Vice Verses
Nach 15 Jahren als Band, sieben Alben, Millionen Verkäufen, mehreren Welttourneen, vielen Beiträgen zu Serien und Filmen und einem Grammy-Gewinn sind Switchfoot alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Dennoch ist es schwierig, die Musik der bewährten, namhaften Gruppe genau zu beschreiben. Ist's alternativer Rock? Moderner Rock? Poprock? Post-Grunge? Irgendwie sind die fünf Männer all das. Und noch viel mehr, manchmal nämlich auch melancholisch, dann wieder punkig, ab und an auch mal sehr experimentell oder gar folkig.
So vielseitig waren sie schon immer. Gleichzeitig waren Switchfoot immer erkennbar Switchfoot, sowohl in ihrem Sound, als auch in ihren tiefgängigen Texten über starke Themen wie Religion, Politik, Medien und Leid. Sie lieferten auch mit jeder Platte Qualität ab. Und dennoch lässt sich eine deutliche Entwicklung beim chronologischen Durchhören ihrer Scheiben erkennen. Und jedes Album hatte eine Facette, die aus manchen Titeln heraus stach. "Vice Verses" schafft nun das Meisterstück, all jene Aspekte auf einem Werk zu vereinen.
Der Eröffnungstrack beispielsweise könnte vom 2005er Album "Nothing Is Sound" stammen, so energisch, dunkel und scheinbar mühelos rockt er zu Zeilen, die dazu raten, im Hier und Jetzt Glück zu suchen ("Why would I wait till I die to come alive? [...] I'm not waiting for the afterlife."). Titel Nr. zwei passt mit seinen scheppernden E-Gitarren und dem erfrischend punkigen Drive dann eher in die Anfangszeit der Kalifornier. Auch das kantige "Rise Above It" hat was von der damaligen Surfer- und Skater-Attitüde. Im Vergleich dazu kommt "Souvenirs" ganz zart und vor allem dank der schönen Gitarren-Arbeit zum Ende hin etwas Coldplay-mäßig rüber und passt damit mehr auf "Learning to Breathe", das Jon Foreman und seine Bande zu Beginn dieses Jahrtausends in die Gehörgänge der großen Plattenbosse brachte. "Restless" könnte ebenso aus jener Ära stammen, auch wenn solch langsame Nummern, die ganz besonders von ausdrucksstarken Jons Stimme getragen werden, auf jeder Platte zu finden sind. Gleiches gilt für melancholische Titel ("I'm not alright. A steering wheel don't mean you can drive. A warm body don't mean I'm alive.") wie "Thrive", die so oft berührende Szenen in TV-Serien noch mehr Emotion gebracht haben.
Genauso gut wie gefühlvolle melodische Lieder schreibt Jon aber auch Rock-Hymnen wie die Single "Dark Horses", die mit ihrem erdigen, rauen Rock'n'Roll an das fünf Jahre alte "Oh! Gravity" erinnert. Zur damaligen Zeit veröffentlichte der Frontmann solo einige EPs, auf die der akustische Titelsong "Vice Verses" perfekt gepasst hätte. Gewissermaßen Gegenteil zu diesem eindrücklichen Stück bzw. zweites Beispiel für die musikalische Bandbreite des Quintetts ist "The War Inside", das mit verzerrter Stimme und spannenden Industrial-Einflüssen aufhorchen lässt – auch "The Beautiful Letdown" hatte 2003 einiges von diesen Elektro-Spielereien, die sich erstaunlich gut anhören. Ähnlich experimentell kommt "Selling the News" daher, nämlich mit Beck-ähnlichem Sprechgesang und – so wie auch "Blinding Light" davor – einem ans Vorgänger-Album "Hello Hurricane" erinnerndem beat-getriebenen Sound. Der Inhalt ist starker Tobak, bespricht nämlich die Werte der heutigen Gesellschaft: "Money speaks volumes louder than words [...] Salaries are paid by the ads, not the birds [...] The lowest common denominator prevails [...] The facts are simply one option to choose."
Eine neue Facette bringt "Where I Belong" in den Katalog der Combo. Der Schlusstrack ist mit knappen sieben Minuten Spielzeit der längste der Bandgeschichte und dementsprechend episch und atmosphärisch. Nicht nur musikalisch ein triumphales Albumende, auch textlich, denn er wiederholt Zeilen aus dem Opener – ein Stilmittel, das auch schon auf "Hello Hurricane" eingesetzt wurde, sich aber nicht abnutzt.
Fazit
Und genau das können Switchfoot so gut, genau das machen sie auf ihrer achten Veröffentlichung: Sie bleiben wie sie sind und entwickeln sich trotzdem weiter. Sie sind erwachsener, verlieren aber ihre Spielfreude und ihre Kreativität nicht. Sie schreiben eingängige Soundtracks zum Feiern, Chillen und Traurigsein und nachdenkenswerte Lyrics auf hohem Niveau. Sie werden immer besser, ohne die alten Sachen schlecht aussehen zu lassen. Ohne die könnten sie gar nicht das machen, was sie nun machen. Und so ist "Vice Verses" eine gekonnte Fortsetzung ohne langweilige Nachmache zu sein und damit genau das, was eine etablierte Truppe liefern sollte.
Anspieltipps
Afterlife
The War Inside
Selling the News
Thrive
Vice Verses
Artistpage
Tracks
1. | Afterlife | |||
2. | The Original | |||
3. | The War Inside | |||
4. | Restless | |||
5. | Blinding Light | |||
6. | Selling the News | |||
7. | Thrive | |||
8. | Dark Horses | |||
9. | Souvenirs | |||
10. | Rise Above It | |||
11. | Vice Verses | |||
12. | Where I Belong |
Micha S. - myFanbase
07.11.2011
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (US): 27.09.2011Veröffentlichungsdatum (DE): 30.09.2011
Genre: Rock
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