Ringer - Review

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Sarah Michelle Gellars Rückkehr auf die TV-Bildschirme hätte so glamourös werden können. "Ringer" sollte ihr die Plattform bieten, sich richtig ausleben zu können. Zwillingsschwestern, so verschieden sie nur sein können, aber dasselbe Gesicht haben. Das war die Prämisse der Serie, leider aber auch einer der Stolpersteine. Denn Gellars Darstellung der Bridget unterschied sich nicht deutlich von der Siobhans. Die Schwestern sollten in ihrem Umfeld wie ein und dieselbe Person wirken, dem Zuschauer aber sollte sich deutlich in Gellars Ausstrahlung zeigen, wen man vor sich hat, ohne dass weitere Hinweise benötigt würden. Soweit ließ man den Zuschauer aber gar nicht kommen, denn die erste Hälfte der Staffel war Siobhan nur in Paris und mit zusammengebundenen Haaren zu sehen, während Bridget als Siobhan in New York mit offenen Haaren agierte. Siobhan sollte eiskalt und berechnend wirken, während Bridget als emotionale, wohlwollende Schwester rüberkommen sollte. Das aber wollte zu keiner Zeit wirklich gelingen, denn gleich zu Anfang der Serie suggerierte man dem Zuschauer durch ein Foto, dass Siobhan von einem Ereignis im Zusammenhang mit dem Verlust eines Kind angetrieben wurde, während Bridget einige der vermeintlichen Sympathieträger der Serie, Andrew (Ioan Gruffudd), Henry (Kristoffer Polaha) und Machado (Nestor Carbonell) konsequent anlog.

I'm the Good Twin

Foto: Sarah Michelle Gellar, Buffy - Im Bann der Dämonen - Copyright: Twentieth Century Fox Home Entertainment
Sarah Michelle Gellar, Buffy - Im Bann der Dämonen
© Twentieth Century Fox Home Entertainment

So wurde dem Zuschauer, anders als den Figuren in der Serie, eigentlich zu keiner Zeit ein undurchschaubares Wechselspiel geboten, ganz im Gegenteil, die äußeren Umstände machten von vornherein klar, welchen Zwilling man vor sich hat, und je mehr man darüber erfuhr, wie grundlegend unterschiedlich die Schwestern charakterlich waren, desto schwerer fiel es, eine ganze Staffel lang akzeptieren zu können, dass allen voran Ehemann Andrew wirklich vollkommen ahnungslos darüber blieb, dass sich an seiner Seite eine andere Frau befand.

Sarah Michelle Gellar ist in ihrer Paraderolle der Buffy Summers über sieben Jahre auf dem Bildschirm enorm gewachsen. Ebenso wie ihre Figur selber hat sie sich entwickelt und ist erwachsen geworden. In der vermeintlichen Teenie-Vampirserie konnte sie jegliche Facette ihres Charakters in aller Ruhe ausbauen und ausleben. Es gab himmelschreienden Schmerz, Verlustängste, Liebeskummer, Überlebenskämpfe, alles Aspekte, die eine Person nicht zuletzt reifen lassen. All das liegt Jahre zurück, und nun sollte Gellar als Zugpferd einer Erwachsenenserie fungieren, dabei wirkte sie neben Frauen wie Jaime Murray und Andrea Roth und an der Seite eines Mannes wie Ioan Gruffudd doch immer wie ein Mädchen, dem man nicht zutraut, die Fäden eines großen Komplotts in den Händen zu halten. Man sah in Gellar weder die leidgeprüfte Ex-Drogensüchtige /-Stripperin, noch die kaltblütige, mordlustige Ränkeschmiedin. "Ringer" ließ wahrhaftig keinen Platz für den augenzwinkernden Sarkasmus einer Buffy Summers, aber genau dieser fehlte Gellar hier, um einen gerundeten Charakter bzw. gleich zwei gerundete Charaktere darzustellen.

That's What You Get for Trying to Kill Me

Und dennoch machte die Serie in ihrer ersten und möglicherweise einzigen Staffel großen Spaß. Ganz klar hatte man insgesamt zu viele Twists und Turns, diese boten aber dennoch Folge für Folge spannende Ereignisse und vor allem auch spannende Cliffhanger. Jede Episode steckte voller Überraschungen und Szenen, bei denen man das Atmen vergaß. Aber könnte man diese Ereignisse auf einer Timeline festhalten? Könnten diese einer Punkt-für-Punkt-Prüfung standhalten? Es ist nicht wirklich klar, und im Grunde möchte man es vielleicht auch gar nicht wissen, denn hatte man sich einmal auf die Fahrt eingelassen, wollte man zwischendurch auch nicht aussteigen.

Da war Gangsterboss Bodaway Macawi, der als Motivation dafür herhielt, dass Bridget überhaupt zu ihrer entfremdeten Schwester Kontakt aufnahm. Wie man seit dem Finale weiß, wurde diese Motivation ohne Bridgets Wissen durch Siobhan forciert, denn diese nahm die Tatsache, dass ihre Schwester als Kronzeugin in einem Mordfall im Gangstermilieu auftreten sollte, als Anlass, sie zu manipulieren, ihren Platz einzunehmen und somit an ihrer Stelle ermordet zu werden. Denn Siobhan glaubte ja, Andrew habe einen Killer auf sie angesetzt, da sie von seinem Betrugsgeschäft erfahren hatte. Loswerden wollte Siobhan Bridget schon lange, da sie Jahre zuvor mitverantwortlich dafür war, dass Siobhans Sohn durch einen Unfall starb, was sie ihr nie verzeihen konnte. Der Moment, Bridget über die Klinge springen zu lassen, schien jetzt gekommen. So richtig hassen konnte man Siobhan dafür aber auch nicht, denn schließlich glaubte sie, sie müsse vor Andrew fliehen, und außerdem ging es um den Tod ihres Kindes. Die Tatsache, dass Siobhan ein Verhältnis zu Henry, dem Ehemann ihrer besten Freundin hatte, von dem sie glaubte, schwanger zu sein, wurde auch nicht ausschließlich dazu benutzt, Siobhan als die Böse dastehen zu lassen, denn genügend Rückblicke unterfütterten diese Affäre mit anscheinend echten Gefühlen auf beiden Seiten.

If You're Just an Evil Bitch Then Get Over It

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Dann war da Siobhans New Yorker Leben, in das sich Bridget einfinden musste, nachdem sie sich nach Siobhans fingierten Selbstmord entschlossen hatte, deren Leben zu übernehmen. Dort gab es genügend eigene Geschichten und Intrigen, um eine ganze Staffel zu füllen. Die offensichtlich zerrüttete Ehe von Andrew und Siobhan, die es für Bridget zu kitten galt, Unklarheiten über Andrews Aufrichtigkeit rund um den Geschäftsbetrug, die Rolle der Geschäftspartnerin Olivia Charles im Gesamtgefüge, Juliets Eskapaden, die in einem "Wild Things"-artigen Plot gipfelten, in dem das Mädchen mit einer Freundin und ihrem Lehrer eine brutale Vergewaltigung vortäuscht, um Andrew um sein Geld zu betrügen, und das alles auch noch angestiftet von niemand Geringerem als Andrews Ex-Frau Catherine, die nicht nur am Ende das Geld einkassieren wollte, sondern sich auch noch als diejenige Person herausstellte, die den Auftragskiller auf Siobhan angesetzt hatte. Und warum das alles? Weil sie in einer maliziösen Liebesbeziehung mit Olivia Charles Selbstbestätigung und fruchtbaren Boden für ihre Rachepläne fand.

Außerdem gab es den unermüdlichen Agent Machado, der niemals hinter irgendein Geheimnis und ständig überall zu spät kam. Von seinen Chefs aus storytechnisch unerfindlichen Gründen immer wieder zurückgepfiffen und sogar aufs Abstellgleis geschoben wurde. Sich aber so sehr an dem Fall festbiss, weil Macawis Mordopfer zu Anfang niemand anderes als seine Geliebte war, die für ihn aus dem Milieu aussteigen wollte und wahrscheinlich sogar sein Kind erwartete. Machado blieb genauso blass, wie Bridgets Sponsor Malcolm, der zwar aus Loyalität und Freundschaft allerhand für Bridget einsteckte und auch hier und da zu einem Turning Point beitrug, aber am Ende wurde er einfach aus der Serie geschrieben und ist vermutlich tot. Für die Handlung aber scheint das keine Bedeutung mehr zu haben. Ebenso Gemmas Tod oder Tyler Barretts oder der Tod des russischen Zimmermädchens / Edelhure. Was brachten diese Szenen außer einem Gastauftritt von Dylan Neal und einem für "Ringer"-Verhältnisse irrwitzigen Moment, wo Siobhan im Wandschrank versteckt die Wehen bekommt. Was brachte der Auftritt einer relativ hochkarätigen Darstellerin wie Mädchen Amick? Sie wurde für zwei zentrale Momente in der Staffelmitte und im Finale geholt, aber ihre Rolle könnte nichtssagender kaum sein.

What We Have Is Worth the Pain

"Ringer" ist als Thriller-Soap für Erwachsene und sehr sehr stark als Fortsetzungsserie angelegt gewesen. Ersteres trifft auch auf das gleichzeitig gestartete und definitiv erfolgreicher laufende "Revenge" zu, während letzteres eine der Ursachen sein kann, weshalb "Ringer" im Vergleich nicht so erfolgreich läuft. Zum einen ist The CW keine gute Heimat für eine solch verschachtelte Serie und zum anderen war die Serie einfach nicht so gut, dass man mit Begeisterung verfolgen konnte, wie sich die fortgesetzten, verworrenen Fäden am Ende zusammenfügten.

Wenn man sich bewusst wird, dass es bei einer Fortsetzungsserie auch mal ruhige Episoden geben muss, um die Schachfiguren auf dem Spielfeld neu zu platzieren, dass die männlichen Charaktere entscheidend ausgebaut werden müssen, dass hinsichtlich der Menge an Handlungssträngen weniger mehr wäre, und dass man Sarah Michelle Gellar wenigstens ein bisschen Zunder in ihre Rollen hineinschreibt, dann wäre eine zweite Staffel dieser im Grunde vielversprechenden Serie sicher sehr gerne gesehen.

Nicole Oebel - myFanbase

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