Jason Isbell and the 400 Unit

Here We Rest

Country und Südstaaten. Der geneigte europäische Hörer mag da sofort an Lynyrd Skynyrd, Sweet Home Alabama oder auch den unsäglichen – und ja eigentlich aus Michigan stammenden – Kid Rock denken. Es geht aber auch anders.

Foto: Copyright: Lightning Rod Records
© Lightning Rod Records

Zehn Jahre ist es nun her, dass sich ein erst 21-Jähriger Jason Isbell, den Südstaaten Rockern "Drive-by Truckers" anschloss. In den folgenden sechs Jahren arbeitete Isbell an drei Studioalben der Truckers mit und schrieb mit "Goddamn Lonely Love", "Outfit" und "Decoration Day" die wohl besten Songs der Bandgeschichte. Aus dem Schatten der beiden anderen Songschreiber der Band, Mike Cooley und Patterson Hood, trat er während seiner Zeit mit den Truckers allerdings nie. Dennoch mauserte sich Isbell innerhalb kürzester Zeit zum Liebling vieler Fans.

Als dann Ende 2006 seine Ehe zu Trucker-Bassistin Shona in die Brüche ging, beschloss Isbell Anfang 2007, dass es Zeit wäre die Band zu verlassen und sich als Solokünstler zu verdingen. Nachdem er mit "Sirens of the Ditch" noch im selben Jahr ein mehr als beachtliches Debüt vorlegte, erkannte er schnell, dass ihm die Dynamik einer echten Band fehlte und er gründete mit Musikern aus Muscle Shoals die 400 Unit (benannt nach einem psychiatrischen Krankenhaus in Florence, Alabama). Zusammen legen Isbell und die Unit mit "Here we rest" bereits ihr zweites Album vor. Und was für eins.

Den Anfang macht das melancholische "Alabama Pines", dass Isbell und seine Mannen von ihrer ruhigeren Seite zeigt. Mit Akustikgitarre, Geige, Bass und Schlagzeug erzählt die Band, unterlegt von fragilem Countryrock, die Geschichte eines Mannes der aus dem amerikanischen Traum erwacht ist und sich der kalten und einsamen Realität stellen muss. Zeilen wie "If we pass through on a Sunday, better make a stop at Wayne's. / It's the only open liquor store north, and I can't stand the pain / of being by myself without a little help on a Sunday afternoon." treffen nicht nur Bewohner des Rezession gebeutelten Alabamas tief.

Das folgende "Go It Alone" ist Southern Rock pur und überzeugt durch den durchdachten Text - über die Diskrepanz zwischen dem was man sich vom Leben erwartet und was dann am Ende Realität ist - und eine wieder Schwermut getränkte Melodieführung, die in einem wunderbaren, Isbell typischen Solo endet.

Ein weiteres Highlight der Platte bildet sicherlich das förmlich erdrückende "Stopping By" in dem sich die Band dem Thema "zerrüttete Familie" annimmt und der Erzähler sich auf den Weg macht, seinen lang verschollen Vater zu besuchen. Deutlich wird gerade in diesem Song wieder Isbells Talent Geschichten zu erzählen. Geschichten von Verlust, Trauer und Einsamkeit, die aber nie weinerlich daherkommen oder die Welt verfluchen würden. Isbell erzählt Geschichten. Als neutraler Beobachter, selbst wenn er sie selbst erlebt hat. Und so gerät selbst das abschließende "Tour of Duty", das von den Schwierigkeiten eines aus dem Krieg heimkehrenden Soldaten erzählt, weder zur Heldenballade noch zum Protestsong. Sondern bleibt eine emotionale Vignette über das Leben.

Unterlegt werden diese Geschichten durch Musik, die sich irgendwo zwischen Country, Rock, Folk und Muscle-Shoals-Blues einpendelt und den traurigen Geschichten in Schwere und Melancholie ebenbürtig ist, das Ganze dabei aber nie depressiv wirken lässt.

Fazit

Mit "Here We Rest" belegt Isbell erneut, dass er einer der talentiertesten Songwriter seiner Generation ist. Auch wenn der unscheinbare und zurückhaltende Alabamian, wahrscheinlich nie die Anerkennung bekommen wird, die ihm zusteht oder die Bekanntheit eines Justin Vernon erreichen wird, legt er mit seinem neuesten Album eine Sammlung emotionaler und wunderschöner Songs irgendwo im Nirgendwo zwischen Country und Rock vor, die jedem Liebhaber dieser Genres und guter Musik im Allgemeinen wärmstens ans Herz zulegen ist.

Anspieltipps

Alabama Pines

Go It Alone

Stopping By

Tour of Duty

Artistpage

JasonIsbell.com

Tracks

1.Alabama Pines
2.Go It Alone
3.We've Met
4.Codeine
5.Stopping By
6.Daisy Mae
7.The Ballad of Nobeard
8.Never Could Believe
9.Heart On a String
10.Save It For Sunday
11.Tour of Duty

Mark Jürgens - myFanbase
03.07.2011

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