Bewertung
Cae & Eddie Gauntt

Inner Sanctum

Wenn die Klassik andere Musikgenres trifft, kommt vielleicht nichts Hippes, aber in vielen Fällen etwas Interessantes, Innovatives und Beeindruckendes heraus. Ein gutes Beispiel sind da Andrea Bocellis Zusammenarbeiten mit großen Popstimmen wie Christina Aguilera, Soulsänger Stevie Wonder oder mit einer Musicaldarstellerin wie Sarah Brightman. Mit Letzterer sorgte er Mitte der 90er wohl für den prominentesten Fall, der diese Art Musik gehörig pushte. Zehn Jahre zuvor traten mit Cae und Eddie Gauntt bereits eine Popsängerin, die Musicalhauptrollen spielte und heutzutage Mitglied der Soul-Combo 4 your Soul ist, und ein Bariton, der langjährige Engagements an renommierten Opernhäusern hat und sich mittlerweile Kammersänger nennen darf, mit einem solchen Konzept auf.

Foto: Cae & Eddie Gauntt - "Inner Sanctum" - Copyright: Gerth Medien
Cae & Eddie Gauntt - "Inner Sanctum"
© Gerth Medien

Wirklich ausgefeilt war das damals jedoch noch nicht, was ein rares Demotape von damals beweist. Vielleicht mussten sich die Eheleute erst jeweils solo freischwimmen, bevor sie ein Programm zusammenstellen, das die Stärken beider zeigt und nebeneinander stehen lässt. Vielleicht mussten sie aber auch erst Florian Sitzmann kennenlernen, Caes treuen Pianisten/Produzenten und Sohn Mannheims, der genau die musikalische Einstellung mitbrachte, die den Zwei perfekt passende Arrangements und Neukompositionen möglich macht. Drei Programme haben die Gauntts mittlerweile: das vor sieben Jahren auf CD gepresste "Christmas", ein sich derzeit in der Planung befindendes mit Liedern über die Liebe und das Leben, sowie das vor drei Jahren veröffentlichte "Inner Sanctum".

Hinter dem lateinischen Titel verbirgt sich genauso wenig ein gregorianischer oder Gothic Sound wie Cae & Eddie irgendwie an singende Ehepaare wie Marianne & Michael oder Judith & Mel erinnern. Und auch wer mit den Augen rollt, wenn er hört, dass die zwei Amerikaner auf ihrem zweiten Duettalbum alte Kirchenlieder singen, sollte vorsichtig sein. Mit seiner Arbeit für Supertalent Freddy Sahin-Scholl, an der Popversion von Händels "Messias" und Orchester-Arrangements für Xavier Naidoo hat Florian Sitzmann sowohl Feingefühl und Liedverständnis, als auch bemerkenswertes künstlerisches Niveau bewiesen. Nicht umsonst wurde das Album nun gemeinsam mit zwei über 20.000 Einheiten verkaufenden Werken in einer Limited Edition vom Indie-Label neuveröffentlicht. Ein edles, stabiles Leineneinband und persönliche Worte der drei Hauptbeteiligten zu jedem Titel werten "Inner Sanctum" nun auch äußerlich auf.

Cae & Eddie sehen die elf Lieder vor allem durch ihren Inhalt aufgewertet. Der Glaube an Gott ist dem Ehepaar seit seinen Kindestagen in Texas das Fundament ihres Lebens und seit jeher Thema auf den Solo-CDs von Cae (zuletzt: "Was uns bleibt"). Das drei Viertel der Albumspielzeit einnehmende alte Liedgut ist teilweise schon einige Jahrhunderte alt und bietet eine kaum noch existierende Wortpoesie: "Was helfen uns die schweren Sorgen, was hilft uns unser Weh und Ach? Was hilft es, dass wir alle morgen beseufzen unser Ungemach? Wir machen unser Kreuz und Leid nur größer durch die Traurigkeit." So heißt es im ersten Titel "Wer nur den lieben Gott lässt walten". Dessen erste drei Strophen werden auf einfühlsame Art alleine von Cae vorgetragen, bevor Eddies mächtigere Opernstimme übernimmt und sie in der letzten Strophe zeigen können, wie gut ihre Stimmen miteinander harmonieren. Begleitet werden sie dabei von Streichern, Clavichord, Gitarre und Percussion, alle allerdings dezent eingesetzt. Die Arrangements zurückhaltend zu gestalten war Absicht, denn durch im Vordergrund stehenden Gesang sollen die, wie Cae sagt, "werte- und würdevollen Texte" wirken.

Durch diese Haltung der Künstler haben alle Lieder etwas Spannendes und man lauscht ihrer Inszenierung aufmerksam. Eddies Solostück "Großer Gott, wir loben dich" beispielsweise beginnt mit mittelalterlichen Klängen und einer diesen angepassten Alternativmelodie, wird dann durch den aus seinen Kollegen von der Badischen Staatsoper bestehenden Chor klassisch, aber nicht pompös, weil kaum Instrumente eingesetzt werden. "Wohl mir, dass ich Jesus habe", ein Choral aus einer Bach-Kantate, wird gewitzt zusammengeworfen mit "In dulci jubilo" aus dem 14. Jahrhundert – Cae und Eddie singen sich im nuancierten Wechselgesang die Lieder zu, was eine leichte Atmosphäre erzeugt, die Florians verspieltes Clavichord unterstützt. In "Schönster Herr Jesu" singt Cae wiederum nur die soulig-weichen Backgroundvocals für ihren Mann bis sie die alte Hymne auf Englisch, mit sich selbst im Duett und anders moduliert weitersingt.

Einzige Neukomposition stellt der Titelsong dar, selbstverständlich maßgeschneidert für das Konzeptalbum. Freddy Sahin-Scholl, "der Mann mit den zwei Stimmen", revanchiert sich mit einer stimmungsvollen Melodie für die vielen Texte, die Cae für sein Album bereits vor dessen Durchbruch schrieb. Eindrucksvoll sind auch diesmal Caes Worte: "Mercy upon me and those who are too kind to see... Mercy upon me and the slaves of inhumanity... Mercy on this humankind, on those well-bound and those who bind. Mercy, mercy on us all to halt the pride before the fall." Ja, Cae bringt nicht nur stimmlich die Seele in die Lieder.

Zwei Stücke bedienen sich im "Agnus Dei", dem litaneiartigem Gebet der Heiligen Messe. "Christe, du Lamm Gottes" ist ein kurzes, andächtiges Intro für das herrliche "Würdig ist das Lamm" aus Händels Oratorium "Der Messias". Eddies Stimme ist für dieses Werk wie gemacht und Cae wusste es schon in Sitzmanns Popversion aus den 90ern auf wunderbar erhabene Weise zu bereichern. In "Dona Nobis Pacem" dagegen singen Cae, Eddie und viele Vocoder-Caes im Kanon und schaffen damit, obwohl er nur a capella gesungen wird, den poppigsten Track der Scheibe. Durch sphärische Klänge aus dem Computer, ruhige Streicher und hymnenartigen Chorgesang hat "Vaterunser" etwas von Enigma oder E Nomine und lässt damit aufhorchen. Die Nummer, die live oft den größten Applaus hervorruft, ist auch hier die stärkste: "The Prayer", der zigfach gecoverte Grammy-Gewinn von Céline Dion und Andrea Bocelli. Sehr süß ist Caes Kommentar dazu im Booklet: "Könnt ihr euch vorstellen wie viel Spaß es macht, dieses Lied zusammen zu singen? Wir müssen einander vertrauen, gut hören, hart arbeiten und beten. Zufällig auch das Geheimnis einer glücklichen Ehe!"

Fazit

Das Geheimnis einer guten Platte sind nicht ihre Charttauglichkeit oder Trendsetting, sondern dem Künstler und seinem Anliegen entsprechende Arrangements und Titel. Das hat Florian Sitzmann auf dem zweiten Album der Gauntts geschafft und so entstand gemeinsam mit Eddies mächtigem Organ und Caes sensiblem Ausdruck ein inhaltlich tiefgängiges und musikalisch liebevoll dargebotenes, stimmiges Ganzes zwischen mehr als zwei Musikstilen.

Anspieltipps

Wer nur den lieben Gott lässt walten

Inner Sanctum

Dona Nobis Pacem

Vaterunser

The Prayer

Artistpage

CaeGauntt.de

Tracks

1.Wer nur den lieben Gott lässt walten
2.Großer Gott, wir loben dich
3.Inner Sanctum
4.Dona Nobis Pacem
5.Wohl mir, dass ich Jesus habe
6.Schönster Herr Jesus
7.Vaterunser
8.How Deep the Father's Love For Us
9.The Prayer
10.Christe, du Lamm Gottes
11.Würdig ist das Lamm

Micha S. - myFanbase
04.11.2012

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