Hombre Lobo 12 Songs of Desire
Der Verlauf von Mark Oliver Everetts Leben dürfte wohl den meisten bekannt sein: Wir wissen, dass er praktisch seine ganze Familie verloren hat. Wir wissen, dass viele seiner Songs davon handeln und dass er vor kurzem sogar ein Buch darüber veröffentlicht hat. Wir können allerdings nur schwer ahnen, wie es in dem Mann, der sich selbst schlicht "E" nennt, wirklich aussieht, wie schwer das Leben zeitweise für ihn gewesen sein muss und welchen Stellenwert die Musik, manchmal vielleicht der letzte rettende Strohhalm, für ihn haben muss. Jetzt schiebt Everett aber selbst seiner Vergangenheit einen Riegel vor, hat genug von autobiographischen Texten und schreibt stattdessen lieber aus der Perspektive eines Werwolfs.
Passt soweit ja ganz wunderbar, immerhin sieht man momentan den guten E vor lauter Bart nicht mehr fragt sich nur, was zuerst da war: Dieses herrlich-haarige Kunstwerk in Everetts Gesicht oder die Idee, den "Dog Faced Boy" vom "Souljacker"-Album wieder auferstehen zu lassen?! Wahrscheinlich hat Everett aber doch mehr mit dem "Hombre Lobo" gemeinsam, als er zugeben möchte zumindest bringen sein gelegentliches Heulen, Winseln und Knurren dem Hörer die aktuelle Gemütslage des Wolfes sehr überzeugend näher. Überhaupt erfährt der Hörer im Laufe des Albums so einiges, was einem "Dog Faced Boy" so durch den behaarten Kopf geht: Selbstzweifel, Eifersüchteleien, Gelüste ... - "12 Songs of Desire" eben!
"Prizefighter" beginnt mit einem anständigen Heuler, um dann in eine frische, äußerst rockige Nummer zu münden bei der man vor dem geistigen Auge den Werwolf beschwingt durch die Straßen ziehen sieht, vielleicht etwas zu ungestüm und unbeholfen, aber in seinen Absichten durchaus gutmütig: "If you need me, I'm right here / No matter what I'm always near" beteuert er mit treuherzigem Blick.
Dieser treuherzige Blick verwandelt sich schon beim nächsten Song "That Look You Give That Guy" in einen traurigen, eifersüchtigen: "That Look You Give That Guy / I wanna see / Looking Right At Me" seufzt er und legt den schweren Kopf selbstmitleidig auf die Pfoten. "Lilac Breeze" reißt ihn aber schleunigst wieder aus dieser Pose: Diese Nummer mit dem typischen Eels-Charme macht gewaltig Tempo und lässt den Werwolf schon mutiger auftreten "Girl I want it bad" gibt er schließlich zu.
"In My Dreams" wiederum ist eine verträumte, langsame Nummer, bei der der Hombre Lobo zur Ruhe kommt und sich süßen Schwelgereien hingibt bis er aus diesem Zustand erneut wieder aufgeweckt wird: Er ist nun mal kein süßes Schoßhündchen, sondern ein Werwolf, ein Ungetüm zwischen Mensch und Tier, durchaus imstande, Böses zu tun. Also ist Zeit, dies endgültig klarzumachen: Im rohen, rumpelnden "Tremendous Dynamite" begibt er sich auf Streifzug durch die Nacht, verkündet "I am el hombre lobo" und mit jedem Gitarrenkracher scheint dieses irrgewordene Wesen gefährlicher und wütender zu werden.
Doch das Morgengrauen naht und schon wieder macht sich tiefe Melancholie breit: "The Longing" ist ein leises, zurückhaltendes Klagelied, in dem das vorherige Monster Bekenntnisse macht, die unter die Haut gehen. "I can't think of one single thing / That matters more / Than just to see her" raunt er mit brüchiger Stimme und hängt noch ein "I would die for her" dran.
Lange kann sich das Animalische aber wieder nicht zurückhalten: Im großartigen "Fresh Blood" wird wieder sehr viel Spannung (inklusive wölfischem Geheul) aufgebaut; "I'm so tired of the same old crud / Sweet baby I need fresh blood" gibt er sich wenigstens ehrlich. "What's A Fella Gotta Do" fährt ebenfalls auf der rockigeren Schiene und versucht weiterhin, die Angebetete von sich zu überzeugen. Im folgenden "Timing Is Off" ist er schon ein wenig schlauer und erkennt wehmütig "She isn't ready for my love", scheint aber noch halbwegs gut damit klarzukommen.
Erst in "All The Beautiful Things" geht ihm nicht in den dicken Werwolf-Schädel, warum es einfach nicht klappen will: "Everyday I wake up and wonder why / I'm alone when I know / I'm a lovely guy" tönt er in die Welt, voll von Selbstzweifeln und Sehnsüchten. "Beginner's Luck" steht aber schon wieder für das Ende der Wolfsdepression, setzt auf die Hoffnung und die Kraft der Liebe, die letztendlich stärker alles andere sein und Glück bringen sollte.
Und nun, am Ende dieser Reise durch alle Gefühlszustände, denen ein Werwolf, ein Mann namens E oder auch jeder andere Mensch so ausgesetzt sein kann, schließt der Hombre Lobo doch noch Frieden mit sich selbst: "I'm here on my own / I'd rather be alone / Than try to be someone that I'm not". Vielleicht muss er aber doch nicht ganz alleine sein: "You seem like someone / Who could appreciate the fact / That I'm no ordinary man" erkennt er erleichtert. So kann er schließlich beruhigt die Augen schließen und zu ein paar leichten Gitarrenakkorden sanft einschlummern...
Fazit
Mark Oliver Everett, kreativer Kopf und Chef der Eels, hat sich bei den Aufnahmen zu "Hombre Lobo 12 Songs of Desire" in einen Werwolf hineinversetzt mit allem was dazugehört: Animalischen Instinkten und Gelüsten, gleichzeitig höchst menschlichen Gefühlen und der Erkenntnis, das letztendlich jeder nun mal ist, wie er ist. Gemeinsam mit der typischen Musik der Eels, die auch gerne mal wieder etwas roher und härter ausfällt, im Gegenzug dazu aber auch ein paar wunderschöne Balladen aufzuweisen hat, ergibt das ein interessantes Porträt von einem Wesen, das auf der Suche nach so einfachen Dingen wie Liebe und Anerkennung ist steckt nicht in allen von uns ein kleiner, pelziger Hombre Lobo?
Anspieltipps
Prizefighter
Lilac Breeze
Fresh Blood
My Timing Is Off
Artistpage
Tracks
1. | Prizefighter | |||
2. | That Look You Give That Guy | |||
3. | Lilac Breeze | |||
4. | In My Dreams | |||
5. | Tremendous Dynamite | |||
6. | The Longing | |||
7. | Fresh Blood | |||
8. | What's A Fella Gotta Do | |||
9. | My Timing Is Off | |||
10. | All The Beautiful Things | |||
11. | Beginner's Luck | |||
12. | Ordinary Man |
Stephanie Stummer - myFanbase
09.06.2009
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (US): 02.06.2009Veröffentlichungsdatum (DE): 29.05.2009
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