Bewertung
Anastacia

It's a Man's World

Anastacia ist wohl keine Frau, die nicht weiß, was sie will. Mit "Heavy Rotation" wollte sie ein fröhliches, positives Album machen. Hat sie auch. Ihr Label wollte aber, dass es in die urbane und elektrobasierte Disco/R'n'B-Ecke geht – und daran ist es letztlich gescheitert. Doch runterziehen lies sie sich dadurch nicht. Sie finanzierte eine Europatour selbst, machte Shows mit Chaka Khan, war Jurorin in der von "Glee" inspirierten Castingsendung "Don't Stop Believing" und hier und dort Gastsängerin. Neues Material von einem kommenden Soloalbum veröffentlichte sie bereits auf Facebook – doch zuvor wirft sie "It's a Man's World" auf den Markt.

Foto: Anastacia - "It's a Man's World" - Copyright: Anastacia
Anastacia - "It's a Man's World"
© Anastacia

Warum? Das wird klar, wenn man sich die Trackliste anschaut: Zehn große Hits von Bands, denen es nicht an Testosteron mangelt. Anastacia Lyn Newirk weiß wieder: Sie ist ein Rock Chick, sie will die Gitarren zurück und wieder die Art Musik machen, die sie einst als "Sprock" bezeichnete – Soul-Pop-Rock. Weil ihm der Rock fehlt, darf James Browns Soul-Klassiker die Platte auch nur benennen. Gecovert werden zehn Songs, von denen sechs vom "Rolling Stone"-Musikmagazin zu den 500 größten Songs aller Zeiten gekürt wurden.

So zum Beispiel Albumopener "Ramble On" von Led Zeppelin, der ursprünglich aus den 60ern stammt. Anastacias nörgelnde Stimme passt wunderbar zu dem rasselnden Spiel der E-Gitarre – da ist Rotz, da ist Schmiere, ja, das ist Sprock. Auch Aerosmith's "Dream On" gehört zu den guten Neuinterpretationen und lässt nicht nur durch die energische Kopfstimme der Sängerin aus Chicago aufhorchen.

In "Best of You", einem der druckvollsten Songs nicht nur von den Foo Fighters, sondern ever, fehlt aber eben genau der Druck. Da kann Drummer Blair Sinta noch so sehr ausholen und die 44-Jährige gerade im letzten Drittel noch so sehr powern – das letzte Stück Wums fehlt. Ähnliches gilt für die Adaptionen von AC/DCs "Back in Black" und des 80er-Kulthits "You Give Love a Bad Name" von Bon Jovi.

Der Stones-Rocker "You Can't Always Get What You Want" hat gute Stellen, gerade wenn die Sängerin, die E-Gitarre und der kleine Chor miteinander grooven, überzeugt aber ebenso wie "Sweet Child O' Mine" nicht durchgängig. Das Gitarrensolo aus dem Guns 'N Roses-Titel ist – auch wenn es nicht aus Slashs Händen kommt – immer wieder pure Freude, aber dennoch hinterlässt der Song den Eindruck, dass er nicht so ganz zu dem Rock Chick passt. Sie hat zwar mehr Energie als Sheryl Crow in ihrer Grammy-gekrönten Version der Nummer, aber Fergie beispielsweise hat in ihrer viel zu wenig beachteten Zusammenarbeit mit Slash ("Beautiful Dangerous") mehr gezeigt. Mary J. Blige ist die Messlatte, der die 1,57 Meter kleine Anastacia sich im nächsten Track stellen muss – und auch wenn ihr Arrangement von "One" bewusst ruhiger und schlichter gehalten ist, sang Mary die U2-Ballade mit mehr Gefühl und Vielseitigkeit.

In "Wonderwall" gelingt es Anastacia und ihren Männern in keinem Moment die Rauheit und Melancholie von Oasis zu transportieren. Und King of Leons "Use Somebody" (aus "Only By The Night") ist schlicht und einfach nicht gemacht für Anastacia und hätte man wohl besser durch den iTunes-Bonustrack ersetzt. Andererseits: Kelly Clarkson hat das Lied schlechter gesungen, Paramore langweiliger. Von Rihannas "Wonderwall" und Demi Lovatos "You Give Love a Bad Name" spricht man besser erst nicht. Anastacia hat einfach eine große Stimme mit einem markanten Timbre. Und Produzent Glen Ballard hat eigentlich die Kompetenz, ein gutes Rockalbum zu schaffen – immerhin hat er nicht nur zwei Drittel ihres selbstbetitelten 2004er Werk produziert, sondern auch "Everyday" von der Dave Matthews Band und Alanis Morissettes "Jagged Little Pill". Anastacias fünftes Werk wirkt aber inspirations- und charakterlos und hat sein Ziel verfehlt.

Fazit

Anastacia ist tatsächlich keine Frau, die nicht weiß, was sie will. Sie wollte den Rock in ihren Soulpop zurückbringen und das hat sie mit den Covern von Männerklassikern getan. Ihr Produzent hat das Ganze aber zu glatt und gehaltlos inszeniert – und daran scheitert "It's a Man's World". Es ist etwas für Anastacia-Liebhaber, die jene Lieder mögen – aber nichts für Fans, die Songs auf dem Niveau von "Left Outside Alone" oder "Paid My Dues" wollen. Und schon gar nichts für Fans der gecoverten Bands. Es wird Zeit, dass diese außergewöhnliche Stimme wieder von einem Millionenpublikum gehört und geliebt wird.

Anspieltipps

Ramble On

Sweet Child o' Mine

You Can't Always Get What You Want

Dream On

Artistpage

Anastacia.com

Tracks

1.Ramble On
2.Best of You
3.Sweet Child o' Mine
4.You Can't Always Get What You Want
5.One
6.Back in Black
7.Dream On
8.Use Somebody
9.You Give Love a Bad Name
10.Wonderwall

Micha S. - myFanbase
30.12.2012

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