Part of Me
18-Jährige sind voll von Potential. Am Ende der Pubertät ist das Selbstbewusstsein erstarkt. Die Probleme der Teeniezeit erscheinen einem wie Kinderkram. Man will mehr, höher, weiter. Man hat Ideen, Prinzipien und Ziele. Und man kennt schon einen guten Teil des eigenen Talents, das einen dorthin bringen könnte. Man versucht es, man lässt sich nicht aufhalten – nicht jetzt.
Ami Warning ist 18 Jahre. Und sie wirkt sogar älter, wenn man sie sieht und hört. All ihre Erfahrungen und Gedanken landen in ihren Songs. Als Tochter des aus der Karibik stammenden und seit 20 Jahren in Deutschland lebenden Reggae-Musikers Wally Warning hat sie gute Fähigkeiten mit auf den Weg bekommen. Ihr Vater hatte 2007 sogar einen Song auf Platz 26 der Singlecharts: "No Monkey". Bei Papa hat sie auch schon lange in der Band gesungen, sowie mit ihm Duo-Konzerte gegeben. Nun ist ihr erstes eigenes Album raus.
Das beginnt mit einem Backgroundchor, der so samtweich wie Sade daherkommt. Dazu viel Percussion, wenig Gitarre und Bass. Klingt gut. Ihre Stimme erinnert sowohl an den rauchigen Gesang von Asa und Ayọ ("Billie-Eve"), als auch an den weichen von Avion Blackman und India.Arie ("Testimony Vol. 2: Love & Politics"). Soul mit Reggae-Einflüssen – jawohl, das klingt gut. Dann wird man stutzig: Der Backgroundchor singt wirklich das ganze Lied über sein sanftes "Heya heya hey hey heya"? Merkwürdig. Interessant vielleicht. Noch will man kein Urteil fällen.
"Blessing & Curse" beginnt danach nur mit Gitarre, hat ein schönes Reggae-Feeling und wird stellenweise durch tiefe Streicher bereichert. Der Titel geht sofort ins Ohr, aber man stellt fest: Er zeigt nur wenig Facetten. Noch stärker spürt man das bei "Follow": Es kommt der eingängige Refrain, dieser wird wiederholt, das folgende Zwischenspiel bringt genau die gleichen Akkorde, selbst die Strophen basieren auf diesen, sodass man hier auch den Refrain singen könnte. Ein Schema, das die meisten Songs wiederholen. Das wirkt komisch, es nimmt einem die Lust am Zuhören, es strengt an.
Und es ärgert einen. Denn vieles ist so gut an Amis Musik. "Waiting" zum Beispiel hat einen absolut tollen Refrain mit einem schönen kleinen Kniff am Ende, wird dann aber drei Mal wiederholt und die Strophen realisiert man gar nicht. Das mollig-bluesige "Daydreams" könnte mit seinem Karibik-Beat und einer endlich mal eigenständigen Strophe bestechen, überstrapaziert den Refrain dann am Ende aber auch. In "Return" mit der jammenden E-Gitarre oder in "One Moment" mit Mundharmonika und fast sprechendem Gesang werden schöne dezente Noten gesetzt, die zeigen, dass Ami und ihre Musiker eigentlich mehr können.
Leider kann als kompletter Song nur der mit Papa überzeugen, weil seine Anwesenheit die nötige Abwechslung bringt und bestehende Konzepte durchbricht. Alle anderen Songs mögen nette Hintergrundmusik hergeben oder in ihrer an Feist oder Ingrid Michaelson ("Girls and Boys") erinnernden Leichtigkeit perfekte Untermalung für Werbeclips sein – auf Albumlänge funktionieren sie aber nicht – noch nicht. Sie sind ganz sicher keine oberflächlichen, lieblosen Stücke, sie scheinen aber auch noch nicht fertig erarbeitet zu sein.
Fazit
Ami ist voll von Potential. Und das nicht nur dank Papa Warning und den Musikern, die hier für den guten Sound sorgen. Die Sängerin und Bassistin mit dem Faible für kurze Songtitel bringt schon selbst viel mit, vor allem eine ausdrucksstarke, signifikante Stimme. Die kann rau und gleichzeitig sanft, wirkt unheimlich authentisch und passt zu ihrer Musik auf den Punkt. Sie wirkt reifer als manch doppelt so alte Sängerin. Als Songschreiberin braucht sie aber noch Schule und Erfahrung, um nicht nur eingängige, sondern langlebige Lieder mit Gehalt zu schaffen.
Anspieltipps
Follow
Waiting
Daydreams
Love Is a Funny Thing
Artistpage
Tracks
1. | Freedom | |||
2. | Blessing & Curse | |||
3. | Follow | |||
4. | Waiting | |||
5. | Daydreams | |||
6. | Love Is a Funny Thing | |||
7. | Perfect | |||
8. | Return | |||
9. | One Moment | |||
10. | Part of Me | |||
11. | Babylon | |||
12. | Scared |
Micha S. - myFanbase
04.03.2014
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (DE): 07.03.2014Genre: Soul, Reggae
Jetzt bestellen
Album jetzt bei Amazon.de
bestellen
Aktuelle Kommentare
23.11.2024 17:22 von Chili_vanilli
Cruel Intentions: Cruel Intentions
Ich bin auf deine Meinung gespannt. Ob ich weiterschauen... mehr
20.11.2024 15:18 von Catherine
Liebeskolumnen: Rory & Dean, Teil 3
Ich glaube, es wurde während des "Gilmore... mehr