvollen und immens dynamischen Gesang musikalisch sogar fast etwas farblos erscheinen. Richtig blass wirkt dann aber erst das allzu gleichförmig geratene "I Want You", das trotz interessanter Percussion und einnehmendem Bass nur träge vor sich hin plätschert.
Mit druckvollem Schlagzeug und verspielten Gitarren wird man in "Be Somebody" aber schnell wieder aus der Lethargie gerissen. Die bissigen Strophen werden von gefälligen Refrains aufgelockert, bevor in einem entwaffnenden Instrumental-Solo gegen Ende schließlich ein spannendes Rennen darum losbricht, wer der größte Rockstar der Familie ist.
Doch selbst Rockstars verfügen offenbar über eine sensible Ader, denn die Band lässt das Album mit den vielleicht schönsten wie auch traurigsten Zeilen ihrer Karriere ausklingen: "I've never ever cried when I was feeling down, I've always been scared of the sound, Jesus don't love me, no one ever carried my load, I'm too young to feel this old." Müde und niedergeschlagen tragen sie "Only be the Night" also nach Hause. Doch zumindest ersteres dürfen Kings of Leon durchaus sein. Denn sie haben ganze Arbeit geleistet.
Fazit
Heißblütige Verehrer der ersten beiden Kings of Leon-Alben müssen langsam wohl endgültig ihre Hoffnungen vergraben, dass die Band doch noch zu ihrem ursprünglichen Stil zurückkehrt. Die Followills setzen nämlich zunehmend auf zurückgenommenen und atmosphärischen, wenn auch absolut stadiontauglichen Gitarrenrock. Es wird also höchste Zeit einzusehen, dass auch die neuen Kings durchaus ihren Reiz haben. Denn alles andere wäre Majestätsbeleidigung.
Anspieltipps
Closer
Sex on Fire
Use Somebody
Be Somebody
Artistpage
Tracks
1. | Closer | |||
2. | Crawl | |||
3. | Sex on Fire | |||
4. | Use Somebody | |||
5. | Manhattan | |||
6. | Revelry | |||
7. | 17 | |||
8. | Notion | |||
9. | I Want You | |||
10. | Be Somebody | |||
11. | Cold Desert |
Paulina Banaszek - myFanbase
18.09.2008
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (US): 23.09.2008Veröffentlichungsdatum (DE): 19.09.2008
Genre: Rock
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