Bewertung
Mary J. Blige

Stronger with Each Tear

"I ain't saying that I'm the best, but I'm the best," singt die Lady in der Vorabsingle. So selbstbewusst – da fühlt man sich herausgefordert, Mary J. Blige ganz sachlich in Fakten und Zahlen vorzustellen: Debüt vor 18 Jahren, neun Alben, 48 Millionen weltweite Plattenverkäufe, neun Grammys, "Queen of HipHop Soul". Professionell, erfolgreich, bewährt, beliebt und geehrt also.

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Man kann die mittlerweile 46-jährige aber auch anders vorstellen: Geboren in der Bronx, verlassen vom Vater, missbraucht von einem Freund der Familien, ohne Highschool-Abschluss, mit Drogen- und Alkoholproblemen und diversen missratenen Beziehungen. Sie auf diese Weise zu präsentieren, macht mehr Sinn, da ihre Aufs und Abs im Leben genau die Zutaten sind, von denen seit eh und je ihre Musik lebt. Auch seitdem sie Anfang dieses Jahrzehnts ihren Ehemann fand, lässt sie es sich nicht nehmen, von Leiden und Problemen zu singen. Im Unterschied zu früher kann sie aber nun davon erzählen, wie sie es wieder auf die Beine geschafft hat, wie sie gewachsen ist und "mit jeder Träne stärker wurde."

Und wie immer sind es neben den meist als Single veröffentlichten oder mit Gastrappern versehenen Discotracks die Lieder mit jenen persönlichen Geschichten, die die stärksten sind.

Die Midtempo-Nummer "Each Tear", die glatt von Alicia Keys hätte stammen können, kommt zwar erst an siebter Stelle, gehört aber mit folgenden Lyrics in erstere Kategorie: "In each tear there's a lesson, makes you wiser than before, makes you stronger than you know. Each tear brings you closer to your dreams." Bewegende Lyrics, in denen sie einen von Problemen geplagten Menschen (vielleicht gar sich selbst?) aufbaut.

"We Got Hood Love" schlägt stilistisch in eine ähnliche Schiene: Relativ langsam und mit Streichern ausgestattet, erinnert er an ihren Hit "Be Without You", featured den 25 Jahre jungen Trey Songz und erklärt Bliges Ehemann, wie die Liebe funktioniert.

In die zweite starke Kategorie gehören eindeutig der Opener "Tonight", der mit dem wohl dumpfesten Beat Marys Karriere aufwartet, und die erste Single "The One", die ebenfalls mit einem signifikant hämmerndem Beat daherkommt, aber eher durch Marys mit Auto-Tune-Effekt verzerrte Stimme aufmerksam macht. Der kanadische MC Drake unterstützt sie in dem Rodney-Jerkins-Song mit einem Rap, in "Good Love" ist es ein weiterer Jüngling: T.I..

In die dritte Kategorie der nicht schwachen (das kann die Queen vermutlich gar nicht mehr!), aber eher mittelmäßigen, okayen Tracks gehören Songs wie "Said and Done" über Klinsch mit ihrem Kerl und leider auch Single Nr. 2 "I Am": Hätte man in der (nach "The One" zweiten) Deklaration, dass niemand besser als sie ist, an mehreren Stellen die schönen Streicher eingesetzt, wäre sie wesentlich stärker und schmissiger.

"I Love U (Yes I Du)" hat dann endlich wieder den Drive, den es braucht, um richtig zu begeistern, und sampelt Billy Pauls "Let the Dollar Circulate". "Kitchen" lässt aufhorchen: Klingt zum einen wie Mary Mary, überrascht zum anderen mit einem schamlos-ironischen Tipp an alle Damen, andere Frauen aus ihren Küchen herauszuhalten.

Die relativ beat-driven und urbane Platte wird abgeschlossen mit zwei Old-School-Soul-Tracks: "In the Morning" erinnert mit Streichern, Hörnern und Scattato-Klavier abermals an Alicia Keys und fragt, ob der Mann des Morgens auch am Abend noch da sein wird. Mit tiefgehenden Kategorie-1-Lyrics ("If April showers bring flowers, than I need more rain"), spärlichem Arrangement von Rapahel Saadiq und der besten Stimmleistung des Albums ist "Color", Titelsong des Films "Precious", der herausragendste Titel von "Stronger with Each Tear". Ein perfekter Abschluss für ein leider nicht perfektes Album.

Fazit

Die verheiratete New Yorkerin ist erstarkt, selbstbewusst und reflektiert – das wird der Hörer nicht nur dank "I Feel Good" merken. Irritierend sind dabei die vielen Songs, die von der Angst, den Mann zu verlieren, handeln. Ob die wirklich autobiographisch sind oder nur für die übliche Prise Mary-Drama sorgen sollen, kann nur Spekulation bleiben und vielleicht in zehn Jahren von der Sängerin kommentiert werden. Vielleicht wird sie dann auch erklären können, warum Album #9 trotz einer Horde an Big Names als Produzenten, einer nach wie vor großen Stimme und dem netten Gimmick, die Songs quasi ineinander übergehen zu lassen, nicht ihr bestes Album war und warum fast nur die zwei ersten und die zwei letzten Songs richtig glänzen konnten.

Anspieltipps

Tonight

The one

Each tear

Color

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Mary-J-Blige.de

Tracks

1.Tonight
2.The Onefeaturing Drake
3.Said and Done
4.Good Lovefeaturing T.I.
5.I Feel Good
6.I Am
7.Each Tear
8.I Love U (Yes I Du)
9.We Got Hood Lovefeaturing Trey Songz
10.Kitchen
11.In the Morning
12.Color(aus dem Film "Precious")

Micha S. - myFanbase
28.12.2009

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