Bewertung
Joss Stone

The Soul Sessions Vol. 2

Über ihr Erstwerk sagte Joss Stone, es sei im Grunde nur eine Promo gewesen. Ihr zweites Album sei ihr eigentliches Debüt. Über ihren Drittling sagte sie dann, hier würde man nun die wirkliche Joss hören. Mit Album Nr. 4 kämpfte Joss sich dann von allen Vorgaben frei, um dann mit der aussagekräftig betitelten "LP1" wieder mal einen Neustart hinzulegen. Keine Frage, die junge Lady sucht sich mit jeder Aufnahme selbst.

Foto: Joss Stone - "The Soul Sessions Vol. 2" - Copyright: Warner Music Group
Joss Stone - "The Soul Sessions Vol. 2"
© Warner Music Group

Das könnte man nun als fehlendes Selbstbewusstsein oder mangelnde Fokussierung auslegen. Nichts könnte weniger auf Joss zutreffen! Die geborene Jocelyn Eve Stoker lebt im Hier und Jetzt, liebt Freiheit und Spontanität und macht sich die Welt widdewiddewie sie ihr gefällt. Letztes Jahr hatte sie also Lust auf eher rockig-bluesige Klänge, davor auf ne große Funk-Versammlung und 2007 auf Hip-Hop-Fundamente. Zu Anfang ihrer Karriere hatte sie Bock auf die Neuinterpretation von alten Soulnummern. Jene Idee kam der stimmgewaltigen Britin nun wieder – also holte sie einige der damaligen Musiker (z.B. Betty Wright und Latimore) zusammen mit neuen Kollegen für zwei Live-Sessions ins Studio. Herauskam ein würdiges Sequel mit Titeln der 60er und 70ern.

Nach 40 Sekunden instrumentaler Einführung in "I Got The..." singt Joss verschmitzt mit dem hämmernden Bass und den Bond-Song-artigen Streichern im Duett. Dem Beat lässt die 25-Jährige genug Raum, sie hält sich bewusst in dem Opener zurück, um dann der darauffolgenden feurigen Nummer noch mehr Wirkung zu geben. "(For God's Sake) Give More Power to the People)" von den Chi-Lites verleiht sie eine Mischung aus Funk und Southern Feeling. Seit "Karma" hat sie nicht mehr so viel Dampf abgelassen. "While You're Out Looking for Sugar" wirkt danach etwas schlapp und harmlos. Als Wahl der ersten Single ging man hier wohl etwas auf Nummer Sicher, allerdings ist Joss sowieso nicht für Charthits, sondern eher für Album-Qualität bekannt.

Abermals nach einem längeren Instrumentalintro, das an das von "Hair" erinnert, geht es mit Linda Lewis' "Sideway Shuffle" dann weiter. Der lässige Groovemix aus Percussion, E-Gitarre und Bass besticht ebenso wie die dezent eingesetzten Bläser in "I Don't Wanna Be With Nobody But You". Hier und in der Powerballade "The Love We Had (Stays on My Mind)" zeigt Mrs. Stone unheimlich viel Gefühl.

Ihre sanfte Seite zeigt Joss in "Pillow Talk" und Womack & Womacks "Teardrops". Während ersteres eine sexy-schwüle Atmosphäre verbreitet, strampelt sich letzteres in der Coda frei und macht deutlich, dass die 13 Millionen Plattenverkäufe schwere Sängerin mehr aus dem Eighties-Titel machen kann als die No Angels oder Sugababes damals.

Bevor die Soul Sessions mit dem vom Doo-Wop-Titel in eine Akustiknummer umgewandelten "Then You Can Tell Me Goodbye" ihr Ende finden, gibt es noch das Albumhighlight zu hören: Ähnlich wie vor neun Jahren "Fell In Love With a Girl" von den White Stripes der Soul eingeflößt wurde, geschieht dies in diesem Jahr mit "The High Road" von Indie-Rock-Projekt Broken Bells um James Mercer (von The Shins) und Danger Mouse (von Gnarls Barkley). Mit seinen knurrenden E-Gitarren, der emotionalen Gewalt von Joss' erhabener Stimme und dem düsteren Grundton ist der Titel eine ähnliche Bombe wie vor fünf Jahren ihr "Put Your Hands on Me".

Fazit

Nicht jedes Mal ist das Ergebnis von Joss' Selbstfindung das Non-Plus-Ultra gewesen. "Introducing Joss Stone" beispielsweise experimentierte zu sehr mit der Moderne, während "LP1" etwas zu ernst wirkte. Die anderen drei Veröffentlichungen aber waren höchste Soul-Kunst. Ebenso ihr neues Werk. Mit spürbarem Spaß, höchstem musikalischem Know-How und leidenschaftlicher Live-Energie wurde respektvoll alten Standards neues Leben eingehaucht. Stillsitzen kann man dabei genauso wenig wie die Volume runterdrehen.

Anspieltipps

I Got The...

(For God's Sake) Give More Power to the People

The Love We Had (Stays on My Mind)

The High Road

Then You Can Tell Me Goodbye

Artistpage

JossStone.com

Tracks

1.I Got The...
2.(For God's Sake) Give More Power to the People
3.While You're Out Looking for Sugar
4.Sideway Shuffle
5.I Don't Wanna Be with Nobody But You
6.Teardrops
7.Stoned Out of My Mind
8.The Love We Had (Stays on My Mind)
9.The High Road
10.Pillow Talk
11.Then You Can Tell Me Goodbye

Micha S. - myFanbase
19.08.2012

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