Banshee - Review Staffel 1
Die größte Überraschung der aktuellen TV-Season heißt "Banshee"! Die Serie brennt ein Feuerwerk ab und macht ungeheuren Spaß. Sie gehört nicht in die Kategorie "Anspruchsvolle Serienunterhaltung" und auf Realitätsnähe wurde bei der inhaltlichen Verkettung von Ereignissen auch kein Wert gelegt. Das aber mit Stil, denn darstellerisch, inszenatorisch und cinematografisch wird hier einiges geboten. Die Serienmacher wussten ganz offensichtlich, was sie wollten, haben es schamlos umgesetzt und sie tun an keiner Stelle so, als sollte die Serie irgendetwas anderes sein, als sie ist: Ein völlig übertriebenes Spektakel mit saucoolen Hauptfiguren, die durch die Hölle und zurück geschickt werden und dabei den Zuschauer emotional an sich binden, und das in einem Setting, in dem man sich problemlos einen lässigen, modernen Western vorstellen könnte.
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Die Prämisse allein ist im Grunde schon völlig lachhaft. Ein ehemaliger Meisterdieb wird nach 15 Jahren Gefängnis entlassen, gerät in einen Barfight und ergaunert sich in dessen Ergebnis den Sheriffposten in der Kleinstadt, in der seine Ex-Flamme ein neues Leben angefangen hat. Damit aber nicht genug, als Lucas Hood, Sheriff von Banshee, versucht er nichtmal, irgendwelche Regeln zu befolgen, er stürzt sich impulsiv in die waghalsigsten Auseinandersetzungen, rettet dabei mit Vorliebe seiner ihm noch unbekannten Tochter das Leben und zeigt ständig einen so beherzten Einsatz, dass seine Deputys ihm mit Kuhaugen nachschauen, anstatt ihn im hohen Bogen hinter Gitter zu werfen. Tatsächlich stellt sich bald heraus, dass hinter seiner coolen, harten Fassade ein weicher Kern steckt, er einen – wenn auch sehr persönlich interpretierten – Sinn für Gerechtigkeit hat und nicht wirklich der skrupellose Alleingänger ist, dem alle anderen egal sind. Und da fängt die Serie an, den Zuschauer so richtig mitzureißen.
"Banshee" ist ein abenteuerlicher Ritt, vor allem im Hinblick auf die Gewalt, die hier gezeigt wird. In so ziemlich jeder Episode gibt es eine ausgedehnte Kampfszene und in die allermeisten in Lucas Hood involviert. Und hier präsentiert die Serie ihre sehr gelungene Realitätsnähe, denn diese Kämpfe sind gnadenlos real dargestellt. Meistens handelt es sich um Einer-gegen-Einen-Faustkämpfe und diese sind immer erstaunlich gut choreographiert. Wenn Lucas Hood sich zum Beispiel auf eine Prügelei mit einem MMA-Kämpfer einlässt, weil dieser zuvor eine Frau krankenhausreif geschlagen hat, nimmt die Serie sich richtig Zeit, diesen Kampf mit all seinen Facetten auszustaffieren. Der schieren Kraft und Kampferfahrung des anderen kann Hood neben ein paar Tricks nur Durchhaltevermögen und hohe Schmerztoleranz entgegensetzen, und man sieht förmlich die Wellen, mit denen sich die Verlagerung der Oberhand in diesem Kampf ankündigt. Hood geht aus diesen Kämpfen in der Regel als Sieger hervor, aber so sehr, wie er sich dabei zerschlagen lässt und hinterher mit männlichem Stolz seine Wunden leckt bzw. mit einem Schnaps begießt, so sehr jubelt man als Zuschauer, als sich an unerwarteten Plätzen Freunde finden, auf die er sich verlassen kann.
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Der Hintergrund der Handlung wird dem Zuschauer durch Rückblicke nahegebracht. Hood war als Dieb für den ukrainischen Gangsterboss Rabbit tätig, begann im Geheimen eine Beziehung mit dessen Tochter Anastasia und gemeinsam planten die beiden, sich von ihrem übermächtigen und sadistischen Vater loszusagen. Als die beiden von der Polizei erwischt werden, opfert sich Hood aus Liebe zu Ana, damit sie, die, ohne dass er es weiß, von ihm schwanger ist, fliehen kann. Episode 6 ist ein ganz besonderer Dreh- und Angelpunkt der Serie. Hier spielt sich der Großteil der Handlung in Rückblicken im Gefängnis ab und hier erfahren wir, wie Lucas Hood zu dem Mann geworden ist, den wir in der Gegenwart sehen. Rabbit braucht seine persönliche Rache an Hood, der seiner Meinung nach seine Tochter gegen ihn aufgebracht hat, und dafür verspricht er ihm die Hölle auf Erden – jeden Tag für die gesamte Zeit seiner Inhaftierung. Hier sehen wir zum ersten Mal echte Angst in Hoods Gesicht und hier ist es auch, wo Hauptdarsteller Antony Starr endlich seine gesamte Ausstrahlung entfalten kann. Den coolen Sheriff verkörpert er super, aber erst die Emotionen, die er in den Rückblicken über seine Mimik ausdrücken kann, zeigen, wie gut er die Serie wirklich tragen kann. Und ab dieser Episode darf er das auch in zentralen Szenen in der Gegenwart zeigen. Es gibt nicht viele Schauspieler, die gut weinen können, und es gibt auch nicht viele Gelegenheiten, in denen sie überhaupt genug Zeit bekommen, den inneren Kampf gegen den Gefühlsausbruch so ausgiebig zeigen zu dürfen. In "Banshee" werden diese Gelegenheiten geschaffen.
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Hood und seine Ana haben im Grunde keine Chance, aber auch wirklich so gar keine. Aber sie begegnen jeder Attacke, die auf sie abgezielt wird, wie Footballspieler, die nach jedem Tackling wieder aufstehen und trotz aller Prellungen und Verletzungen irgendwann doch noch den Homerun schaffen. Und auch das Anfeuern und Mitfiebern, das man bei sich als Zuschauer erlebt, erinnert schon eher an ein sportliches Ereignis.
Ivana Milicevics Ana ist als Flamme, an der Hood sich immer wieder verbrennt, recht ambivalent. Als ukrainische Gangsterbraut erleben wir sie in den Rückblicken als sehr leidenschaftlich, in der Gegenwart aber ist sie zu einer sehr herben Persönlichkeit geworden, zu der sich nur schwer eine Verbindung aufbauen ließ. Ihr gefühlt episodenlanger Ringkampf gegen einen von Rabbits Killern aber war definitiv eine der herausstechendsten Sequenzen der Staffel. Ulrich Thomsen als ehemaliger Angehöriger der Amischen Gemeinde Kai Procter, der das organisierte Verbrechen Banshees in seiner Hand hält, gewinnt im Laufe der Staffel ungemein an Faszination, besonders in Kombination mit seiner attraktiven Nichte. Ben Cross dominiert als Rabbit jede Einstellung, in der er sein Gegenüber verbal mit seinen sadistischen Absichten vertraut machen darf. Einen bleibenden Eindruck hinterlässt natürlich auch "Der Albino", beängstigend gut verkörpert von Joseph Gatt, der für die Quälereien im Gefängnis zuständig ist und damit Hood dazu zwingt, mit sich und seinem Willen zu Überleben ins Gericht zu gehen.
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Die Serie ist voll von "Oh yeah"-Momenten, aber als sich Hoods Freunde und seine Deputys in einer unfassbar verrückten Situation auf die Frage hin "What would Hood do?" zusammenschließen und als neu definierte Justice League gegen die Horde ukrainischer Gangster antreten, um Hood zu retten, kann man einfach nicht mehr anders, als seinen Fernseher laut anzujubeln.
Fazit
Serienschöpfer Schickler und Tropper, Showrunner Greg Yaitanes und mit ihnen die meisten der Hauptdarsteller haben das Staffelfinale per Twitter begleitet und was dabei mitschwang, war ganz klar: Alle Beteiligten hatten einen Heidenspaß an ihrer Arbeit und das merkt man der Serie an. Ich selbst habe sie innerhalb einer Woche am Stück angeschaut und dafür eignet sie sich hervorragend. Das Wiedersehen mit Lucas Hood und all den verschrobenen Charakteren um ihn herum in 2014 kann ich kaum erwarten.
Nicole Oebel - myFanbase
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