Suburgatory - Review Staffel 1

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Es gibt sie viel zu selten, diese unerwarteten Perlen in der heutigen Serienlandschaft, die dich auf den ersten Blick fesseln und auch Episoden später noch vom Hocker hauen, einfach weil sei so anders sind als alles, was man bisher gesehen hat. Im Comedysektor ist dieses Phänomen noch seltener und selbst wenn ein Serienmacher einmal den Mut hat, Wege zu beschreiten, die bislang niemand gegangen ist, so muss das nicht unbedingt heißen, dass das Publikum dies auch honoriert.

"Pushing Daisies" war solch eine Perle, doch vielen blieb der Zugang zu dieser traumhaft schönen Märchenkulisse um das Paar, das sich nicht berühren durfte und auf skurrile Verbrecherjagd gegangen ist, leider verborgen. Dabei sprühte die Serie vor Ideenreichtum, Witz und interessanten Charakteren. Die Fälle waren alles andere als alltäglich und daher auch nicht immer unbedingt realistisch, aber sie hatten Potential, zu verzaubern. Schade, dass nach gerade einmal zwei Staffeln Schluss war.

"Pretty ironic that a box full of rubbers landed me in a town full of plastic."

Ob es "Suburgatory" ähnlich geht, würde ich bezweifeln, denn immerhin bekennt sich die Serie schon in den ersten Minuten dazu, Comedy zu sein und im Comedybereich herrscht Narrenfreiheit. Jedenfalls bis zu einem gewissen Grad. Wie schon das Wort "Suburgatory" an sich, bietet die Serie vollkommen Unerwartetes. Ein Vater, der bei seiner fünfzehn- oder sechzehnjährigen Tochter plötzlich Kondome in der Sockenschublade findet, beschließt aus dem unzüchtigen Moloch New York zu verschwinden und ins vorstädtische Paradies Chatswin zu ziehen. Doch anders als in Fairview gibt es weniger mordlustige Bewohner oder verzweifelte Hausfrauen dort in der Vorstadt, sondern jede Menge Kitsch und Plastik.

Gemeinsam mit Hauptcharakter Tessa wird der rationale Zuschauer in diese verquere Welt von Chatswin gezogen, in der die Frauen wie Barbies aussehen, die Männer nur dafür da sind, Geld und Macht zu repräsentieren und die Jugendlichen an der Highschool so viel Make-Up tragen, dass es schier unmöglich ist, zu blinzeln. Die ganze Szenerie um Chatswin wirkt so überzogen, dass man die ein oder andere Episode braucht, um mit den Charakteren dort warm zu werden.

Hat man jedoch akzeptiert, dass man gerade in eine bonbonfarbenen Scheinwelt getreten ist, so hat man unglaublich viel Spaß an der Serie, was in erster Linie natürlich an den tollen Charakteren liegt. Tessa als ruhender Pol inmitten all des Chaos erdet die Serie ungemein und verhindert das ein oder andere Mal, dass man zu viel Bodenhaftung verliert. Mit ihr gelangt der Zuschauer immer tiefer in den Kaninchenbau und lernt die skurrilen Bewohner von Chatswin irgendwann zu akzeptieren, ja vielleicht sogar zu lieben.

Allen voran Cheryl Hines überzeugt als zunächst recht dümmlich wirkendes Barbiepüppchen Dallas Royce, die sich im Laufe der Serie zu einer wahren Geschäftsfrau avanciert, die aus dem Schatten ihres Mannes heraustritt, um sich selbst zu finden. Ihr gehören mit Abstand die besten Szenen in den ersten Episoden und auch wenn man sie zu Beginn belächelt, so muss man doch immer wieder zugeben, dass ihr Herz am rechten Fleck ist und sie sowohl für Tessa als auch für George eine Stütze in ihrem neuen Leben wird.

Andere Charaktere haben es da nicht so leicht, beim Publikum anzukommen. Dalia ist solch ein Charakter, der sich kaum einen Millimeter während der ersten Staffel bewegt und die unmögliche, nervtötende, aber von Zeit zu Zeit zum Brüllen komische Highschoolschülerin spielt, die darunter leidet, dass jemand wie Tessa in ihr Territorium eindringt. Und dennoch möchte man sie in keiner Episode missen, denn ihr gehören mit die besten One-Liner, auch wenn sie noch so dämlich im ersten Augenblick erscheinen.

Damit Tessa nicht komplett irre wird in ihrer neuen Heimat, wird ihr mit Lisa Shay eine halbwegs normale Freundin zur Seite gestellt, die natürlich auch ihre gewissen Macken hat, aber dennoch liebenswert chaotisch ist und Tessa ein wenig aus der Reserve holt. Die beiden profitieren unglaublich voneinander, denn sie befinden sich in recht ähnlichen Situationen. Tessa ist in einer Welt gefangen, mit der sie sich nicht identifizieren kann, während Lisa in einer Familie gefangen ist, über die man sooft den Kopf schütteln könnte, dass man Nackenschmerzen bekommt. Zu sehen, wie beide Mädchen miteinander reifen, ihre Situation zu akzeptieren lernen, nur um sich dann allmählich zu befreien, ist an vielen Stellen herrlich absurd und doch nachvollziehbar.

"At the risk of sounding negative, people around here are stupid...and wasteful"

Während es in "Suburgatory" eine Menge richtig guter Frauencharaktere gibt, müssen die Männer meist nur als Platzhalter herhalten. So wird Chris Parnells komödiantisches Talent ein ums andere Mal vergeudet und auch Rex Lees Mr. Wolfe bleibt über weite Strecken ein langweiliger und austauschbarer Charakter. Einzig Alan Tudyk trumpht hin und wieder so richtig auf und bildet vor allem mit Jeremy Sisto ein hervorragendes Team.

Die Geschichten stehen meist für sich, ein roter Faden lässt hin und wieder zwar erahnen, aber ist nicht unbedingt immer greifbar. Dennoch gelingt es Emily Kapnek, gute Geschichten zu erzählen, die zwar hin und wieder einmal über das Ziel hinausschießen, am Ende stets so lustig sind, dass man es kaum erwarten kann, in der nächsten Woche wieder in die Welt von Chatswin einzutauchen. Natürlich gibt es auch die unübersehbare Liebesgeschichte, die sich bereits zu Beginn der Serie anbahnt und auch Tessa gerät in die ein oder andere Situation, die Millionen von TV-Mädchen vor ihr schon durchstehen mussten, aber dank der völlig überzogenen Erzählweise, macht es Spaß, dabei zuzusehen.

Lediglich das Auftauchen von Alicia Silverstone am Ende trübt die Freude über die Staffel etwas, denn ihr Charakter Eden passt so gar nicht nach Chatswin und wirkt auch in Interaktion mit George oder Noah Werner hölzern und viel zu normal. Bleibt zu hoffen, dass sie in der zweiten Staffel keine größere Rolle mehr spielen wird und man sich dann wieder ganz auf die Beziehung zwischen Dallas und George konzentrieren wird.

Fazit

"Suburgatory" bietet alles, was gute Comedy ausmacht und noch so viel mehr, dass es ein Muss ist, sich auf diese überzogene Plastikwelt einzulassen. Denn man wird so gut unterhalten, dass es eigentlich nicht möglich ist, eine Episode nicht mit einem Grinsen zu verlassen. Und genau das ist es, was Comedy sein soll. Nicht mehr, nicht weniger.

Melanie Wolff - myFanbase

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