Hypes, Hopes & Letdowns 2011

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Der erste Teil unseres großen Jahresrückblicks ist wie immer insbesondere all jenen Bands und Künstlern gewidmet, die von der Musikpresse 2011 entweder zu Unrecht hochgejubelt oder kaum beachtet wurden. Außerdem urteilen unsere Autoren darüber, wer im vergangenen Musikjahr besonders überraschte und wer Erwartungen vielmehr nicht standhalten konnte, welche Newcomer Hoffnungen auf Großtaten im Jahr 2012 schürten und auf welchen Musik-Webseiten man diese am ehesten für sich entdecken konnte, welche Kollaborationen am meisten beeindruckten und welche Plattenlabel im digitalen Zeitalter immer noch großartige Arbeit zu leisten wussten.

Most Overrated Artist

Radiohead
Abgesehen von "OK Computer" konnte ich mit Radiohead nie so richtig warm werden. Das heuer erschienene "The King of Limbs" hat daran nichts geändert - ohne den Herrschaften Talent und Visionen absprechen zu wollen: Ihre Musik klingt einfach zu überambitioniert und überkandidelt, um Intimität und Emotionen hervorzurufen – Punkte, die auf der Prioritätenliste noch vor "Aufbau" und "Konstruktion" kommen. | Stephanie Stummer

Foto: Copyright: Cooperative Music
© Cooperative Music

Fleet Foxes
Es ist ja nicht so, als würde ich mich aktiv gegen den angeblichen Charme ihrer Musik wehren. Im Gegenteil, gibt es keine andere Band, die ich lieber so sehr verehren würde, wie all die Kritiker da draußen. Schließlich bin ich ja auch bekennender Fan vollbärtiger Folk-Barden. Aber bei den Fleet Foxes erschließt sich mir selbst nach ihrem Zweitwerk "Helplessness Blues" einfach immer noch nicht, was an dieser Band nun so besonders ist, dass sie schon seit über drei Jahren derart abgefeiert wird, als hätte sie den Harmoniegesang erfunden. So leid es mir tut. | Paulina Banaszek | zur Hörprobe in der Videogalerie

Girls
Mir war schon 2009 schleierhaft, warum "Album", das wahnsinnig clever betitelte Debüt der amerikanischen Indie-Rocker Girls, auf so vielen namhaften Jahresbestenlisten vertreten war. Zwei Jahre später kann ich mich nun erneut nur darüber wundern, dass der in meinen Ohren ähnlich unspektakulär klingende Nachfolger "Father, Son, Holy Ghost" für dieselben Begeisterungsstürme sorgt. Ich höre darauf bestenfalls als nett zu bezeichnende Retro-Klänge, bei denen ich das ungute Gefühl nicht loswerde, alles schon von irgendwoher zu kennen. | Willi S.

Melanie C
Die kann was. Da waren sich doch schon immer alle einig, oder? Zu Spice-Girls-Zeiten merkten sogar die unmusikalischsten Hörer: Sporty Spice ist die Beste. Sie sang die schwierigsten Parts. Ihre starke und markante Stimme trug die Songs. Fünf Soloplatten später muss man mittlerweile resümieren: Frau Chisholm macht netten Pop, seelen- und mutlos, und leider nicht mehr. Die wirklich guten Stücke sind die, die mit Britpop und alternativeren Klängen experimentieren. Und davon bringt sie auf "The Sea" viel zu wenig. Einzig "Get Out of Here" weiß mit einem swingenden und treibenden Band-Orchester und Mels erstaunlicher Gesangsleistung zu begeistern. Das aber so richtig. | Micha S. | zur Hörprobe in der Videogalerie

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© Def Jam

Rihanna
Rihanna hier, Rihanna da, Rihanna mit Coldplay, Rihanna mit Nicki Minaj, ich kann sie nicht mehr sehen, geschweige denn hören. Ihre Omnipräsenz in der Musik- und Klatschpresse ist erdrückend, dabei sinkt die Qualität ihrer Songs zusehends bei dem Versuch, möglichst kommerziell zu sein. Und es nervt. Also bitte, lasst uns mit Rihanna in Frieden. | Maria Gruber | zur Hörprobe in der Videogalerie

Blink-182
Vielleicht nicht mehr super aktuell, da Blinks "große" Zeit wahrscheinlich in der Vergangenheit liegt, aber dadurch, dass sie "Neighborhoods" veröffentlicht haben, kommen sie (leider) wieder auf meinen Plan. Ich kann einfach gar nichts mit den Möchtegern-Punks anfangen, die, wie sie es selber schon sagen, nicht erwachsen werden wollen. | Ameli H.

Kanye West
Ich kann mit dem Mann und seinem Ego einfach nicht warm werden. Schon letztes Jahr mit dem für mich total ungerechtfertigten Hype um "My Beautiful Dark Twisted Fantasy" und seiner Dauerpräsenz ging er mir tierisch auf die Nerven und dann musste er sich dieses Jahr noch ausgerechnet mit Jay-Z zusammentun und uns mit einem Werk beglücken. Ein weiteres Werk, das von Christgau und Konsorten in den Himmel gelobt wird, für mich allerdings kaum Substanz hat. | Mark Jürgens

Most Underrated Artist

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The Naked and Famous
Letztes Jahr standen an dieser Stelle MGMT, diesmal sind es die Newcomer The Naked and Famous, die mit denselben verglichen, dabei aber durchaus unterschätzt werden. In den Neuseeländern steckt so viel mehr als ein billiger Abklatsch von MGMT: Neben ein paar eingängigen Hitsingles bietet ihr Debüt einige spannende, verschachtelte Stücke, die in Richtung Industrial und Noise gehen. | Stephanie Stummer | zur Hörprobe in der Videogalerie

Mark Berube and the Patriotic Few
Irgendwann spricht sich großes Talent eben doch herum. Das versuche ich mir zumindest immer einzureden, wenn ich von Neuigkeiten wie der vierfachen Grammy-Nominierung von Bon Iver höre. Beim kanadischen Singer/Songwriter-Genie und Spoken-Word-Künstler Mark Berube, der mit "June in Siberia" 2011 bereits sein viertes Album herausbrachte, verliere ich allmählich jedoch leider den Glauben an einen auch noch so kleinen Durchbruch. Denn wenn ein Mann schon seit Jahren so bezaubernden Kammerfolk mit schlicht genialen, sehr cohenesken Texten kreiert und nicht einmal in seinem Heimatland die Anerkennung erfährt, die er verdient, kann die Welle der Begeisterung unter seinen Fans auch schwer über die Atlantik schwappen. Aber wer weiß, vielleicht legt 2012 ja mal sein langjähriger Kumpel Dan Mangan ein gutes Wort für ihn ein. | Paulina Banaszek

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David Thomas Broughton
Ein klein wenig unfair ist es ja schon: Bärtige Folk-Barden gibt es nun wahrlich wie Sand am Meer, und dennoch bleibt ausgerechnet einem der ungewöhnlichsten und talentiertesten Exemplare der große Durchbruch bislang verwehrt. An der zugegebenermaßen nicht alltäglichen Gesangsstimme von David Thomas Broughton kann die ausbleibende Euphorie schon einmal nicht liegen, wenn ich mir den vergleichsweise großen Erfolg von Antony Hegarty so anschaue. Wie dem auch sei, für mich zählt "Outbreeding", das aktuelle Album des britischen Underdogs, ohne Zweifel zu den interessantesten Veröffentlichungen des Jahres. Tolle Texte treffen auf eine spannende Instrumentierung - Singer/Songwriter-Herz, was willst du mehr? | Willi S. | zur Hörprobe in der Videogalerie

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Mute Math
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Mutemath
Großer Name in den USA, wild tourend, Grammy-nominiert, auf dem "Billboard"-Cover und dem "Twilight"-Soundtrack sowie Performer des "Transformers"-Theme, doch bei uns im Grunde vollkommen unbekannt. Zu Unrecht, wie auch wieder "Odd Soul", Platte Nr. 3, mit ihrer kunstvollen Symbiose aus alternativem Rock, dunklem Elektro, verspieltem Jazz und energischem Funk beweist. | Micha S. | zur Hörprobe in der Videogalerie

James Vincent McMorrow
Da hat dieser Mann eine solch zarte Stimme und veröffentlicht mit "Early in the Morning" eines der besten Debütalben des Jahres, und irgendwie geht das komplett an der Presse vorbei. Zumindest hierzulande scheint McMorrow von den Kritikern mit unverdienter Ignoranz bestraft worden zu sein, dabei ist er der wahrscheinlich beste irische Musikexport seit Damien Rice. | Maria Gruber | zur Hörprobe in der Videogalerie

American Pinup
In der Punk/Rock-Szene gibt es nicht viele Bands, in der Frauen das Mikrophon in die Hand nehmen – leider. Es gibt nämlich bestimmt viele andere Frauen, die wie deren Frontfrau singen und nicht wie Ke$ha und Rihanna alles auto-tunen. American Pinup hätten für ihr Album "Strange Creatures" viel mehr Aufmerksamkeit bekommen sollen. | Ameli H.

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Jason Isbell
Es ist wirklich ein Jammer, dass der gute Jason Isbell nicht bekannter ist. Seit knapp 10 Jahren schreibt er einige der besten Songs im Folk/Country-Genre, wirklich Notiz nehmen tut aber kaum wer. Bei den Drive-By Truckers stand er immer im Schatten von Patterson Hood und Mike Cooley, obwohl er beide an die Wand sang und schrieb. Solo veröffentlicht er konstant Alben, die ohne Füller auskommen, schafft es aber leider nicht, diese so zu verkaufen wie sie es verdient hätten. Vielleicht liegt es an Isbells zurückhaltender Art, seiner Unscheinbarkeit. Wer weiß. Immerhin schaffte es "Go it Alone" in eine Folge der diesjährigen Staffel von "Sons of Anarchy" | Mark Jürgens

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