Das Konzertjahr 2012
Für jeden Musikfan gehören Konzert- und Festivalbesuche wohl zu den unbestrittenen Highlights des Jahres, an die man immer wieder gerne zurückdenkt. Auch dieses Jahr hatten die Konzertbühnen der Welt einiges zu bieten - unsere Redaktion lässt ihre besten Konzerterfahrungen Revue passieren, kürt die besten Festivals und Konzertlocations, nominiert aber auch ihre persönlichen Live-Enttäuschungen.
Bestes Konzert
Stephanie Stummer meint:
#1 Bruce Springsteen & The E-Street Band (Ernst-Happel-Stadion, Wien, 12.7.)
Wo soll man anfangen? Bei der unglaublichen Spielzeit von drei Stunden und 41 Minuten? Bei der unglaublichen Setlist, die keine Wünsche offen ließ? Bei der unglaublichen Spielfreude, die der Boss und seine E-Street-Band an den Tag legten? Bei der unglaublichen Magie, die in der Luft liegt, wenn 51.000 Kehlen "Because the Night" singen? – Springsteen bewies am 12. Juli einmal mehr, dass er der letzte Große des Rock'n'Roll ist: Man jubelt, man heult, man rastet aus, schwelgt in Erinnerungen, schwebt letztendlich nach Hause.
#2 Japandroids (Postgarage, Graz, 7.9.)
Die Songs von ihrem Meisterwerk "Celebration Rock" sind auf Platte schon so euphorisch, mitreißend und voller Energie, dass man sich kaum vorstellen kann, wie das live noch zu toppen sein soll – aber: Es geht. Eineinhalb Stunden geben King und Prowse wirklich alles und verwandeln Bühne und Saal in ein wahres Tollhaus.
#3 Beach House (Flex, Wien, 13.11.)
Abgesehen von einem Festival-Auftritt war der diesjährige Besuch in Wien das erste Österreich-Konzert von Victoria Legrand und Alex Scally – entsprechend zahlreich und andächtig erschien das Publikum. Das Warten hat sich gelohnt: Mit unglaublicher Bühnenpräsenz boten die beiden eine Performance, der es weder an Gänsehautmomenten und großen Gesten noch an Scherzen mangelte. Und: Auch zu Dream Pop kann man headbangen, wie die charismatische Victoria Legrand mehrmals erfolgreich bewies.
Maria Gruber meint:
© myFanbase/Maria Gruber
#1 Rich Aucoin (Société Des Arts Technologiques, Montreal, 14.1.)
Rich Aucoins Konzerte sind keine Konzerte – es sind völlig durchgedrehte, vor Energie nur so strotzende Neonlicht-Videoshow-Konfetti-Parties, bei denen man zwei Stunden lang schreit, singt, tanzt und springt. Rich macht aus seinen Konzerten ein Event, eine Art riesige Wohnzimmerfeier, und ist dabei immer Teil des tanzenden Volkes. Er springt von der Bühne, mischt sich unters Publikum, schlingt den Arm um seine Fans, hält das Mikrofon in die Menge. Richs Konzerte sind schlicht und ergreifend ein Rausch: Musik, Freude, Schweiß, Freundschaften mit dem Nebenmann, die für ein paar Minuten geschlossen werden, Gelächter, Gesinge und vor allem ganz ganz ganz viel Tanzen. Am Ende fühlt man sich, als ob man gerade einen Marathon gelaufen wäre. Nur besser.
#2 Julia Stone (Atomic Café, München, 26.10.)
Das Adjektiv "bezaubernd" beschreibt nicht einmal annähernd, wie unglaublich sympathisch die Australierin Julia Stone auf der Bühne ist. Bereits 2010 hatte ich das Vergnügen, Julia gemeinsam mit ihrem Bruder Angus live zu erleben, doch gerade solo entfaltet diese Frau ihr volles musikalisches Können. Nicht nur einmal bekam man eine Gänsehaut, wenn die zarte, samtweiche und doch kraftvolle Stimme zu singen begann, vor allem, da Julia zu fast jedem Song die Beweggründe und Hintergrundgeschichten mit dem Publikum teilte, was ihren Liedern eine völlig neue Dimension gab. So ging man nach Hause mit dem Gefühl, gerade in das Innerste eines Menschen geblickt zu haben, mit ihm seine Emotionen auch auf eine gewisse Art geteilt zu haben. Kaum einer ist dem Publikum gegenüber so offen, agiert mit seiner Band so herzlich und singt so wunderschön wie Julia Stone.
#3 Fanfarlo (Atomic Café, München, 7.5.)
Die fünfköpfige Truppe rund um Simon Balthazar spielte sich an einem lauen Maimontagabend in die Herzen ihres Publikums. Mit Charme, Herzblut und viel Harmonie sorgte Fanfarlo für ein kleines, aber wunderschönes Konzert und präsentierte nicht nur die neuen Songs ihrer 2012 veröffentlichten Platte "Room Filled With Lights", sondern auch viele der großartigen alten Lieder wie etwa "Ghosts" und "Harold T. Wilkins, or How to Wait for a Very Long Time". Die Dynamik stimmte, die Chemie mit dem Publikum stimmte, der Sound stimmte – toll.
Micha S. meint:
#1 Cae & Eddie Gauntt (Kulturzentrum Klosterkirche, Remscheid-Lennep, 19.12.)
Eigentlich müsste Florian Sitzmann als dritter Künstler genannt werden. Denn der Sohn Mannheims schneidert der Soulsängerin und dem Opernsänger, die auf den ersten Blick nicht wirklich kompatibel zu sein scheinen, Arrangements nach Maß und brachte mit seiner Fingerakrobatik am Flügel zum Staunen. Und auch Luke Gauntt sollte aufgrund seiner beeindruckenden stimmlichen Unterstützung und seiner Fähigkeiten an der Perkussion nicht unerwähnt bleiben. Das talentierte Quartett bescherte seinen Zuhörern mit nuancierten Duetten zwischen Pop, Jazz, Kirchenmusik und Classic, sowie tiefgehenden und amüsanten Gedanken zur Adventszeit einen charmant unterhaltenden, künstlerisch wertvollen Abend.
Simone Bauer meint:
#1 Placebo (Docks, Hamburg, 2.7.)
Placebo in einem so intimen Rahmen zu sehen, ist rar. So rar, dass man auch einem Automobilhersteller dankbar sein muss, den man sonst niemals in Verbindung mit der Herzensband gesehen hätte. Dass Placebo selbst nicht ganz zufrieden damit sind, zeigt sich an der fehlenden Gesprächigkeit der Herren. Dennoch: Hier siegt die Intimität über die Spiellust. Denn selbst, wenn Placebo nicht gut drauf sind, liefern sie ab, jedes einzige verdammte Mal. 700 begeisterte Fans können am Ende des Abends nicht irren.
#2 Kettcar (Fest van Cleef, Muffathalle, München, 30.11.)
Gesprächig und in Spiellaune waren stattdessen Kettcar bei ihrem zweiten Münchengig im November 2012 im Rahmen der Fest-van-Cleef-Tour. Für einige der Anwesenden war es das erste Mal, "dass ich es schaffe, Kettcar live zu sehen!". Die flippen dann natürlich aus, wenn Marcus Wiebusch mal wieder seine Songs mit "Und das geht so!" ankündigt. Wen das schon aufhypt, der sollte mit großartig gebrachten Liedern um den Verstand gebracht werden: "Balkon Gegenüber", "Stockhausen, Bill Gates und ich" - und natürlich "Landungsbrücken Raus".
#3 P!nk (Circus Krone, München, 14.9.)
Überraschend macht es die Runde – P!nk wird ihr neues Album "The Truth About Love" in München vorstellen. Wie wird sie wohl drauf sein, so kurz nach der Babypause, bei einer ihrer ersten Liveperformances mit neuem Material? Na, wie wohl? Wenn es jemand in Sachen Stimmvermögen und Faninteraktionen drauf hat, dann die Frau mit dem blonden Iro. Und weil sie gar nicht von der Bühne wegzubringen ist, gibt sie danach noch fast zwanzig Minuten lang Autogramme für ihre treuen Wegbegleiter.
Bestes Festival
Igloofest (Vieux Port, Montreal, 12.-14.1, 19.-21.1, 26.-28.1.)
Neonfarbene Mützen, bunt bedruckte Schneeanzüge, Moonboots, übergroße Sonnenbrillen, und ganz ganz ganz viel Musik. Das Igloofest kann man eigentlich nicht beschreiben, man muss es erlebt haben. Ganz Montreal versammelt sich jedes Jahr an drei (demnächst vier) Wochenenden im Januar, um in der kältesten Jahreszeit dem Schnee und Eis zu trotzen und den alten Hafen zu einer riesigen Dance-Area zu transformieren. Mit weltweit renommierten DJs wie A-Trak, Diplo, Tiefschwarz oder Sébastien Léger war 2012 ein fantastisches Aufgebot vorort, das die bitterkalten -20 Grad spielend leicht in Plusgrade verwandelte. Herausragend! | Maria Gruber
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Rock im Pott (Gelsenkirchen, 25.10.)
Zugegeben, das perfekte Festivalgelände sieht ein wenig anders aus als die Arena auf Schalke. Dennoch, was darin auf die Beine gestellt wurde, ist fabelhaft für das erste Mal eines Lieberberg'schen Großereignisses dieser Art. Kraftklub eröffnen mit sichtlichem Respekt vor den Menschenmassen, bringen diese aber ordentlich im Stimmung. The BossHoss sind vielleicht ein deutliches Zeichen für eine noch nicht ausgereifte Art und Weise, ein Line-Up zusammenzustellen, kommen dennoch sehr gut beim Publikum an. Einzig Jan Delay und die Red Hot Chili Peppers schaffen es nicht, die Gunst der Zuschauer zu bekommen. Dafür gibt es Placebo in bester Laune – so hat man die Jungs den ganzen Sommer nicht gesehen! | Simone Bauer
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