Spartacus - Review Staffel 1
Blood and Sand
Die Geschichte ist im Grunde bekannt. Ein Thraker, so wird vermutet, kämpfte einst auf Seiten der Römer, wurde dann aber dem römischen Heerführer ein Dorn im Auge, kam in Gefangenschaft und wurde als Sklave nach Capua verkauft, wo er zum Gladiatoren ausgebildet und unter dem Namen Spartacus vorgeführt wurde. Er war intelligent, kultiviert, hatte einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und konnte sich nicht mit dem Schicksal abfinden, in Unfreiheit zu leben und nur dem blutrünstigen Vergnügen der römischen Gesellschaft zu dienen. So rebellierte er 73 v. Chr. gegen die Herren seiner Gladiatorenschule, floh mit vielen Gladiatoren und führte einen Sklavenaufstand an. Einiges zu seinen Schlachten und Erfolgen ist bekannt, über sein Leben ansonsten aber nicht sehr viel.
Hier setzt die erste Staffel der eigenproduzierten Starz-Serie an und haucht den historischen Figuren Leben, Liebe und Hass ein. Die Gladiatorenschule ist ein Ort, an dem Persönlichkeiten und Mentalitäten aufeinanderprallen und aus der Not heraus Allianzen entstehen, aus denen sich Freundschaften bilden, und wo aus den unterschiedlichsten Männern eine Bruderschaft geschmiedet wird, bei der jeder für jeden bis aufs Blut kämpfen würde. Auch die römische Gesellschaft bekommt Gesichter, Namen und Persönlichkeiten. Riten, Orgien, Politik, Intrigen und Machtspiele, all dies wird mit viel Dekadenz und Pathos inszeniert.
Nichts anderes als Sex, Drugs und Rock'n'Roll - könnte man auf den ersten Blick meinen, wenn man all die nackte Haut und die plakative Freizügigkeit sieht, die selbst trotz etablierter Serien wie "True Blood" bei "Spartacus" nochmal den ein oder anderen Mund offen stehen lassen. Ebenso wie angesichts der mit Hardrock unterlegten Gladiatorenkämpfe in der Arena, bei denen das Blut in Fontänen spritzt, gerne mal abgetrennte Köpfe oder sonstige Gliedmaßen durch die Gegend fliegen und Schwerter nicht selten ihren Weg in Augen oder Rachen finden. Die Gewalt ist tatsächlich äußerst drastisch und darin der damals herrschenden Realität wahrscheinlich gar nicht mal unähnlich. Dem gewaltabgeneigten Zuschauer sei allerdings gesagt, dass diese Szenen mit einer geradezu liebevollen Art dermaßen übertrieben und stilisiert dargestellt werden, dass sie derart unrealistisch aussehen, dass man sich als Zuschauer davon distanzieren kann und die Verletzungen nicht in der Form nachempfindet, als wären sie so realitätsnah dargestellt wie beispielsweise in Folterszenen in "Die Tudors" oder bei Gewaltszenen in "Boardwalk Empire".
Bei allem Hang zur expliziten und dekadenten Inszenierung, mit dem Steven S. DeKnight seine Serie hier ausstaffiert, und dem zunächst sehr gewöhnungsbedürftig umfangreichen Einsatz von CGI, Green Screen und Zeitlupe wird doch sehr schnell klar, dass es das Drama ist, das den Zuschauer bei "Spartacus" fesselt und mitreißt, die Geschichte, die den Figuren auf den Leib geschrieben wird, und die Darsteller, die alles geben, um die Zuschauer mit dem Spektakel mitten ins Herz zu treffen. Spartacus ist hier ein Mann, der von vorne bis hinten hintergangen, erniedrigt, ausgebeutet und gleichzeitig vergöttert wird, während er sein gesamtes Tun und Handeln nur der sicheren Rettung seiner Ehefrau Sura verschreibt, die er hingebungsvoll liebt und die von seinem Erzfeind Legatus Gaius Claudius Glaber in die Sklaverei verkauft wurde, nur um ihn zu quälen. So ist Spartacus ein Mann, der von Wut und Verzweiflung getrieben wird und dem es nicht schnell genug gehen kann, in der Gladiatorenschule eine Position zu erlangen, die ihm erlaubt, mit dem Mann, den er Dominus nennen muss, Batiatus, zu verhandeln. Dabei gelingt es ihm zwar, eine echte Freundschaft zu einem der anderen Gladiatoren aufzubauen und sich Respekt unter den Männern zu verschaffen, aber er fällt auch immer wieder genau so tief, wie er es schafft, sich empor zu arbeiten. Dabei hält seine Zeit unter Batiatus Grausamkeiten bereit, wie man sich in der zivilisierten Gegenwart gerne sagen möchte, dass sie undenkbar wären.
© Twentieth Century Fox Home Entertainment
Diese Grausamkeiten, ebenso wie unerwartete Loyalität und Brüderlichkeit bewirken innerhalb der ersten Staffel eine starke Entwicklung in der Figur Spartacus, die von Hauptdarsteller Andy Whitfield faszinierend umgesetzt wurde. Er sieht sich zunächst gezwungen, sich den unmöglichen Umständen anzupassen, verliert sich dabei aber selbst und hat dann hart zu kämpfen, um sich wieder aus dem Sumpf herauszuziehen. Die Serie arbeitet viel mit extremen Nahaufnahmen, sowohl in den Dialog- als auch in den choreographierten Kampfszenen. Letztere wurden zum großen Teil von den Darstellern selber gemacht, ohne die Hilfe von Stuntmen, da häufig auch Dialog in die Kampfszenen eingebunden wurde. So transportieren die Darsteller die Emotionen sowohl in den Action- als auch den ruhigeren Momenten, und besonders Whitfield konnte die gesamte emotionale Achterbahnfahrt seiner Figur allein durch seine Augen oder seine Mimik ausdrücken, ohne dass er dabei immer allzu viel Text gehabt hätte. Und er ist umgeben von einem Cast, in dem jeder eine äußerst leidenschaftliche Leistung abliefert.
Da sind Manu Bennett, der Crixus heißblütig und so von sich selbst überzeugt spielt, dass er damit die Rolle des Rivalen Spartacus' übernimmt, die für jene Art attraktiven Konflikts sorgt, bei der man sich kaum entscheiden kann, wann man endlich das erste freundschaftliche Wort zwischen zwei Charakteren hören möchte. Peter Mensah, der als Oenomaus mit einer triumphalen Überlegenheit die Gladiatoren im Griff hat, an denen ihm offensichtlich aber auch einiges liegt. Jai Courtney, der Varro so liebenswert darstellt, dass die Bromance zwischen Spartacus und Varro dem Zuschauer unter widrigsten Umständen noch ein Lächeln abringt. John Hannah, der Batiatus wie einen aufbrausenden Wirbelwind verkörpert, den man eigentlich ins Herz schließen möchte und es gerade deshalb wieder und wieder als Tritt in den Magen empfindet, wenn man sein skrupelloses Handeln verfolgt. Lucy Lawless, die als stolze, erotische, reife Lucretia den Zuschauer im Zwiespalt hinterlässt, ob man sie als Freundin oder Feindin haben möchte, denn es ist absolut unklar, welche Rolle die gefährlichere wäre. Und schließlich Viva Bianca, die als Ilithyia mit verspielter Eleganz und voller Durchtriebenheit die denkbar grausamsten Fäden im Hintergrund zieht und sich damit einen Platz in der Riege der größten Hasscharaktere sichert.
Fazit
Lässt man sich von den Stilmitteln der Serie nicht irritieren, findet man in "Spartacus" eine äußerst mitreißende Geschichte, großes Drama, Charaktere, mit denen man auf die Reise gehen möchte, und wunderbare Darsteller, von denen in ihren Rollen alles gefordert wird und die auch alles geben.
Nicole Oebel - myFanbase
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