Bewertung
Moddi

Floriography

Der geübte Rezensent weiß: Promotexte darf man einfach nicht ernstnehmen. Vor Superlativen und prätentiösem Namedropping meist nur so strotzend, lösen sie durch ihre hochgestochenen, effekthascherischen Lobgesangsfloskeln in der Regel bestenfalls amüsiertes Augenrollen, schlimmstenfalls regelrechte Fremdscham aus. Ganz anders beim norwegischen Singer/Songwriter-Talent Moddi, dessen Plattenfirma ihn die Entstehungsgeschichte zu seinem Debütalbum "Floriography" einfach selbst erzählen ließ. Und zwar auf dieselbe liebenswert ungekünstelte Art, mit der er auch Musik macht.

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Es ist Totenstille, die "Floriography" eröffnet. Wohl die Stille der Nacht, der Dunkelheit, in der Pål Moddi Knutsen seine Songs am liebsten schreibt. Auf ganz leisen Sohlen, nahezu unbemerkt, schleicht sich der Opener "Rubbles" nämlich an, mit sachte angedeuteten Streicherklängen und einsamem Akkordeon. Doch so wie Moddis Heimat, eine Insel im hohen Norden Norwegens, von rauer See umgeben ist, wird auch diese anfangs noch so zärtlich anmutende Stimmung schon bald von aufbrausenden (Gefühls-)Stürmen heimgesucht. Gewaltig dröhnt der Bass, immer lauter tönt das Akkordeon - stets im Takt zum Wellengang - und Moddi singt mit zunehmendem Getöse rubbeliger, dringlicher und klingt dabei plötzlich ein wenig wie Björk – vielleicht deshalb, weil der 23-Jährige sich für die Albumaufnahmen keinen Geringeren als die langjährige rechte Hand der Isländerin, Valgeir Sigurðsson, als Produzenten ins Boot holte. Und dieser macht seinen Job als Soundkapitän auch ganz hervorragend, denn so sehr das Schiff auch immer wieder durch Wind und Wetter, Wut und Verzweiflung, ins Wanken gerät, droht es doch kein einziges Mal zu kentern.

Denn auf jedes wuchtige Crescendo folgt rechtzeitig ein Pianissimo, sozusagen die Ruhe vor dem nächsten Sturm. Und in diesen ruhigen, teils geradezu zerbrechlichen Momenten scheint das Boot weniger gen Island als vielmehr Richtung Irland abzudriften, erinnert der sanft säuselnde Seemann Moddi in Songs wie dem von wohligen Streichereinheiten durchzogenen "Smoke" doch vielmehr an Singer/Songwriter-Kollege Damien Rice. Und zwar insbesondere dann, wenn mit den Zeilen "Hey love, stay the fuck out of my home, I've told you a thousand times, 'cause my brain tells me you're dangerous, and my belly says you're just too hard to find" schon die nächste große Welle anrollt und die Stimmung wieder ins Gegenteil umkippt.

Dieses immer wiederkehrende Wechselbad der Gefühle, das Spielen mit der Dynamik, den Gegensätzen, das Wandeln zwischen bittersüßer Melancholie und leicht cholerischen Ausbrüchen, das Abwechseln von friedlicher Stille und donnerndem Grollen, macht "Floriography" zu einer so wundervollen Reise. Denn man wird zwar hier und da etwas durchgeschüttelt ("Stuck in the Waltz"), aber Moddi und Capt. Sigurðsson bahnen sich derart navigationssicher ihren Weg durch die unruhigen Gewässer, dass man die kleine Atempause, die sie an Land anlegen ("A Sense of Grey") eigentlich gar nicht braucht. Schließlich bietet schon der verträumte Akkordeon-Schunkler "Poetry" etwas Zeit zum Durchschnaufen. So steht man letztlich nicht seekrank, sondern vielmehr völlig selig an der Reling, mit Moddis Gedanken spielend: "tie myself to the mast and wait here for the ship to sink". Denn wer will schon wieder mit beiden Füßen fest auf der Erde stehen, wenn das Meer doch so viel mehr zu bieten hat.

Fazit

Was soll ich hier noch mehr mit nautischen Metaphern um mich werfen, wenn's der junge Mann selbst doch so viel schöner auszudrücken weiß: "Die Musik, die ich mache, hat ein Eigenleben. Manchmal findest Du sie in einer riesigen Bandsession mit Krach und ordentlicher Lautstärke, und manchmal ist sie so fragil und unaufdringlich, dass Du mitsingen möchtest, um ihr ein wenig auf dem Weg zu helfen. Und wie ich bereits sagte, mit jedem Winter, der vergeht, wachsen die Lieder ein wenig mehr."

Anspieltipps

Rubbles

Magpie Eggs

Smoke

Stuck in the Waltz

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Moddi.no

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Tracks

1.Rubbles
2.Magpie Eggs
3.Ardennes
4.A Sense of Grey
5.Smoke
6.Poetry
7.Stuck in the Waltz
8.7!
9.Krokstav-Emne

Paulina Banaszek - myFanbase
27.01.2011

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