Kreative Höchst- und Tiefstleistungen 2011

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Musik ist eine Kunst, die man beim Blick auf die Charts heutzutage oft gar nicht als solche wiedererkennt, so geistlos wie so manch ein Hit im Hinblick auf seinen Titel, seine Lyrics oder das dazugehörige Musikvideo daherkommt. Aus diesem Grund möchten wir an dieser Stelle all jenen Musik-Acts huldigen, die sich im Jahr 2011 durch ästhetisches Artwork, clevere Texte, originelle Song- und Album-Titel oder außergewöhnliche Musikvideos den Titel "Künstler" redlich verdient haben, und euch nebenbei auch noch die primitivsten Songzeilen und schlimmsten Coverart-Verbrechen des vergangenen Jahres vorstellen.

Schönstes Artwork

Stephanie Stummer meint:

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© Cooperative Music

#1 Explosions in the Sky – Take Care, Take Care, Take Care
Die liebevoll gezeichnete Hausfront auf dem Cover von "Take Care, Take Care, Take Care" ist erst der Anfang: Die ganze CD lässt sich zu einem Häuschen zusammenbauen, der dazugehörige Garten (samt Erde auf der Rückseite) ist ebenfalls beigelegt. Fängt die Stimmung des Albums super ein und verleitet noch mehr zum Träumen.

#2 And You Will Know Us by the Trail of Dead – Tao of the Dead
Mit dem Artwork von "Tao of the Dead" gibt Conrad Keely sehr viel von sich preis: Die abgebildeten Figuren sind Charaktere seiner Graphic Novel "Strange News From Another Planet - The Adventures of the Festival Thyme", von der auch ein nicht zu verachtender Auszug im Booklet enthalten ist. Tolle Sache!

#3 Man Man – Life Fantastic
Von allen lustigen und knuffigen Gestalten, die dieses Jahr diverse Cover geschmückt haben, ist das mausähnliche Tierchen auf "Life Fantastic" bestimmt eines der lustigsten und knuffigsten. Und es lässt sich bestimmt prima selbst basteln.


Paulina Banaszek meint:

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© Naïve

#1 M83 - Hurry Up, We're Dreaming
Gepaart mit dem schlicht großartigen Albumtitel bieten die beiden in einen Kimono bzw. ein haariges, alienartiges Rüsseltier-Kostüm gekleideten Kids auf dem Cover des neuesten Werks von Anthony Gonzalez einen nahezu märchenhaften Anblick, der einen mit einem Lächeln im Gesicht an die unbeschwerte Zeit zurückdenken lässt, als man noch selbst im eigenen Kinderzimmer saß und voll ungezähmter Phantasie zu träumen wagte.

#2 Julia Marcell - June
Das Cover des von schlichtem Schwarz und grellem Pink dominierten Digipacks zu Julia Marcells "June" ziert eine junge Frau mit bunten Sommersprossen und herrlich schrägem Gesichtsausdruck, die offenbar gerade an den Haaren gezogen wird – ein herrlich skurriles Bild, das den aufgedrehten neuen Sound der gebürtigen Polin perfekt einfängt.

#3 Bon Iver - Bon Iver, Bon Iver
Auch wenn ich hier insgeheim am liebsten James Hoffmans "The Union" nominieren würde, weil der Kerl lausbübisch schmunzelnd auf dem Cover und herzlich lachend auf der Innenseite des Digipacks schlicht unverschämt charmant aussieht, fällt meine dritte Wahl letztlich doch auf das wunderschöne Artwork von "Bon Iver, Bon Iver". Denn besser könnte diese verwunschene Landschaft auf dem Cover einfach nicht widerspiegeln, welche Bilder einem beim Hören der Platte durch den Kopf gehen.


Willi S. meint:

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© 4AD

#1 Bon Iver - Bon Iver, Bon Iver
In musikalischer Hinsicht bin ich offensichtlich einer der ganz wenigen, die das erste Album von Bon Iver dem zum Teil übertrieben pompös instrumentierten Nachfolger vorziehen. Das detailverliebte Cover-Art ist allerdings über jeden Zweifel erhaben (siehe Making Of Teil 1 & Teil 2) und suchte 2011 seinesgleichen.

#2 Moriarty - The Missing Room
Don't judge a booklet by its cover. Ähnlich wie im Falle des Vorgängers, wartet das Begleitheft zum aktuellen Moriarty-Album mit allerhand sehenswerten Illustrationen auf, die den Songs der herrlich verschrobenen Folk-Truppe zusätzliches Leben einhauchen.

#3 Wye Oak - Civilian
Der gelungene Schnappschuss von Fotograf Michael O'Leary ist meines Erachtens ein echter Hingucker und fängt zudem die Atmosphäre des Albums perfekt ein. Kein Wunder, dass Jenn Wasner und Andy Stack sich auf den ersten Blick in die Unterwasseraufnahme verliebt haben.


Micha S. meint:

#1 Red – Until We Have Faces
Einfach ein toller Effekt, der Kopf, der da wirkt, als käme er aus dem Albumcover heraus. Toll gemacht, Tim Parker, und dann auch noch so passend zu dem an ein Buch von C.S. Lewis angelehnten Titel des Drittlings der US-Rocker.

Foto: Copyright: A&M Recordings
© A&M Recordings

#2 Maroon 5 – Hands All Over
Der CD-Titel stand fest und so googelte die Band ihn auf der Suche nach einer Idee für's Cover-Motiv. Dank ihrer großen Fangemeinde auf flickr landete ein Bild von Fotografin/Model Rosie Hardy ganz weit oben bei den Suchergebnissen. Adam Levine und seine Jungs kontaktierten die 19jährige Engländerin, die entwickelte ihr Kunstwerk für sie weiter, und – ta-dah – auch dieser Drittling hat ein spannendes, irgendwie zum Titel passendes Cover.

#3 David Crowder*Band – Oh for Joy
Typisch. Sich selbst als Nussknacker darzustellen und sich damit auch zu karikieren, ist eine Idee, die ganz wunderbar zu der unkonventionellen Band aus Texas passt. Ungewöhnlich und kreativ war die Musik des Quintetts um David Crowder nämlich schon immer – so auch auf ihrer Abschieds-EP.


Maria Gruber meint:

#1 Seapony - Go With Me
Es ist die denkbar simple Fotografie einer Frau im kurzen Sommerkleid, die an einem Steg lehnt und auf das strahlend blaue Meer sieht. Doch Einfachheit kann auch eine Tugend sein. Das Cover zu Seaponys Debütalbum (übrigens sehr empfehlenswert) erweckt in einem den Wunsch nach Sommer, den Wunsch nach Meer und Sonne und Freiheit. Dafür verdient es einfach den Topplatz auf der Liste.

Foto: Copyright: Cooperative Music
© Cooperative Music

#2 Fleet Foxes - Helplessness Blues
Man weiß gar nicht, was man schöner finden soll, den Titel des Albums oder das Coverartwork, das in seinen Themen und seiner Farbgebung so komplex ist, dass man sich darin verlieren kann. So spiegelt es in vielerlei Form einerseits die Liedmotive der Platte wider, die Berge aus dem Song "Montezuma", die Tänzerin mit dem "Bedouin Dress", den Vogel aus "Blue-Spotted Tail"; andererseits fängt es die bittersüße Grundstimmung der Melodien wunderbar ein, die Mischung aus Tristesse, Nachdenklichkeit und Aufbruchstimmung. Hut ab vor Toby Liebowitz und Chris Alderson, den Künstlern hinter dem Bild.

#3 Beady Eye - Different Gear, Still Speeding
Liam Gallaghers neue Band, die nach der Trennung von Oasis entstand, war quasi Oasis minus Noel. Und so hätte es wohl keinen besseren Titel für das Debütalbum von Beady Eye geben können als "Different Gear, Still Speeding". Perfekt illustriert wird dieser Titel vom dazugehörigen Cover, das im Retrostil gestaltet ein kleines Mädchen auf einem Krokodil reitend zeigt. Klasse!


Ameli H. meint:

1# Noah & The Whale – Last Night on Earth
Normalerweise bin ich nicht so der Fan von Albumcovern, wo die Künstler drauf zu sehen sind, aber anscheinend bildet 2011 die Ausnahme. Zugegeben, das Bild dominiert und blendet auch sehr schön in eine Nachtaufnahme über. Einerseits die Einfachheit und die Ordnung, andererseits das "Verwaschene" der Bilder überzeugen mich.

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#2 The Dopamines/Dear Landlord - Portrait Parlé
Die Split-EP hat leider nur vier Lieder (jeweils zwei von den beiden Bands), kann dafür aber genauso mit ihren Songs überzeugen wie das Albumcover. Als Liebhaber der alten Schwarzweißfilme von früher liebe ich dieses Cover, das an einen Hörsaal aus den 50er Jahren erinnert.

#3 Florence + The Machine - Shake It Out
Das Cover zur Single "Shake It Out" zeigt Florence Welch, anders als ihre Musik, ganz natürlich. Sehr schön sind hier die Einfachheit der Farben, in der Florence' rotes, rotes Haar richtig zur Geltung kommt.


Mark Jürgens meint:

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© Side One Dummy

#1 The Horrible Crowes – Elsie
Klassisch, stilvoll und zurückhaltend: das Artwork zum Horrible-Crowes-Album "Elsie" ist der Musik auf dem Album mindestens ebenbürtig. Wie das Album auch, zeigt das Artwork die eher zurückhaltende und intimere Seite von Brian Fallon und Ian Perkins und die Tatsache, dass es in Schwarz und Weiß gehalten ist, passt hervorragend zum düsteren Ambiente der Musik.

#2 Thrice – Major/Minor
Ebenfalls schlicht gehalten, aber in Farbe und Form das Album hervorragend illustrierend, ist das Thrice-Artwork zum vorerst letzten Album der Band, "Major/Minor", geraten. Die Brauntöne passen hervorragend zur erdigen Musik des Albums und beweisen das oftmals weniger tatsächlich mehr ist.

#3 Dropkick Murphys – Going out in Style
Ein Wappen. Akkordeon, Alkohol und ein Shamrock. Das Artwork zum diesjährigen Dropkick-Murphys-Album strotzt nur so von allem, was die Amerikaner für typisch irisch halten. Aber genau deshalb funktioniert es: Weil es wie die Musik irischer als die Iren ist und nur haarscharf an der Grenze zur Lächerlichkeit vorbei schrammt. Aber es tut es und ist wie das Album auch mehr als gelungen.


Hässlichstes Artwork

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© Interscope Records

Lada Gaga – Born This Way
Lady Gaga als Bauteil eines Motorrads mag ja vielleicht wie gewöhnlich sehr originell sein, ist gleichzeitig aber auch potthässlich. Und vor allem finde ich ihren irren Gesichtsausdruck total gruselig. | Stephanie Stummer

Jason Forrest - Everything
Eigentlich müsste hier zweifellos "Trump Harm" von 31 Knots stehen, hatte das Musikjahr 2011 doch wahrlich kein abscheulicheres Album-Artwork zu bieten. Doch das WTF-Reaktionen hervorrufende Cover von Jason Forrests "The Everything" ist einfach so unglaublich, dass es in seiner völligen Absurdität einfach nicht unerwähnt bleiben darf. Ist das Ironie? Misogynie? Ein verzweifelter Schrei nach Aufmerksamkeit? Oder einfach bloß ein schlechter Scherz? | Paulina Banaszek

Vivian Girls - Share the Joy
Oje, das war wohl nichts! "Share the Joy" stellt nicht nur musikalisch einen Schritt in die falsche Richtung dar, sondern weist auch noch ein für meinen Geschmack gänzlich misslungenes Artwork auf. Prädikat: Künstlerisch wertlos. | Willi S.

Aura Dione – Before the Dinosaurs
Die dänische Sängerin und Liedermacherin auf ihrem zweiten Plattencover nun in einer solchen Pose zu sehen, grenzt schon an Fremdschämen, lädt nicht zum Kauf ein, sondern ist noch peinlicher als Andrea Bergs Leder-Strapse oder Sandra Nasićs Pinkelhaltung auf dem aktuellen Guano Apes-Werk. | Micha S.

Foto: Copyright: Mercury Records
© Mercury Records

Lou Reed & Metallica - Lulu
Die Hässlichkeit dieses Cover bedarf eigentlich keiner Erklärung. Nur wenn mir bitte mal jemand erklären könnte, wie in aller Welt man so ein "Artwork" zum Print freigeben kann. | Maria Gruber

Lady Gaga – Born This Way
Dass Lady Gaga gerne schrille Kostüme mag und die meisten an Exzentrik bei weitem übertrifft, ist gewiss keine Neuigkeit. Es ist auch wohlbekannt, dass die meisten ihrer Outfits nicht unbedingt den Stempel "ästhetisch schön" kriegen würden, aber sie selber, halb transformiert in ein Motorrad ist schlicht und ergreifend hässlich. Die Spitze des Eisbergs ist dann noch die Schriftart, die sich eigentlich nur ein Grundschüler aussuchen würde, der das erste Mal mit Word hantiert. | Ameli H.

Mariachi El Bronx - Mariachi El Bronx (II)
Pseudo-Gangster-Handzeichen und der Name der Band als Anhänger an der eher Gangsterrap suggerierenden Goldkette. Wie schon beim Vorgänger haben Mariachi El Bronx auch bei diesem Artwork völlig daneben gegriffen und liefern das wohl hässlichste Artwork des Jahres ab. Mit Mariachi hat das wenig zu tun. | Mark Jürgens

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