Das Konzertjahr 2012
Bester Support Act
Laura Gibson (vor Calexico)
Bei Calexico sind Vorbands nicht irgendwelche lokalen Gruppen, die ihre halbe Stunde runterspielen, sondern Acts, deren Karriere Joey Burns & Co selbst sehr am Herzen liegt. Dieses Mal war das die grundsympathische Laura Gibson mit Band, die die quirlige Folkgöre gab, ihre Stimme gelegentlich wie ein schräges Instrument einsetzte – und als "Nicht-nur-Vorband-sondern-besonderer-Gast" auch Joey Burns zum Duett auf die Bühne bat. | Stephanie Stummer
Moop Mama (vor Jan Delay)
Bei sage und schreibe 40 Grad im Zelt des Tollwood-Festivals schwitzte man schon im Stehen. Als dann die Münchner Urban-Brass-Truppe auf die Bühne walzte, spritzte der Schweiß nur so durch die Gegend. Eine knappe Dreiviertelstunde lang heizte die 11-köpfige Band das ohnehin schon erhitzte Publikum auf und machte aus einer wartenden Menge eine tanzende. Moop Mama war so energiegeladen, dass man vor dem eigentlichen Act – Jan Delay und seine Disko Nr. 1 – schon völlig fertig war und man sich ernsthaft fragte, wie man denn jetzt noch körperlich das richtige Konzert überleben sollte. Die Frage erübrigte sich dann mit dem wie immer großartigen Jan Delay, doch Moop Mama werden definitiv als die schweißtreibendste Vorband dieses Jahres eingehen, die man unbedingt wieder live erleben will – als Hauptact. | Maria Gruber
Torpus & The Art Directors (vor Kettcar)
Ja, gut, Folk, denkt man, dann gähnt man, dann wünscht man sich in ein einstündiges Koma. Doch dann entdeckt man, dass Torpus & The Art Directors ganz anders sind als ihre Kollegen aus Amerika und England – die nerven nicht, die sind auch beharrt, aber nicht so stark, tragen auch Flanell, sehen darin aber süß aus und machen richtig, richtig gute Musik. | Simone Bauer
Größte Live-Enttäuschung
Crippled Black Phoenix (Kino, Ebensee, 30.03.)
Nicht wirklich ein völliger Reinfall, aber doch zumindest eine etwas unrunde Sache war der Auftritt von Crippled Black Phoenix in Ebensee im Zuge der Veröffentlichung von "(Mankind) The Crafty Ape". Kurz zuvor hatte Sänger Joe Volk die Band verlassen – für diese Tour hatten die Prog-Rocker den relativ unbekannten Matt Simpkin engagiert, der in der Zwischenzeit übrigens auch schon wieder ausgetauscht wurde. Dass es eine große Herausforderung war, in Volks Fußstapfen zu treten, liegt auf der Hand – dass es ihm nicht ganz gelang und er zudem, was Optik und Chemie angeht, mit der restlichen Band ebenfalls nicht harmonierte, beeinträchtigte leider das ganze Konzert. | Stephanie Stummer
Yacht (Il Motore, Montreal, 24.2.)
Irgendwie wollte der Funke nicht ganz überspringen. Man hatte aber auch nie das Gefühl, dass Claire Evans und Jona Bechtolt besonders viel daran lag, dass dieser Funke überspringt. Stoisch und mit wenig Dynamik spielte das Duo seinen Synthpop runter, zu dem aber nur die erste Reihe aus eingefleischten Yacht-Fans wirklich abging – der Rest des Publikums, inklusive mir, war eher wenig angetan von der belanglosen Performance, die wirklich alles war, nur nicht mitreißend. | Maria Gruber
Black Keys (Highfield, Leipzig, 19.8.)
Mir ist schon klar, dass die Herren ihr Handwerk ganz gut beherrschen. Rettet aber weder das, was sie damit anstellen, noch das, was sie damit live anstellen. Ein wahnsinnig uninspirierter Auftritt, der nur denjenigen gefiel, die sehr betrunken waren. Für die, die nichts getrunken hatten, half es nur halbwegs, so zu tun, als wäre man ebenfalls drauf. Wer gibt mir bitte diese Lebenszeit zurück? | Simone Bauer
Beste Konzertlocation
Posthof (Linz)
Verdient diese Nennung nicht, weil er besonders hip, stylisch oder sonst was wäre, sondern deshalb, weil wir heuer erstmals auf einen gemeinsamen Nenner gekommen sind. Bisher war der Posthof bloß das am nächsten gelegene, "große" Veranstaltungszentrum, das es seltsamerweise kaum schaffte, Bands zu buchen, die auch ich spannend fand. Dieses Jahr war es erstmals anders: Es gab tatsächlich eine feine Auswahl an feinen Bands, die im Posthof gastierten. Und selbst, wenn ich manche Truppe aus faulheitsbedingten Gründen dann doch nicht zu sehen bekam, hey, sie wäre zumindest da gewesen.| Stephanie Stummer
59:1 (München)
Das Jahr 2012 ist kein gutes gewesen für die Indie-/Alternative-Szene in München. Erst machte im August das Cord zu, dann die Nachricht, dass das Atomic Café seinen Vertrag nicht verlängern und daher 2013 dicht machen wird. Und jetzt hat es auch noch das 59:1 erwischt – und das ist besonders bitter, war das kleine Venue bei Musikliebhabern doch dafür bekannt, die wirklich kleinen und unbekannten Bands der Welt nach München zu holen und sie einem direkt vor die Nase zu setzen. Am 59:1 hängen viele großartige Konzerterinnerungen – und so geht mit seiner Schließung gewissermaßen eine Ära zu Ende. | Maria Gruber
The IndigO2 (London)
Das Sundance Festival lockt jeden Frühling in die Londoner O2-World. Diese ist nicht vergleichbar mit ihrem deutschen Ableger, sie ist einfach nur ein riesiger Fresstempel mit Konzerthalle, Rockmuseum, Kinosälen und einem weniger großen Konzertvenue, dem IndigO2. Im Rahmen des Sundance Festival finden immer mal wieder Konzerte im Zusammenhang mit den dort gezeigten Filmen an der Themse statt, dieses Jahr waren es Rufus und Martha Wainwright und Placebo. Placebo brachten das IndigO2 zum Kochen, während parallel in der größeren Halle die Backstreet Boys mit den New Kids On The Block spielten. Das IndigO2 hat ein wesentlich größeres Kontingent für Sitzplätze – die freilich nicht benutzt wurden -, wodurch es unter dem Balkon im Pit ordentlich brodelte. Jeder war auf den Beinen, jeder tanzte - "This is a rock concert, you know?" | Simone Bauer
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