Zeitsprünge in TV-Serien - One Tree Hill
Ein absolutes Faible für Zeitsprünge scheint Mark Schwahn, der Erfinder von "One Tree Hill", zu haben: gleich dreimal wird hier etwas schneller an der Uhr beziehungsweise am Kalender gedreht.
Achtung! Der Text enthält Spoiler!
One Tree Hill
Ein wahrer Geniestreich ist dabei gleich der erste Zeitsprung, den Mark Schwahn zwischen der vierten und fünften Staffel von eingebaut hat. Vier Jahre, sechs Monate und zwei Tage – so sagt es wenigstens der Titel der ersten Episode von Staffel fünf – werden übersprungen und damit genau die Zeit, die so vielen Teen-Drama-Serien das Genick bricht: die College-Jahre. Denn egal, wie sehr sich die Autoren von "Dawson's Creek" und "O.C., California" auch angestrengt haben, wirklich überzeugend waren ihre Versuche nicht, die Gruppe Jugendlicher nach dem Schulabschluss zusammen zu halten. Umso innovativer war also Mark Schwahns Idee, diese Zeit des Auseinanderdriftens einfach zu überspringen – ohne dabei auf die persönliche Weiterentwicklung während Studium und Berufseinstieg zu verzichten.
Damit konnten gleich drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: es musste kein "Tree Hill College" aus dem Boden gestampft werden, um den Titel der Serie nicht dadurch ad absurdum zu führen, dass sich der ganze Hauptcast in alle Winde vertreut und außerdem konnten durch den extrem langen Zeitraum von über vier Jahren alle Charaktere in neue Lebenslagen und vor große Herausforderungen gestellt werden. Direkt chronologisch nach der vierten Staffel wäre eine Trennung zwischen Lucas und Peyton zum Beispiel unvorstellbar gewesen – vor allem weil es eben auch unmöglich gewesen wäre, die ganze Problematik der räumlichen und teilweise auch emotionalen Distanz darzustellen. Doch durch den extremen Zeitsprung und netten Flashbacks konnte überzeugend dargestellt werden, wieso das Happy End dieses Paradebeispiel eines "Kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht"-Paares noch ein bisschen hinausgezögert werden konnte. Noch schockierender als die Trennung von Leyton war zu Beginn der fünften Staffel aber selbstverständlich Nathans Unfall, die eine völlig neue Storyline und auch charakterliche Entwicklung für eine Figur eröffnete, die am Ende der vierten Staffel eigentlich auserzählt schien. Und als letzter Punkt darf eines nicht vergessen werden: durch den Zeitsprung ersparte sich die gesamte Crew von "One Tree Hill" die Umständlichkeit eines Babys am Set und auch in der Storyline.
Die übersprungenen Jahre zwischen der vierten und fünften Staffel werden natürlich auch unter Fans der Serie kontrovers aufgenommen – vielen mag die Änderung des Grundtons der Serie nicht gefallen haben und nur zu oft hört man Wehklagen nach dem "guten, alten One Tree Hill". Realistisch betrachtet ist es aber so, dass die Serie diesen neuen Input gebraucht hat, um weiterhin Geschichten erzählen zu können, ohne zu langatmig und wiederholend zu werden. Nicht ganz so notwendig und auch nicht so einschneidend war der Zeitsprung von etwas über einem Jahr zwischen der sechsten und siebten Staffel. Hier war es weniger die Absicht, neue Wege für die Charaktere zu eröffnen, sondern es war einfach eine gute Möglichkeit, die Abwesenheit von Lucas und Peyton nicht detailliert erklären zu müssen – denn nach einem Jahr unterhalten sich die zurückgebliebenen Charaktere natürlich nicht mehr jeden Tag darüber, wieso und wohin die beiden mit Sawyer verschwunden sind. Außerdem konnte Nathan ein NBA-Star sein, ohne dass ständig die Arena der Charlotte Bobcats mit Kameras belagert werden musste, denn durch den Zeitsprung wurde seine erste Saison einfach übersprungen und man befand sich zu Beginn der siebten Staffel in der Basketball-Off-Season. Wie schon erwähnt, zwingend notwendig war dieser Zeitsprung nicht, aber trotzdem wurde er gut umgesetzt und die wenigen Änderungen, die er mit sich brachte, sorgten für intensive und gut durchdachte Storylines, wie zum Beispiel den Skandal um Nathans vermeintliche Affäre.
Und schließlich gab es noch einen letzten Zeitsprung, wobei dieser nicht zwischen zwei Staffeln oder Folgen stattfand, sondern innerhalb einer Folge: im Finale der achten Staffel verging insgesamt ein ganzes Jahr. Geschuldet war dies natürlich vor allem dem Umstand, dass man Brookes Schwangerschaft und die Geburt ihrer Zwillinge zeigen wollte, aber man kann sich vielleicht denken, dass es ein etwas unglücklicher Schachzug war, ein ganzes Jahr in 40 Minuten quetschen zu wollen – vor allem weil die anderen Charaktere in dieser Zeit ja auch irgendetwas machen sollten… Um es kurz zu machen: leider gelang es den "One Tree Hill"-Autoren in diesem Fall nicht, den Zeitsprung gut umzusetzen. Ein solcher Zeitraffer wäre vielleicht dann angebracht gewesen, wenn es tatsächlich das Serienfinale gewesen wäre, um auch Brooke noch ein Happy End zu bescheren, und man kann den Autoren zu Gute halten, dass sie beim Dreh schließlich noch nicht wussten, dass es eine neunte Staffel geben wird. Aber ein Happy End für Brooke wäre schließlich auch alleine die Tatsache gewesen, dass sie überhaupt schwanger geworden ist – die Zwillinge samt Beinahe-Fehlgeburt wären nicht nötig gewesen, genau wie dieser Zeitsprung/Zeitraffer im Allgemeinen.
Lena Stadelmann - myFanbase
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